Bahn reißt Brücke in Baiersdorf nach vier Jahren wieder ab
Autor: Pauline Lindner
Baiersdorf, Freitag, 12. Juli 2013
Die Bahn reißt die erst 2009 neu gebaute Jahnbrücke in Baiersdorf ab. Sie ist zu schmal für den viergleisigen Ausbau der Bahnstrecke Nürnberg-Bamberg. Über ein Jahr hätte Baiersdorf keine Ost-West-Verbindung.
Das war doch erst kürzlich. Das ist doch erst gefühlte drei Jahre her, als die Jahnbrücke verschoben und neugebaut wurde. Gedanken dieser Art waren den Mienen aller Baiersdorfer Stadträte abzulesen, als Bürgermeister Andreas Galster (CSU) zu Beginn der Sondersitzung zum Flächennutzungsplan auf den aktuellen Stand des ICE-Trassenbaus einging.
Es sind vier Jahre her, dass die Brücke neu errichtet wurde, ohne dass die Meerrettichstadt monatelang in der Mitte entzwei geschnitten war. Es war eine hervorragende Ingenieurleistung, das alte Bauwerk um zwölf Meter zu verschieben und das neue daneben hochzuführen. Rund 600.000 Euro betrug allein der Mehraufwand für die verkehrswichtige Verschiebung.
Dass die Jahnbrücke für vier Gleise zu schmal ist, ist Fakt. Allerdings lagen 2009 die ICE-Ausbaupläne ziemlich auf Eis. Doch seit einiger Zeit treibt sie die Deutsche Bahn wieder mit aller Macht voran, um die schnelle Verbindung zwischen München und Berlin über Erfurt - eines der Projekte Deutsche Einheit - doch noch zu realisieren.
Den Abriss und Neubau als solchen akzeptieren die Baiersdorfer als notwendig. Auch wenn sie die mangelnde Koordination zwischen Bahn und Autobahnverwaltung monieren. "Bahn und Autobahn schaffen es nicht, sich abzustimmen", erklärte Galster. Er nannte sogar einen Gewährsmann, wonach der Brückeneubau an der Autobahnauffahrt Baiersdorf-Nord bewusst ohne Einbeziehung der Bahnpläne gerade jetzt realisiert wird.
Keine Behördenabstimmung
Dass die mangelnde Kommunikation zwischen zwei Verkehrsarten, genauer: den beteiligten Behörden und Firmen, nicht klappt und dadurch die Baukosten aus dem Jahr 2009 in den sprichwörtlichen Kamin zu schreiben sind, das nahm der Rat ja noch hin. Dass aber die Bahn nicht die Absicht hat, während der Bauzeit von etwa einem Jahr eine Behelfsbrücke zu bauen, das brachte die Gemüter in Wallung.
Andreas Galster ist sonst eher ein Mann der nüchternen, sachlichen Betrachtungsweise. Doch diesmal verglich er sich mit Napoleon an der Beresina.
Wie den Truppen des Franzosenkaisers bei seinem Russlandfeldzug die Brücke über den Fluss den geordneten Rückzug unmöglich machte, so werde das Gemeinwesen Baiersdorf durch die lange Sperrung am geordneten Leben gehindert. Unterbrochen oder erschwert sind vor allem der Brandschutz, die Einhaltung von Rettungsfristen bei Notfällen und das Einkaufen. Denn östlich der Bahnlinie gibt es keine Einkaufsmöglichkeit für die Bewohner.
Geteilte Stadt
Außer der Jahnbrücke gibt es in Baiersdorf nur eine ältere, schmale Brücke in der Industriestraße. Die nächsten Übergänge sind in Bubenreuth und bei Kersbach. Die Jahnstraße in Baiersdorf ist zudem ein Einfallstor für Pendler aus den östlich gelegenen Orten bis in die Fränkische Schweiz.
"Ohne Behelfsbrücke gleicht Baiersdorf dem geteilten Berlin. Damals konnte man nur zu Fuß am Bahnhof Friedrichstraße von einer Seite auf die andere Seite wechseln", erklärte Galster. Von den Entfernungen und Umwegen her greift Galster mit seinem Vergleich nicht daneben.
"Die Bahn will uns die Behelfsbrücke wegen der immensen Kosten ausreden", versuchte er dem Rat deren Argumentation nahezubringen. 1,8 Millionen Euro soll sie nach Bahnangaben kosten. Das bezweifeln alle Stadträte nach den Erfahrungen von 2009.
Heute, so wurde in den Raum gestellt, kostet die Ersatzbrücke wohl 800.000 Euro, wenn sie 2009 für 600.000 zu haben war. Vorausschauend hat der Bürgermeister schon bei der Regierung angefragt, ob das Provisorium bezuschusst werden könnte. Die Bahn, so Galster weiter, argumentiere zusätzlich mit einem Grundstücksproblem im Umgriff. Es ist seiner Meinung nach durch Einschalten der Stadt bei den Verhandlungen lösbar. "Das größte Problem der Bahn ist der Zeitdruck. Abriss und Neubau gehen viel schneller."
Norbert Kleinsorge (CSU) brachte die Idee eines Bürgerbegehrens ins Gespräch. Doch Galster bot dem Stadtrat "ein schärferes Schwert".
Die Bahn ist durch das schon länger durchgeführte Planfeststellungsverfahren exakt an die damaligen Pläne gebunden. Hier möchte sie heute einige Änderungen. "Und das kann sie nur mit Zustimmung aller Beteiligten", verriet Galster dem Ratsgremium.