Bärnfels war Liebe auf den zweiten Blick
Autor: Josef Hofbauer
Bärnfels, Freitag, 12. Juli 2013
Lehrerin Eleonore Martin kam vor 50 Jahren mit Vorurteilen nach Bärnfels. 1985 brachte sie die Festschrift Bärnfelser Heimat heraus - ein Lesebuch für jeden.
Die "Liebe auf den ersten Blick" war Bärnfels für Eleonore Martin sicher nicht. "Das erste was ich hier sah, als ich nach Bärnfels kam, war ein kleines Kind, verrotzt und verdreckt. Alles war wenig einladend. Da hab ich mir gedacht, da bleibst du keine vier Wochen", erinnert sich die ehemalige Leiterin der Volksschule Bärnfels.
Der Beruf war es, der die in Rehau geborene Pädagogin, die in Hof zur Schule ging und in Bamberg studiert hat, von Erkersreuth (Stadt Selb) nach Bärnfels verschlug. Eleonore Martin kam mit Vorurteilen. Ihr Vater, ein gebürtiger Ebermannstadter hatte sie gewarnt: "Ober'm Gebürg, des war meiner Lebtag noch nix Gut's."
Doch Eleonore Martin blieb. "Am 30. August werden es 50 Jahre, dass ich hier bin. Da, wo jetzt mein Haus steht, habe ich mit den Schülern Völkerball gespielt.
Lektüre für alle
Sie gründete einen Chor und sorgte dafür, dass das Theaterspielen eine Renaissance erlebte. "Wir spielten immer an Ostern", erinnert sich die "Regisseurin", die bedauert: "Leider ist das aber bald darauf wieder eingeschlafen."
Eleonore Martin kämpfte auch dafür, dass bei der Gebietsreform Bärnfels Schulstandort für die Marktgemeinde Obertrubach blieb. "Das war auch ein Verdienst von Georg Lang und Gregor Schmitt", erinnert sich die Lehrerin.
Zu einer Liebeserklärung an Bärnfels wurde die Festschrift anlässlich der 700-Jahr-Feier des Ortes 1985. "Ich wollte keine Werbezeitschrift, sondern ein Lesebuch. Eine Lektüre, die für alle Bärnfelser ein Muss sein sollte, das sie aber gern zur Hand nehmen", verdeutlicht Eleonore Martin die Zielsetzung.
Historie ist bis heute präsent
Der schwierigste Teil war die Historie. Einerseits wollte die Autorin eine Aneinanderreihung von Zahlen vermeiden, andererseits hat die Jahreszahl 1430 Auswirkungen bis in die Gegenwart.
Damals vermachte Conrad VII. zu Bärnfels alle seine Waldungen an seine Untertanen. Noch heute sind die Bewohner der Häuser 1 bis 44 Nutznießer dieses Testaments. "Das Original der Schenkungsurkunde befindet sich im Besitz von Ludwig Kohlmann, Bärnfels Nr. 17", heißt es in dem Bärnfelser Heimatbuch.
Darin werden auch mittelalterliche Turnierkämpfe mit "Gregor von Egloffstein zu Pernfels" geschildert und die Auswirkungen der Fehden des Reiches auf die Region veranschaulicht. Eleonore Martin ist überzeugt, dass die Grenzlinie zwischen dem Radenzgau (Oberfranken ohne Steigerwald und Fichtelgebirge) im Westen und dem altbayerischen Nordgau (zwischen Eger und Regensburg) durch Egloffstein und Bärnfels verlief.
Auf einem Wegweiser aus dem Jahr 1600 mit den 13 wichtigsten Handelsstraßen von Nürnberg aus in alle Richtungen ist auf dem Weg nach Dresden Bärnfels die vierte Station. "Ein Hinweis, dass der Ort nicht ganz unbedeutend gewesen sein muss", folgert Eleonore Martin, die über zwei Jahre brauchte, bis sie diese Informationen zusammengetragen hatte.
Übrigens: Die Geschichte des Ortes begleitet die mittlerweile 74-Jährige bis heute. In ihrem Wohnzimmer hängt eine Aquatinta Darstellung, die Ludwig Ebner nach einer Zeichnung von Georg Adam angefertigt hat, die das Schloss Bärnfels und den Ort im Jahre 1803 darstellt .
Mit Brief und Siegel
Das Bild zeigt den mächtigen Klotz der Hauptburg, die eine beheizbare Kemenate hatte, den Felsen des Bergfrieds und einen Teil der Vorburg. Unter dem Bild hängt eine Urkunde "mit Brief und Siegel."
Akribisch hat Eleonore Martin auch 81 Flurnamen aufgelistet und deren Lage erläutert. Ebenso sind 76 Anwesen mit ihren Hausnamen aufgelistet.
Am liebsten mag die Autorin an ihrem eigenen Buch aber die Schulgeschichten. Etwa die, als sich die Erstklässler in einer Zweierreihe aufstellen sollen und keiner dem kleinen Jörg die Hand geben will, weil er schwitzt. Bis auf Simone: Sie freut sich sogar: "Geh her Jörg, wer schwitzige Hände hat, ist gut in der Liebe."