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Bilder von Bieberbachs schönsten Ecken


Autor: Reinhard Löwisch

Bieberbach, Donnerstag, 08. August 2013

Manche Weisheiten, die für die Malerei gelten, lassen sich auch auf den Alltag übertragen. So erfuhren die Teilnehmer eines Kurses in Bieberbach beispielsweise, wie zunehmende Distanz die Wahrnehmung verändert.
Maler Klemens Wuttke (l.) bespricht mit Lothar Lohneis den Aufbau von dessen Werk. Foto: Reinhard Löwisch


Lothar Lohneis aus Nürnberg hat mit seinen 75 Jahren - die man ihm übrigens nicht ansieht - schon viel erlebt und ausprobiert. Eine Erfahrung fehlt ihm allerdings noch, und deshalb steht er im Hof eines Anwesens und malt das Haus gegenüber.
Die Malerei beschäftigt ihn seit seiner Kindheit, gesteht Lohneis im Gespräch. Als Kind wollte er es schon lernen, gegen den Widerstand seiner Eltern, die darin eine "brotlose Kunst" sahen. Die "brotreiche" Kunst lernte der gebürtige Schweinfurter im wahrsten Sinne des Wortes in seinen Jugendjahren in Pottenstein, als er zehn Jahre lang bei den Großeltern lebte, die eine Bäckerei und ein Café in dem Tourismusort betrieben. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Schule ging er nach Paris, um endlich seiner Neigung nachzugehen, musste aber aus Geldmangel bald wieder zurück nach Deutschland, um den Beruf des Bibliothekars zu studieren.

Das blieb er dann auch für den Rest des Berufslebens.
Jetzt als Rentner hat er die Zeit und auch die Muße, das Versäumte nachzuholen, und so meldete er sich zu dem Aquarellkurs des Nürnberger Malers Klemens Wuttke an. Zusammen mit zwei Damen und dem Künstler, der nebenbei seit 30 Jahren eine private Malschule unterhält, war Lohneis nun in Bieberbach, um die Kunst der Aquarellmalerei zu erlenen.
Unter einigen schattigen Lindenbäumen war bei Temperaturen um die 30 Grad der richtige Platz gefunden. Mit einem Diarähmchen - hier "Sucher" genannt, bestimmte er zuerst den Bildausschnitt, um ihn dann mit Bleistift auf die Leinwand zu bringen. Schon hier lernte er, "bewusster als bisher zu schauen", um beispielsweise festzustellen, wie sich die Proportionen verändern, je weiter das Objekt entfernt ist. Eine Wahrheit, die man auch auf das tägliche Leben übertragen kann. Je weiter eine Sache zurückliegt, umso geringer wird die Erinnerung daran. Die Malerei, sagt Wuttke, "ist deshalb die beste Schule für das Leben überhaupt".
Nachdem die Flächen vorgezeichnet sind, werden die Farben gemischt und versucht, beim Ausmalen so nahe wie möglich an die natürliche Farbe des Objektes heran zu kommen. Auch dabei kann Wuttke helfen, hat er doch schon 1986 ein Farbberaterdiplom in Salzburg gemacht.
Wuttke rät, das Bild vom Hintergrund her malerisch aufzubauen, "weil dort die Farben heller sind". Erst zum Schluss werden dann der Vordergrund ausgestaltet und die Feinheiten eingezeichnet. Das Ziel ist, so Kursleiter Wuttke, je zwei Werke fertig zu stellen, die unter seiner Anleitung entstehen. Bieberbach hat Wuttke wegen der "sehr schönen fränkischen Motive" ausgewählt.
Außerdem sind die Menschen ihm gegenüber sehr aufgeschlossen. So bekam er auch dieses Mal wieder am Nachmittag unaufgefordert Kaffee und Kuchen für seinen Kurs von den Hausbesitzern, deren Anwesen seine Schüler malen und zeichnen. Das zweite Motiv ist meist die Kirche. Eines wünscht sich Wuttke: "Einmal eine Hochzeit hier zu zeichnen."