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Biblischer Lesemarathon in Gräfenberg


Autor: Petra Malbrich

Gräfenberg, Mittwoch, 28. Juni 2017

Im Jahr des Reformationsjubiläums lesen die fränkischen Gläubigen Zeile für Zeile vor.
Pfarrer Malte Lippmann liest in der Gräfenberger Kirche aus der Bibel vor.  Foto: Petra Malbrich


Ausschnitte aus der Bibel hört man im Gottesdienst ja immer. Doch die jeweiligen Ausschnitte in einem größeren Zusammenhang, das gibt es nur beim Bibelmarathon. Und gerade das findet Marianne Spiegel aus Gräfenberg so schön. "Die Bibel ist spannender als Karl May", sagt Spiegel und erzählt von dem Abschnitt, als die Stadt Jericho eingenommen worden ist.

Den warmen Sommertag hat Marianne Spiegel genutzt, um von Gräfenberg nach Walkersbrunn in die Kirche zu den heiligen Gräbern zu wandern. Dort wird an diesem Nachmittag aus der Bibel vorgelesen. Pfarrer Malte Lippmann sitzt an einem kleinen Tisch vor dem Altar und liest das zweite Kapitel der Könige. In den Bänken sitzen das Pfarrehepaar Brigitte und Jochen Müller sowie Gläubige aus Kunreuth. Dort war zuvor beim Bibelmarathon gelesen worden. Anschließend wurde die eigens gekaufte Marathonbibel von Kunreuth nach Walkersbrunn gebracht. Wie einen Staffellauf solle man sich den Bibelmarathon vorstellen, sagt Dekanin Berthild Sachs.

Ihre Idee war es auch, den Bibelmarathon im Dekanat durchzuführen. Gerade für Martin Luther war die Wiederentdeckung der Bibel als Volksbuch wichtig. Was bietet sich also mehr an, als Luthers Wunsch im Jubiläumsjahr der Reformation aufzugreifen? Im Fränkischen sei die Bibel im Leben der Gläubigen noch fester verwurzelt, glaubt Sachs. Beim Bibelmarathon steht das Zuhören im Vordergrund. Gerade die rhythmische Sprache der Lutherbibel, findet Dekanin Sachs so schön: "Das ist eine Sprache mit Klang, mit Maß und wie Musik", findet Sachs.


Bis spät in die Nacht

Insofern sei das Bibellesen auch für den Vorleser selbst dann ein Gewinn, wenn kein einziger Zuhörer in der Kirche sitzt. Auch das kommt vor. In der Regel wird am Vormittag und vom Nachmittag an bis spät in die Nacht vorgelesen. Etwa 180 Kirchenmitglieder haben sich als Vorleser gemeldet.

Dann wandert die Marathonbibel weiter. Eine Person oder eine Gruppe bringt die Bibel zur nächsten Kirche zu Fuß oder mit dem Fahrrad, je nach Entfernung. Diese kleine Wanderung ist sogleich ein kleiner Pilgerweg. Das gesamte Dekanat soll daran beteiligt sein, weshalb die Marathonbibel von einer Kirche des Dekanats zur anderen gebracht wird. In der angesetzten Zeit wird dann aus der Bibel gelesen, die Stelle am Schluss markiert, damit die anderen Vorleser genau informiert sind, wo weitergelesen werden muss.

Marianne Spiegel findet gerade das so interessant. "Ich bin begeistert von den verschiedenen Kirchengemeinden", sagt sie. Denn durch den Bibelmarathon hört sie nicht nur die gesamte Bibel, sondern lernt die anderen Kirchengemeinden kennen - und dabei immer wieder neue Leute.

Zudem lässt sich jede Kirchengemeinde etwas anderes einfallen, um den Bibelmarathon zu einem Erlebnis zu machen. In Egloffstein beispielsweise wurde im Freien gelesen. Auch der eine oder andere Kirchweihbesucher lauschte dann. In der Regel lesen Mitglieder der Kirchengemeinde. Wenn niemand aus der Kirchengemeinde Zeit hat, springen die Geistlichen ein.