Bestechung wegen Altpapier im Kreis Forchheim?
Autor: Nikolas Pelke
Forchheim, Mittwoch, 18. Februar 2015
Ein Recycling-Unternehmer aus dem Landkreis Forchheim soll unerlaubte Provisionen in Höhe von 500.000 Euro bezahlt haben. Das Geld ging an den Angestellten eines Konkurrenten. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft neu.
Schon vor dem Prozessauftakt im Nürnberger Justizpalast liegt etwas in der Luft. Die vier Anwälte der beiden Angeklagten stecken gut gelaunt die Köpfe zusammen. Ein Gerücht macht die Runde: Kommt es gleich am ersten Verhandlungstag zu einem Deal? Nur die beiden Angeklagten wirken an diesem Mittwochmorgen beim Betreten des Saals 627 etwas angespannt.
Für die zwei Geschäftsmänner aus der Recyclingbranche steht viel auf dem Spiel. Die berufliche, finanzielle und gesellschaftliche Zukunft. Im Detail geht es um unerlaubte Provisionszahlungen, die ein 51-jähriger Recycling-Unternehmer aus dem Landkreis Forchheim an einen leitenden Angestellten einer Firma aus Feuchtwangen bezahlt haben soll. Dabei funktionierte das Geschäftsmodell in etwa so: Der 55-jährige Prokurist aus Feuchtwangen arbeitet quasi in seiner Freizeit freiberuflich als Berater für die Forchheimer Konkurrenz. Beide Firmen bieten Entsorgung und Transport von Altpapier an.
Ein paar Euro pro Tonne
Ideale Voraussetzungen für eine florierende Geschäftsbeziehung, fanden wohl auch der Forchheimer Unternehmer und der leitende Angestellte aus Feuchtwangen. Manus manum lavat - eine Hand wäscht die andere. Nur ein paar Euro pro Tonne Altpapier gönnt der Forchheimer Unternehmer seinem Berater aus Feuchtwangen an Provisionszahlungen.
Aber die Masse macht die Musik. Rund 500 000 Euro erhält der Berater zwischen den Jahren 2000 und 2009 insgesamt. Dumm an dem Handel ist nur, dass die Firma in Feuchtwangen nichts von der Beratertätigkeit ihres leitenden Angestellten für das Forchheimer Konkurrenzunternehmen weiß. "Dort habe ich nur vier Tage gearbeitet. Den Rest der Zeit war ich für das Forchheimer Unternehmen tätig", verteidigt sich der Berater am Rande des Prozesses. Alles sei korrekt gelaufen. Staatsanwalt Marc Leppich wirft dem "Berater" dagegen Bestechlichkeit in 59 Fällen vor. Der Forchheimer steht seinerseits wegen Bestechung in 59 Fällen vor Gericht. Außerdem sind die beiden Angeklagten noch wegen Steuerhinterziehung in einigen Fällen angeklagt.
Nach der Verlesungen der Anklageschrift kramt der Richter ein Gesprächsprotokoll hervor. Vor drei Jahren hätten sich Kammer, Verteidigung und Staatsanwaltschaft bereits getroffen, um den Prozess ein bisschen vorzubereiten. In Wirtschaftsstrafsachen sind sogenannte Deals - besonders wenn die Sachlage schwierig und die Ermittlungen langwierig sind - durchaus üblich. Bei diesen Gesprächen war ein Strafmaß von einem Jahr und sechs Monaten zur Bewährung für den Berater aus Feuchtwangen im Gespräch. Der Geschäftsmann aus dem Kreis Forchheim sollte mit einer etwas niedrigeren Strafe davonkommen. Voraussetzung: Die beiden Angeklagten zeigen sich geständig. Begründung: Beide Männer sind nicht vorbestraft.
Der Recyclingfirma aus Feuchtwangen sei durch die gezahlten Provisionen kein Schaden entstanden, sondern "nur" ein Gewinn entgangen. Daraufhin schlägt der Richter vor, die Verhandlung sofort zu unterbrechen und sich erneut unter vier Augen zu unterhalten. "Wir sind der Meinung, die Staatsanwaltschaft muss viel tiefer ermitteln", sagt Rechtsanwalt Alfred Meyerhuber außerhalb des Gerichtssaals. Zeit habe die Anklage dafür freilich kaum. Schließlich würden die ersten Tatvorwürfe bereits in wenigen Wochen verjähren.
Ausgesprochen kompliziert
"Jetzt geht es um eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage", ist sich Meyerhuber sicher und betont, das Altpapier-Geschäft sei unwahrscheinlich kompliziert.
Sein Mandant sei sich keiner Schuld bewusst. Bester Beweis: Der Berater aus Feuchtwangen habe die Provisionszahlungen aus dem Beratergeschäft stets beim Finanzamt angegeben. Dann betritt der Richter erneut die Bühne und erklärt, was hinter verschlossener Tür besprochen wurde. Er habe eine Verfahrenseinstellung gegen Geldauflage vorgeschlagen, der Staatsanwalt habe abgelehnt.
Die Verteidigung habe daraufhin angemahnt, dass das Geschäft mit dem Altpapier genauer unter die Lupe genommen werden müsse. Beispielsweise soll die Höhe der Provisionen im Verhältnis zum Gesamtgeschäft beleuchtet werden. Schließlich setzte der Richter die Hauptverhandlung auf unbestimmte Zeit aus. Die Staatsanwaltschaft muss nun neu in dem Verfahren ermitteln.