Ärger mit der "Heckenpflege" in Kasberg
Autor: Petra Malbrich
Kasberg, Montag, 26. Januar 2015
Das Resultat einer Pflegemaßnahme, die die Stadt Gräfenberg hat durchführen lassen, stößt nicht nur dem Bund Naturschutz auf. Auch die Untere Naturschutzbehörde wurde erst im Nachhinein über die "derbe" Maßnahme informiert.
Ein Mitarbeiter des Bund Naturschutzes war vergangene Woche in Kasberg, um Obstbäume zu bearbeiten. Dem Bund Naturschutz wurden dort eine Streuobstwiese mit 220 Bäumen und über 100 verschiedenen Obstsorten zur Verfügung gestellt. Eingerahmt ist die Wiese auf zwei Seiten durch Feldhecken, die auf dem Grund der Stadt Gräfenberg stehen.
Als der Mitarbeiter dort ankam, traute er aber seinen Augen nicht: Die Hecke war auf 150 Metern Länge total umgelegt, wie es Friedrich Oehme vom Bund Naturschutz ausdrückt. Das war am vergangenen Donnerstag und Oehme machte sich selbst ein Bild vor Ort. "Ich fiel aus allen Wolken, war verständnislos gegenüber einer solchen Maßnahme", sagt Oehme.
Die Hecke war mit einer Maschine abgezwickt worden. Katastrophal sehen die Schnittflächen aus. Eine Heckenpflege sieht anders aus.
Für die Vitalität der Hecke ist eine Heckenpflege wichtig, sollte aber abschnittsweise, etwa 25 Meter, auf Stock (ca. 20 Zentimeter) gesetzt werden. Empfohlen wird zudem, Bäume als sogenannte Überhälter in Abständen stehen zu lassen. Die Sträucher sollten glatt abgeschnitten werden, etwa 20 Zentimeter über dem Boden. Jährlich ein bis zwei dieser Abschnitte zu bearbeiten, sorge dafür, dass die in der Hecke lebenden Tiere ihren Lebensraum nicht ganz verlieren und dass die Hecke weiterhin als Wind- und Wetterschutz dient.
Die Stadt Gräfenberg hat auf diese Regeln keine Rücksicht genommen. Friedrich Oehme erfuhr dann, dass dieser seltsame Heckenschnitt bereits um den 15. Januar herum stattgefunden haben muss.
"Die Landwirte beschweren sich"
Bürgermeister Hans-Jürgen Nekolla (SPD) sieht in dem Heckenschnitt grundsätzlich nichts Verwerfliches: "Die Landwirte beschweren sich, dass die Hecke zu hoch ist, die Felder beschatte und sie mit ihren landwirtschaftlichen Geräten nicht durchfahren können."
Das Gräfenberger Stadtoberhaupt möchte den Heckenschnitt nicht als eine Schwarz-Weiß-Handlung betrachten, es gebe auch Zwischenfarben. Abgesehen davon, dass Nekolla auf den wirtschaftlichen Faktor hinweist, der Heckenschnitt wurde an eine Firma übergeben, die nicht jedes Jahr anfahren könne, um die Hecke abschnittsweise zu schneiden, betrachtet er es nicht als illegale Maßnahme. "Es gibt dafür Pflegeprogramme. Das war eine Pflegemaßnahme, da dann alles von unten neu und jung herauswachsen kann, und mit Herrn Weißenberger von der Unteren Naturschutzbehörde abgesprochen," sagt Nekolla.
Verärgerung im Landratsamt
Doch Peter Weißenberger, Geschäftsführer der Unteren Naturschutzbehörde, erklärt, er habe nichts davon gewusst, sei zudem erst im Nachhinein kontaktiert worden. "Zum einen gibt es keine Förderung", sagt Weißenberger. Das Heckenpflegeprogramm gibt es erst im Sommer. Zum anderen wurde er von dem Gräfenberger Stadtkämmerer Ernst Steinlein erst vergangene Woche angerufen, um sich allgemein über das Heckenpflegeprogramm und über biotopkartierte Hecken zu informieren. "Über diese Hecke hat er nicht mit mir gesprochen", sagt Weißenberger verärgert, da ihm etwas unterstellt wird, was nicht stimmt.
"Bei rechtzeitiger Rücksprache hätte ich zu einer anderen Pflege geraten. 150 Meter an einem Stück sind derb." Eine ordnungsgemäße Heckenpflege ist im Winterhalbjahr erlaubt. Allerdings heiße das auch, dass man es in Abständen durchführt, ein Pflegekonzept erstelle und die Arbeiten dann über zwei bis drei Jahre in Abständen durchführen, um den Biotop zu erhalten und den Tieren und Pflanzen Rückzugsmöglichkeiten zu geben. Wenn es eine Förderung gegeben hätte, wäre das sicher beanstandet worden. So bleibt abzuwarten, wie die Untere Naturschutzbehörde vorgehen wird.
Ob die Rücksprache mit der Naturschutzbehörde vor oder nach dem Heckenschnitt passierte, weiß Bürgermeister Nekolla nicht. Er wurde von der Fremdfirma nicht über den Beginn des Heckenschnitts informiert. An der Tatsache, dass bei diesen Maßnahmen auf Stock geschnitten werde, ändere das aber nichts.
Friedrich Oehme richtet nach dieser Radikalkur allerdings in Richtung Stadt Gräfenberg die Bitte, die Schnittflächen nachzuarbeiten: "Glatte Schnittflächen geben eine Garantie, dass es wieder schön auswächst. Man sollte mit der Landschaft besser umgehen."