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Bahnhofsgebäude gekauft: Mit Dr. Gräfenberg läuft es wie geschmiert


Autor: Petra Malbrich

Gräfenberg, Dienstag, 14. April 2015

Mit einem doppelsinnigen Lächeln verkauft Cora Gundelfinger mit ihrem Mann im Gräfenberger Bahnhof Souvenirs. Sie haben das Gebäude nach langem Hin und Her gekauft.
Cora Gundelfinger in ihrem kleinen Gräfenberger Laden Fotos: Malbrich


Der erste Blick, den die Touristen darauf erhaschen, ist das alte unscheinbare Bahnhofsgebäude. Ein wenig verlottert wirkt es, der Platz unter dem Regenschutz von weiten wie ein schwarzes Loch. "Gräfenberg." springt den Zugreisenden auf der Fassade des ehemaligen Bahnhofsgebäudes ins Auge.

Der Schriftzug ist einmalig, selbst Grafiker können ihn nirgendwo sonst mehr finden. Der Punkt hinter dem Namenszug der Stadt ebenso. Und es passt zu Dr. Gräfenbergs "G-Punkt", der auch "Gräfenberger Zone" genannt wird. So heißt ein Souvenirladen, der sich in dem unscheinbaren großräumigen Gebäude verbirgt.

Geradezu prädestiniert

Jetzt stehen wir wieder da, wo wir angefangen haben", sagt Cora Gundelfinger. Nach langem Hin und Her haben sie und ihr Mann Jochen sich dazu entschlossen, das Bahnhofsgebäude zu kaufen. Angefangen hat alles schon 2003, als bei der Quizsendung "Wer wird Millionär" die Frage nach dem G-Punkt gestellt wurde. Beim G-Punkt handelt es sich um eine erogene Zone im weiblichen Geschlechtsorgan. Dass der deutsche Gynäkologe Ernst Gräfenberger, der den G-Punkt entdeckt haben will, als Namensgeber für eine lustige Geschäftsidee geradezu prädestiniert ist, war den Gundelfingers schnell klar.

Als sie dann ins Elternhaus ihres Mannes nach Gräfenberg gezogen sind, schauten die Gundelfingers auf die vielen Touristen, die nicht nur wegen des 5-Seidla-Stiegs die kleine Stadt besuchen.

Auf Krügen und T-Shirts

Cora Gundelfinger erkannte das Potenzial, das in Souvenirladen liegen könnte und weckte mit nur zwei Regalen, in dem ein Bier, dem Dr. Gräfenberg, das vom Lindenbräu Brehmer in Gräfenberg gebraut wird, einem Likör und einem Schnaps die historische Bergstadt ein wenig mehr aus ihrem Dornröschenschlaf.

"Das funktioniert nur hier. Es wäre sträflich gewesen, das nicht zu nutzen", sagt sie über die glückliche Verbindung des Dr. Gräfenberg und dem Namen der Stadt. Seitdem zieren Dr. Gräfenbergs Name und Gesicht nicht nur das Logo der Etiketten, der Krüge oder T-Shirts, ihm wurde auch ein Augenzwinkern verpasst, denn mit einem heiteren Auge will Gundelfinger auch ihre Idee sehen.

Zweideutig lustig was den Namen anbetrifft, aber eindeutig, was die Qualität der verkauften Produkte anbelangt. "Alle Schnäpse oder Liköre sind aus der Region. Demnächst wird es auch einen Fruchtaufstrich und Kaffee geben, der in Forchheim geröstet wurde", sagt sie. Schnell fand die Gräfenberg Zone Aufmerksamkeit bei Touristen, und der engagierten Geschäftsfrau war bald klar, dass sie mehr Produkte anbieten muss.

Etwas kalt war es auch regelmäßig auf dem kleinen Vorplatz und mit nur zwei weiteren Regalen, die Gundelfingers Vater anfertigt hatte, dauerte es schon eine gewisse Zeit, die Produkte abends wieder abzubauen. Deshalb mietete sie einen kleinen Raum im Gräfenberger Bahnhof und renovierte ihn notdürftig. Das Fenster in dem Verkaufsraum ist abgedunkelt, nur das ovale Fenster mit der Aufschrift "geschlossen" erinnert an die Zeit vor 35 Jahren, als ihr Mann hier am Schalter noch seine Zugfahrkarte kaufte.

In die Höhe getrieben

Dazwischen stand das Gebäude, zumindest das Erdgeschoss, lange leer. Als sie sich vergangenen Jahres nach dem Eigentümer erkundigte, erhielt sie eine Immobiliengesellschaft aus Luxemburg als Antwort. Damals verkaufte die Bahn mehrere Hundert Bahnhöfe. Einer davon war der Gräfenberger. Dass sie Interesse hätte, den Raum zu mieten, teilte sie der Immobiliengesellschaft mit.

Den entsprechenden Vertrag hatte sie schon zur Unterschrift vorliegen, als sie über einen erneuten Verkauf an eine andere Immobiliengesellschaft erfuhr. Diese wollte nicht vermieten, sondern verkaufte stattdessen das Gebäude gleich an eine Gesellschaft in Erding weiter.
Gundelfinger wäre ihrerseits eher an einer langfristigen Miete interessiert gewesen. In den Räumen gab es aber weder Wasser noch Strom. Nicht eine einzige Steckdose war gelegt. Der Mietvertrag sah neben einer horrenden Miete auch einen Mietvertrag vor mit vierwöchiger Kündigungszeit. "Es schwebte immer das Damoklesschwert über uns, dass wir in vier Wochen draußen sind."

Der Besitzer bot eine Renovierung an, was den Mietpreis noch mehr in die Höhe getrieben hätte." Da sie aber gern mehr draus machen wollte, entschloss sie sich für den Kauf des Bahnhofs. Für 140 000 Euro war das Gebäude angesetzt, ein wenig runterhandeln konnte sie den Verkaufspreis noch. Die obere Etage bewohnt seit Jahrzehnten eine Familie, sie bleibt auch weiterhin dort. Die mittlere Etage wird von den Bahnbediensteten genutzt, ist also noch immer vermietet.

Am Samstag, 18. April, um 14 Uhr ist Saisoneröffnung. Der andere Raum, der Gundelfinger nun gehört, soll ein Restaurant werden und durch alte Bilder und die freigelegte alte Steinmauer eine nostalgische Bahnhofsatmosphäre versprühen. Dort will Gundelfinger vielleicht einmal ein Jazzfrühstück oder andere Events veranstalten. Denn Gräfenberg sei viel mehr als der nur 5-Seidla-Steig.