Druckartikel: Ausweichort der Forchheimer Realschule bietet nicht genügend Räume

Ausweichort der Forchheimer Realschule bietet nicht genügend Räume


Autor: Ekkehard Roepert

Neuses an der Regnitz, Freitag, 16. Mai 2014

Die Forchheimer Realschüler lernen bis Sommer 2016 in einem ehemaligen Fabrikgebäude in Eggolsheim. Vieles fehlt hier, zum Beispiel fünf Klassenzimmer. Aber die Ersatzschule hat auch Charme.
Durch das ehemalige Treppenhaus der Lindner-Fabrik toben jetzt die Hartmann-Realschüler. Fotos: Barbara Herbst


Auf dem Schreibtisch von Jürgen Kretschmann liegt eine Wasserwaage. Der Chef der Hartmann-Realschule unterrichtet üblicherweise Mathematik und Physik, aber dazu kommt er seit Monaten nicht mehr. Der 47-Jährige hat genug damit zu tun, dass der Schulbetrieb im Lot bleibt.

Der kleine Balanceakt sieht so aus: Die Forchheimer Realschule gibt es aktuell als Original und als Interimsbetrieb. Das Original steht in Forchheim und wird bis Sommer 2016 saniert. Währenddessen hat der Landkreis das ehemalige Lindner-Gebäude im Eggolsheimer Ortsteil Neuses gemietet.

Doch Platz für 900 Schüler gibt es hier nicht. "Wir haben zu wenig Zimmer, um alle zu unterrichten", sagt Kretschmann. 35 Klassenzimmer wurden in dem ehemaligen Fabrik-Gebäude eingerichtet. 40 werden benötigt. Auch auf Turnhalle und Schulküche musste verzichtet werden.

Daher verbringt fast jede Klasse einen Tag pro Woche in Forchheim; in der alten Schule oder in der Schulküche der Adalbert-Stifter-Mittelschule.

Die Tür als Leinwand

Die 45 Jahre alten Möbel aus dem Lehrerzimmer, die Materialien der Werkräume, bis hin zum Tresor mit den Personalakten - das komplette Inventar hat im Lindner-Gebäude nach dem Umzug im März Platz gefunden.
Alles ist da, aber doch anders: "Das Aufweichquartier ist nicht das Original", stellt der Schulchef nüchtern fest.
Da sitzen die Mathematik-Schüler und schauen auf die Tür des Klassenzimmers, die als Leinwand für den Projektor dient. Nebenan treiben Schülerinnen von Kunsterzieherin Helga Blank Kupferblech-Schalen aus. Während das Hämmern den Mathematikunterricht stört, stört sich Helga Blank am Kunstraum: "Viel zu klein, viel zu schmal."

Ja, sagt Kretschmann, "wir leben hier beengt, aber ohne Einschränkungen". Eltern, Schüler, Lehrer - alle seien einverstanden mit dem Ausweichquartier. Andernfalls hätte man in Forchheim parallel sanieren und unterrichten müssen. "Den ganzen Tag die Presslufthämmer, lass bloß die Finger davon", hatten Kollegen von Kretschmann gewarnt. Im Parallelbetrieb hätte die Sanierung fünf statt zwei Jahre gedauert.

Besser also mit "vielen Kompromissen" leben, wie Margarita Markova sagt. Sie unterrichtet Biologie, Haushalt und Ernährung und wechselt nun zwischen drei Schulstandorten hin und her. Eine Zeitlang könne man das als Abenteuer betrachten, sagt Markova, "würde es länger als zwei Jahre dauern, dann würde es lästig werden".
Lästig ist, dass es keine Aula für Veranstaltungen gibt; keine Turnhalle für die Abschlussprüfungen; keinen Sonnenschutz für die vier Klassenzimmer an der Südseite; keinen Gasanschluss für die Chemiestunden, so dass Petra Wanninger-Tews mit Kartuschen arbeiten muss; keine Klapptafel für Rainer Streng, so dass die Schüler auf die beliebten Überraschungsspiele ihres Englischlehrers verzichten müssen; keinen Pausenhof zum Toben, so dass sich die Kinder weniger bewegen und "unruhiger sind als sonst", wie der Schulleiter beobachtet hat.

Mit dem Aufzug in den Unterricht

Doch vieles hat einen eigenen Charme, den man im neu sanierten Haus vielleicht vermissen wird: Auf der Giebelseite im Süden können die Schüler über eine stählerne Außentreppe in die Unterrichtsräume wandern; die 18 Busse umkurven das Schulhaus und halten direkt vor dem Eingang; die Pädagogen können, wenn sie ihre Pause beendet haben, in den Lastenaufzug, Baujahr 1949, steigen und aus dem Lehrerzimmer zum Unterricht hochfahren.

Und auf dem Korridor kann man dem Vater oder Großvater eines Schülers begegnen, der sich daran erinnert, wie er in jenen Räumen Fabrikarbeit verrichtete, wo jetzt sein Sohn oder Enkel unterrichtet wird.
Gerade gehen hier Maximilian Weisel und Andreas Friedrich entlang. Sie lachen und unterhalten sich angeregt. Wie ist das neue Schulhaus? "Wir fühlen uns wohl." Ob sie länger hier bleiben wollen? Nein, sie hätten demnächst Abschlussprüfung.