Druckartikel: Bei Ivana Bess mäht ein Roboter den Rasen

Bei Ivana Bess mäht ein Roboter den Rasen


Autor: Nikolas Pelke

Forchheim, Freitag, 21. Juni 2013

Ivana Bess ist umgestiegen: Vom Rasenmähen per Handbetrieb auf Leo, ihren Mäh-Roboter. Das Ding frisiert automatisch den Rasen. Jetzt kann sie ihren Garten genießen, statt Grashalme zu rasieren. Ein Vorteil, den aber nicht jeder haben will.
Leo mäht die Wiese, Ivana Bess genießt ihren Garten. Foto. Nikolas Pelke


Nein, hinschauen kann Ivana Bess nicht mehr, wenn ihr "Leo" die Wiese beackert. Der seelenlose Garten-Sklave kurvt in Schlangenlinien über den Rasen; fast wie von Sinnen. "Das Ding funktioniert einfach", sagt Ivana Bess und versucht, die Augen von ihrem Androiden abzuwenden. Surrend tanzt derweil der Cyborg über die Grashalme. Nicht in geraden, schönen Bahnen fährt das Ding aus der Zukunft über das Grün, wie ein Derwisch dreht sich der Leo über die Wiese. Hinter dem planlosen Ringelreihen steckt System. Die Schöpfer des Androiden haben das Teil so programmiert, dass der Roboter ohne Sinn und Verstand über den Rasen tuckert.

Ivana Bess hat sich an den hirnlosen Kasten auf vier Rollen gewöhnt. Mehr noch. Sie hat ihn lieb gewonnen, ihm einen Namen gegeben und möchte ihn nie mehr hergeben. Leo ist kein rasenmähender Mann.

Leo ist ein Arbeitstier, das beim Rasenmähen nicht schwitzt und flucht, sondern flüstert. Ohne zu murren stutzt er surrend das Grün.

"Das Ding funktioniert einfach", sagt Ivana Bess zum wiederholten Mal und schlägt die Beine übereinander. "Die Wiese ist immer picobello", schwärmt die Herrin des Roboters. So gefällt das Leos Frauchen: ein akkurater Garten, dem täglich die Spitzen geschnitten werden. Der millimeterkurze Rasenschnitt rieselt einfach zwischen den Halmen auf die Erde. Zurück bleibt ein grüner Teppich. Picobello, wie gesagt.

Eine Welle der Begeisterung
Eine Freundin war so begeistert von dem Wunderwerk der Technik, dass sie sich gleich selber einen Rasen-Roboter gekauft hat. "Das war die beste Investition unseres Lebens. Jetzt haben ich und mein Mann mehr Zeit füreinander", erzählt Karla Zintl, während sich "Leo II" um die Rasenfläche kümmert. Zwischen Sandkasten und Schaukel fährt er hin und her. Dazwischen spielen die Kinder. Immer mehr Eigenheimbesitzer träumen offenbar davon, dem Mähen zu entsagen. "Die Nachfrage ist heuer stark angezogen. In diesem Jahr gibt es unwahrscheinlich viele neue Modelle auf dem Markt", erzählt Günter Fleischmann vom gleichnamigen Elektro-Fachgeschäft in Forchheim.

Der Vorteil der gesteigerten Nachfrage: die Preise fallen. Aber nicht ins Bodenlose: Zwischen 1000 und 3000 Euro müsse man schon noch aktuell für einen Rasen-Roboter hinblättern.



Und wie funktioniert das Wunderwerk? Ein Begrenzungsdraht, der einfach entlang der Rasenränder verlegt wird, definiert die zu mähende Fläche. Dann muss der ex-rasenmähende Mensch nur noch eine kleine Basisstation aufstellen, die als Aufladestation und Garage gleichermaßen dient. Die neuesten Modelle verfügen sogar über ein integriertes GPS-System, das sich die bereits gemähten Flächen merkt und sein Bewegungsmuster entsprechend anpasst. Apropos: Der hirnlose Tanz über die Wiese sei das Erfolgskonzept des Rasen-Roboters, sagen die Hersteller. Durch den konstanten Schnitt aus verschiedenen Richtungen würden Fahrspuren vermieden, so dass nichts als ein gleichmäßig gekürzter, teppich-ähnlicher Rasen zurückbleibe. Das "freie Bewegungsmuster", nach dem alle Modelle arbeiten, macht's möglich.

Haken? Schulterzucken!
Wo ist der Haken? Günter Fleischmann zuckt mit den Schultern. Der Roboter braucht keine Streicheleinheiten und keine Aufmerksamkeit - und auch kein Radler und keine obligatorische Dusche wie nach dem menschlichen Einsatz hinter dem Schiebemäher. Immerhin rennt man(n) beim Mähen einer 1000 Quadratmeter großen Rasenfläche zwei bis drei Kilometer hinter dem Ding her. Und wie viel Strom frisst so ein Garten-Golem? "Der braucht weniger als eine Glühlampe. Ein Elektro-Mäher braucht deutlich mehr", sagt Fleischmann.

Aber will wirklich jeder auf das typische Samstagsritual verzichten? Siegfried Seyfried schüttelt den Kopf. In seinem Garten wird noch klassisch gemäht. Er kappt sein Grünzeug nicht lässig von der Hängematte aus. Schiebend begegnet der leidenschaftliche (Klein-)Gärtner vom Hugo-Post-Verein dem Wildwuchs. Auge in Auge mit der Natur. Messer gegen Halme. Mann gegen Rasen. Schweiß gegen Roboter. Seine "Gartenangelegenheiten" regelt Siegfried Seyfried lieber selber. Roboter hin oder her. Dieser Mann mäht (noch).