Druckartikel: Aus fürs "Führerhauptquartier"

Aus fürs "Führerhauptquartier"


Autor: Ekkehard Roepert

Ermreuth, Mittwoch, 31. August 2016

Am 30. Januar 1980 wurde das Quartier der Wehrsportgruppe Hoffmann auf Schloss Ermreuth ausgehoben.
Polizisten stellten den Jeep und das Schlauchboot von Karl-Heinz Hoffmann sicher.  Fotos: Stadtarchiv Forchheim/Michael Wuttke


Am Morgen des selben Tages, an dem Bundesinnenminister Gerhart Baum die Wehrsportgruppe Hoffmann als verfassungsfeindlich verbot, öffnete die Polizei gewaltsam die Tür des Schlosses Ermreuth. Die Polizeiaktion vom 30. Januar 1980 besiegelte das Ende der "Wehrsportgruppe", die der aus Nürnberg stammende Rechtsextremisten Karl-Heinz Hoffmann 1973 gegründet, und deren Gefährlichkeit die bayerische Staatsregierung lange heruntergespielt hatte. Im Jahr ihres Verbots gehörten der Organisation rund 400 Mitglieder an. Zudem konnte die Gruppe auf ein bundesweites Unterstützer-Netzwerk bauen.


Der "Chef" war nicht anzutreffen

Die doppelzeilige Überschrift von FT-Redakteur Michael Wuttke im FT vom Donnerstag, 31. Januar 1980, lautete: "30. Januar, 6 Uhr: Polizei besetzt in Ermreuth Wehrsport-Hoffmanns ,Führerhauptquartier'".
Ganzseitig, illustriert mit acht Bildern, berichtete Michael Wuttke über den Einsatz von 52 Polizisten, die im Schloss Fahrzeuge, Waffen und Propaganda-Material beschlagnahmten. Den "Chef", wie sich Karl-Heinz Hoffmann in Anlehnung an NS-Größe Ernst Röhm von seinen Nazi-Mitstreitern rufen ließ, trafen die Polizisten an jenem verschneiten Mittwochmorgen in Ermreuth nicht an. Ihn spürten sie an seinem Wohnort in Heroldsberg im Landkreis Nürnberg auf. Zeitgleich mit der Aktion in Ermreuth gab es 23 weitere Polizeieinsätze gegen Hoffmanns Netzwerk in ganz Bayern.
Das Schloss gehört Hoffmanns Lebensgefährtin Franziska Birkmann. Es wurde bei dem Einsatz beschlagnahmt. Auch das Gasthaus Bartelmes im 1000-Einwohner-Ort Ermreuth war Teil von Hoffmanns Netzwerk. Gasthaus-Besitzer Rudolf Klinger gehörte zum Kern der Wehrsportgruppe. Bei ihm fand die Polizei am 30. Januar Pistolen- und Maschinengewehr-Attrappen sowie Bilder von Hitler und Rommel. Die Zahl der Schaulustigen habe sich in Grenzen gehalten, berichtet der FT-Reporter, der am Rande der Polizei-Aktion eine befremdliche Szene beobachtet: "Aufmerksamkeit erregte im Büro ein junger Mann, offensichtlich ein Anhänger der Hoffmann-Truppe, der gegenüber absichernden Beamten vor dem Schlosshof von Gestapo-Methoden sprach und die Polizei des Diebstahls bezichtigte."
Die Politik reagierte erleichtert auf das Verbot der Wehrsportgruppe und die Beschlagnahmung von Schloss Ermreuth. SPD-Abgeordneter MdL Rothemund erinnerte daran, dass seine Partei schon lange dafür gewesen sei, gegen die "rechtsextremistische Organisation" vorzugehen. Auch der Kreistag von Forchheim hatte sich bereits im Vorjahr eine Resolution gegen die Wehrsportgruppe verabschiedet.
Hoffmanns Übungen und Aufmärsche in Ermreuth hatten für bundesweite Schlagzeilen gesorgt. Hoffmann galt als einer der gefährlichsten Rechtsextremisten Deutschlands. Sein Ziel war es, die Demokratie auf deutschem Boden durch eine Diktatur zu ersetzten, in der die Mitglieder der Regierung anonym und Wahlen verboten sein sollten.


Klagender Karl-Heinz Hoffmann

Nachdem Uwe Behrendt (ein Mitglied der Wehrsportgruppe) im Dezember 1980 in Erlangen den jüdischen Verleger Shlomo Lewin und dessen Lebensgefährtin Frieda Poeschke erschossen hatte, konnte Karl-Heinz Hoffmann zwar keine direkte Beteiligung nachgewiesen werden; doch wurde er wegen einer Reihe anderer Vergehen ein halbes Jahr später verhaftet und verurteilt. Er saß eine über neunjährige Freiheitsstrafe in Bayreuth ab. Seit seiner Entlassung ist Hoffmann wieder in der Neonazi-Szene aktiv. Zuletzt erregte er Aufsehen, als er das Bundesinnenministerium verklagte, weil er 2012/1213 vom Verfassungsschutz überwacht worden war. Die Verfassungsschützer hatten Hinweise, dass Hoffmann Anschläge gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und andere Politiker vorbereite. Das Berliner Verwaltungsgericht hielt die Überwachung für rechtens, Hoffmann zog seine Klage zurück.