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A73 soll nicht überall leiser werden


Autor: Nikolas Pelke

Forchheim, Dienstag, 15. Oktober 2013

Lärmschutz für den Frankenschnellweg: Nicht im ganzen Stadtgebiet sind hohe Wände und der leisere Asphalt vorgesehen. Reinhold Otzelberger (SPD) will die neue Flüsterstraße aber in ganz Forchheim. Der Bürgermeister ist skeptisch.
Höher und länger sollen die Lärmschutz-Wände entlang der A 73 im Stadtgebiet Forchheim werden. Allerdings nicht überall gleich lang und gleich hoch. Auch der Flüsterasphalt kommt nicht im gesamten Stadtgebiet. Die Stadt will nun mehr fordern vom Staat. Foto: Nikolas Pelke


Sie verläuft fast mitten durch das Herz der Stadt: die Autobahn. Die Fernstraße soll im Stadtgebiet leiser werden.
Nur wann der Frankenschnellweg leiser werden soll, das hat die Autobahndirektion noch nicht verraten. Das Thema hat es am Montag trotzdem erneut auf die Tagesordnung des Planungsausschusses geschafft, weil die Stadt bis zum 4. November eine Stellungnahme zu den Plänen der Autobahn-Behörde abgeben muss. Freilich können sich auch "normale" Bürger zu den Plänen äußern. Die Planunterlagen liegen noch bis einschließlich 22. Oktober für die Öffentlichkeit im Bauamt in der Birkenfelderstraße aus.

Richter haben Staat verdonnert

Die Autobahn soll nicht nur leiser werden, damit die Forchheimer besser schlafen können. Dann hätte man die Schallschutzwände schon beim Bau der Autobahn bauen können. Nein.

Der Lärmschutz für Forchheim kommt nachträglich auf höchst richterlichen Beschluss. Im März 2007 hat das Bundesverwaltungsgericht im Namen des Volkes beschlossen, dass den Menschen ein besserer Lärmschutz zusteht, wenn der tatsächliche Verkehr die Prognosen, die beim Bau der Autobahn zum Verkehrsaufkommen errechnet wurden, gravierend übertrifft. Nach der erwähnten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts kann ein Anspruch auf nachträglichen Lärmschutz bis zu 30 Jahre nach dem Bau bestehen. Die erfolgreiche Gleichung für Forchheim lautet also: Fehlprognose gleich nachträglichen Lärmschutz.

Der Clou: der Staat, nicht die Stadt bezahlt die Rechnung. Dumm nur, dass der Bund nicht mit der Gießkanne den Lärmschutz verteilt, sondern sich Haus für Haus penibel an die rechtlichen Lärmgrenzen hält, um die Kosten nicht ausufern zu lassen. Derzeit rechnet die Autobahn-Direktion mit Kosten in Höhe von 2,5 Millionen Euro für die rund 2,5 Kilometer Flüster- Fahrbahn.

Aktive und passive Maßnahmen

Grundsätzlich stehen zwei technische Methoden zur Schallreduzierung zur Verfügung: passive und aktive Maßnahmen zum Lärmschutz. Erstere werden direkt an der Schallquelle, sprich an der Autobahn, installiert. Zweitere werden am Immisionsort, sprich bei den Häusern, installiert.

Die Anwohner in der Regnitzstraße leiden derzeit wohl am meisten unter dem Krach von der zum Greifen nahen Autobahn. "Der Lärm nervt einfach. Meinen Garten kann ich auch nicht richtig genießen", ärgert sich beispielsweise Barbara Gradel. "Morgens und abends ist der Lärm besonders schlimm", beklagt sich auch die Nachbarin, Andrea Kayser.

Trotz der neuen Lärmschutzmaßnahmen werden an genau 48 Anwesen die Nachtgrenzwerte (die liegt in Wohngebieten bei einem Schalldruckpegel von 49 dB/A) und an fünf Gebäuden die Taggrenzwerte (die liegt in Wohngebieten bei 59 dB/A) überschritten. Diese Anwesen bekommen beispielsweise Schallschutz-Fenster vom Staat bezahlt.

Allerdings wird nach den bisherigen Vorstellungen der Autobahn-Behörde nicht ganz Forchheim in den Genuss einer leiseren Autobahn kommen. Beispiel Flüsterasphalt. Der schalldämpfende Fahrbahn-Belag soll nicht komplett zwischen den Anschlussstellen Forchheim-Nord und Forchheim-Süd verlegt werden. Ab der Autobahn-Abfahrt Süd soll der Flüsterasphalt auf 2400 Meter in Fahrtrichtung Nürnberg und 2320 Meter in Fahrtrichtung Bamberg kommen.

An der falschen Stelle sparen?

Dass der Flüsterasphalt auf der Autobahn nicht im gesamten Stadtgebiet verlegt werden soll, kann der SPD-Fraktionsvorsitzende, Reinhold Otzelberger, nicht verstehen. "Da sparen wir an der falschen Stelle, wenn der Flüsterasphalt nicht überall kommt." Zumal Forchheim gleich doppelt angeschmiert sei. Erstens liege die Stadt im Talkessel. Zweitens gebe es im Vergleich zum Stadtgebiet Erlangen keine Geschwindigkeitsbegrenzung auf der A 73 in Höhe Stadtgebiet Forchheim.

Außerdem monierte Otzelberger, dass die Lärmschutzwand auf der Westseite wesentlich kürzer sei als auf der Ostseite. "Wenn wir im Osten so eine lange Wand haben, dann hat der Westen alles zu ertragen", stimmte Mathilde Hartmann von der CSU zu.

Auf der Ostseite beginnen die Lärmschutzmaßnahmen südlich der Anschlussstelle Forchheim-Nord und enden rund 1,1 Kilometer nördlich der Anschlussstelle Forchheim-Süd beim Kreuzungsbauwerk mit der Hafenstraße. Es sind Lärmschutzkonstruktionen mit einer Gesamtlänge von 3532 Meter und einer maximalen Höhe von 8,50 Meter über der Fahrbahn vorgesehen. Auf der Westseite ist eine Lärmschutzwand mit einer Länge von 1720 Meter und einer maximalen Höhe von 7 Meter über der Fahrbahn geplant.

Gehen die Schüler leer aus?

Besonders ärgerte sich Otzelberger, dass die rund 1200 Schüler des Ehrenbürg-Gymnasiums weder in den Genuss der neuen Lärmschutzwände noch der leiseren Fahrbahn kommen werden. "Der hohe Lärmpegel ist nicht gut für den Unterricht", sagte Otzelberger, der selber Lehrer an dem Gymnasium ist. Der SPD-Fraktionsvorsitzende forderte, dass zumindest den Flüsterasphalt nicht nur streckenweise sondern im gesamten Stadtgebiet verlegt würde. Dann würden auch die Schüler am Ehrenbürg von den nachträglichen Lärmschutzmaßnahmen auf der A 73 profitieren. Den Vorstoß konterte Oberbürgermeister Franz Stumpf (CSU/WUO) so: "Fordern kann man viel. Die Frage ist, ob man sich glaubwürdig macht."
Zumindest fordern wollte auch Mathilde Hartmann eine noch leisere Autobahn mitten durch Forchheim. Otzelberger schlug erfolgreich vor, die Stellungnahme der Stadt im Vergleich zum Entwurf noch schärfer zu formulieren. "Im kategorischen Imperativ", sagte OB Stumpf zustimmend.

Die Stadt will nun noch mehr

Die neue Stellungnahme klingt nicht mehr so freundlich. Darin wird nun nicht mehr "angeregt", sondern "gefordert". Nun "fordert" die Stadt die Autobahn-Direktion also auf, den Flüsterasphalt im gesamten Stadtgebiet zwischen den beiden Anschlussstellen zu verlegen. Außerdem sollen die Lärmschutzwände auf der Westseite verlängert werden, damit Buckenhofen noch besser von dem Autobahn-Lärm geschützt ist. Außerdem soll die Autobahn-Direktion die Lärm-Situation am Ehrenbürg Gymnasium nochmal neu bewerten.
"Ist jemand dagegen?", fragte Stumpf danach knapp in die Runde. Alle Hände blieben unten. "Sehr gut. Ich bedanke mich", sagte Otzelberger. "Ich mich auch", stimmte Hartmann zu. "Ich auch", sagte Stefan Schick (CSU) amüsiert. "Dann bedanke ich mich eben auch", sagte Manfred Hümmer (FW).