Ebermannstadt
Erholung

Auf den Spuren von Potentaten und Literaten

Kulturreferent Toni Eckert will mit einem "Schlüsselberger-Weg" und einem "Literatenweg" Historie, Wandern und Literatur unter einen Hut bringen.
Die heutige Ruine Neideck war einst das Zentrum der Macht des Geschlechtes der Schlüsselberger.  Josef Hofbauer
Die heutige Ruine Neideck war einst das Zentrum der Macht des Geschlechtes der Schlüsselberger. Josef Hofbauer
Die touristische Zukunftsperspektive der Fränkischen Schweiz sei von kreativen Nischenprojekten abhängig, die vorhandene kulturelle und kulinarische Ressourcen der Region ausschöpften, findet der Kulturreferent des Landkreises, Toni Eckert. Ein solches Projekt von überregionaler Bedeutung wäre der "Literatur- und Schlüsselberger-Weg", der Ebermannstadt und Waischenfeld verbinden soll. Dieses mit EU-Geldern geförderte "Leader-Projekt" soll Historie, Wandern, Literatur und Genuss verbinden, unterstrich Toni Eckert bei der jüngsten Sitzung des Stadtrates Ebermannstadt.
Ausgangspunkte sind Waischenfeld bzw. Ebermannstadt, das dem Geschlecht der Schlüsselberger die Stadterhebung 1323 verdankt. Bis zur 700-Jahr-Feier soll deshalb ein Pavillon mit den wichtigsten historischen Daten der Schlüsselberger in der Nähe des Landratsamts-Gebäudes errichtet werden. Von dort aus soll mit Fußstapfen auf dem Boden ein Rundweg durch die Stadt angelegt werden, damit die Besucher im wahrsten Sinne des Wortes den historischen Spuren folgen können.
Das Geschlecht der Schlüsselberger mit seinem Namen gebenden Stammsitz auf der Burg Schlüsselberg, einen Kilometer südlich von Waischenfeld, habe auch Besitztümer in der Oberpfalz und Baden Württemberg gehabt und sei im 13. und 14. Jahrhundert zu höchstem Ansehen gelangt. Nach Aufgabe der Burg Schlüsselstein, ob Ebermannstadt gelegen, errichteten sie die Großanlage Neideck und die gewaltige Burg von Waischenfeld. Grund genug für einen historischen Erlebnisweg, der an die Schlüsselberger erinnern soll.
Ebenso bedeutsam, so Eckert, seien zwei literaturgeschichtliche Aspekte. Zum einen sei nicht Heidelberg oder Jena, sondern die Fränkische Schweiz die Wiege der Romantik. "Die beiden, an der Erlanger Universität immatrikulierten Studenten Ludwig Tieck und Wilhelm Heinrich Wackenroder können mit den Briefen ihrer Reise vom Mai 1793 durch die Fränkische Schweiz, die die beiden als Rechenschaftsberichte an ihre Eltern in Berlin schickten, als die Protagonisten dieser Geisteshaltung betrachtet werden", betonte der Kulturreferent des Landkreises.
Zuvor war das "Muggendorfer Gebürg" wegen seiner außerordentlich zahlreichen und spektakulären Tropfsteinhöhlen in den Fokus von Höhlenforschern und Paläontologen geraten. So begann 1771 der Uttenreuther Pfarrer Friedrich Esper mit Ausgrabungen in der Zoolithenhöhle bei Burggaillenreuth. Drei Jahre später schrieb er über "neu entdeckte Zoolithen unbekannter vierfüßiger Tiere und deren sie enthaltenden, so wie verschiedenen andern denkwürdigen Grüften des Obergebürgischen Landes des Markgrafenthums Bareuth". Auch dieses republikweit herausragende Alleinstellungsmerkmal will Toni Eckert touristisch vermarkten.
Als zweites wichtiges Ereignis der deutschen Literaturgeschichte nennt der Kulturreferent des Landkreises die "Gruppe 47" die vom 5. Bis 9. Oktober 1967 in der Pulvermühle tagte. Neben Organisator Hans Werner Richter zählten mit Günter Grass, Martin Walser, Siegfried Lenz, Günter Eich, Ingeborg Bachmann, Marcel Reich-Ranicki, Hellmuth Karasek und Rudolf Augstein alle Größen der deutschen Nachkriegsliteratur. Auch an diese bedeutendste Vereinigung von Literaten im 20. Jahrhundert soll auf dem Literatur-Rundweg erinnert werden.
Insgesamt, so Eckert, umfasst der Literatenweg 24 Sehenswürdigkeiten, neudeutsch "Points of Interest", der Schlüsselberger-Weg kann mit 13 Stationen aufwarten. Sie fördern die regionale Identität, weil sie Alleinstellungscharakter hätten. Und sie könnten dazu beitragen, touristisches Potenzial abseits des üblichen touristischen Marketings zu erschließen, fand Eckert.
Da bereits bei Tieck und Wackenroder Forellengerichte genannt würden, sei es konsequent, Edelbrennereien, Obstveredelung oder Brot aus Backöfen sowie weitere traditionelle Gerichte der Region in das Gesamtangebot mit einzubeziehen. Auch Picknicks an malerischen Punkten der Fränkischen Schweiz kann sich Eckert vorstellen.
Das Projekt soll digital umgesetzt und mit Videos, Audio-Dateien, Fotos und Texten auf einer Internetseite präsentiert werden. Für die Wanderkarten soll eine Download-Funktion geben, so dass sich jeder seine eigenen Route (mit Abkürzungen) zusammenstellen kann. Die Gesamtkosten des landkreisübergreifenden Projektes bezifferte Eckert auf gut 170 000 Euro. Dank der EU-Fördermittel und einer finanziellen Unterstützung der Oberfrankenstiftung liegt der Eigenanteil von Ebermannstadt nur noch bei 18755 Euro. Der Stadtrat befürwortete das Projekt einstimmig.