65 Prozent der Betreuer in Forchheim sind Ehrenamtliche
Autor: Jennifer Opel
Forchheim, Montag, 28. Dezember 2020
Susanne John ierzählt im FT-Interview, welche Aufgaben Betreuer haben und wie man zum Betreuer werden kann.
Susanne John ist Diplomsozialpädagogin und beim Betreuungsverein der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Forchheim angestellt. Im kommenden Jahr will sie Schulungen für ehrenamtliche Betreuer organisieren. Welche Aufgaben ehrenamtliche Betreuer haben, warum sie gebraucht werden und wie man zu diesem Ehrenamt kommt, erzählt sie im FT-Interview.
Frau John, wann werden gesetzliche Betreuer eingesetzt?
Susanne John: Gesetzliche Betreuer unterstützen Personen, die ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst lösen können. Die Gründe dafür sind vielseitig, meistens ist es eine nicht nur vorübergehende Erkrankung. Es kann auch eine andere Einschränkung sein, aber es muss immer diagnostiziert sein.
Eine Betreuung anregen kann jeder, überprüft wird das immer vom Gericht. In unserem Fall ist das Amtsgericht Forchheim zuständig. Wenn dem Gericht eine Anregung zur Betreuung vorgelegt wird, wird diese zur Stellungnahme und Überprüfung an die Betreuungsstelle weitergeleitet. Nach deren Stellungnahme findet eine persönliche Anhörung durch das Betreuungsgericht statt. Gegen den Willen einer Person kann eine Betreuung nicht angeordnet werden.
Und wie ist das, wenn jemand zum Beispiel dement ist und nicht sieht, dass er oder sie einen Betreuer braucht?
Es muss dann ein Gutachten erstellt werden, ob die Person einen freien Willen bilden kann. Dann sieht es anders aus.
Welche Einschränkungen muss man haben, um einen Betreuer zu bekommen?
Das ist ganz unterschiedlich. Manchmal ist es zum Beispiel so, dass jemand aufgrund einer geistigen Behinderung nicht mit seinen Finanzen umgehen kann oder eine so starke psychische Beeinträchtigung vorliegt, dass er nicht mehr in der Lage ist seinen Alltag zu regeln, z.B. die Post zu öffnen , Rechnungen zu bezahlen oder sich um seinen Lebensunterhalt zu kümmern. Dann ist die Unterstützung durch einen Betreuer eine echte Erleichterung. Der Betroffene kann seine Sorgen teilen und fühlt sich nicht allein gelassen.
Da sind wir schon mitten drin in den Aufgabenfeldern der Betreuer. Was zählt noch dazu?
Die Aufgabenbereiche werden übers Gericht festgelegt. Zu den häufigsten Aufgaben gehören natürlich Behördenangelegenheiten, Vermögenssorge oder auch der Bereich der Gesundheitssorge, der wichtig ist, um mit den Ärzten Kontakt halten zu können. Manchmal stellt sich auch die Frage, ob ambulante Dienste eingeschalten werden sollen oder ein Pflegegrad beantragt werden kann. Meistens ist es einfach so, dass man im persönlichen Gespräch herausfindet, wo man die Leute unterstützen kann. Die Aufgaben sind also breit gefächert und das macht es ja auch so spannend.
Gibt es einen Unterschied zwischen der Arbeit der Ehrenamtlichen und der Festangestellten?
Im Prinzip nicht. Allerdings ist es so, dass die Festangestellten in der Regel die Fälle übernehmen, die zeitaufwendiger sind. Die Arbeit der Ehrenamtlichen soll für sie ja keine enorme Belastung sein.
Wieso braucht es denn überhaupt Ehrenamtliche?
Im Betreuungsrecht steht, dass vorrangig ehrenamtliche Personen Betreuer sein sollen. Es waren also ursprünglich gar keine Hauptamtlichen Betreuer vorgesehen. Das Berufsbild hat sich erst daraus entwickelt, dass es nicht genügend Ehrenamtliche gab.
Wie ist denn dann das Verhältnis von Ehrenamt zu Hauptamt?
65 Prozent der Betreuer sind ehrenamtlich tätig. Die meisten davon sind allerdings Familienangehörige. Es wird immer erst im persönlichen Umfeld geschaut, ob es dort jemanden gibt, der die Betreuung übernehmen kann und will. Die Betreuten sind dann oft ältere Menschen.
Provokant gefragt: Was hat ein Ehrenamtlicher davon?
Das Gefühl, konkrete Unterstützung liefern zu können. Bei zielgerichteter Hilfe ist auch ein Erfolg sichtbar.
Im kommenden Jahr soll es eine Schulung von Seiten des Betreuungsvereins für Ehrenamtliche geben. Was wird da geschult?
Natürlich werden die Interessierten über das Gesetz aufgeklärt und darüber, was sie tun können und sollen und was eher nicht. Wir wollen auf jeden Fall auch falschen Vorstellungen entgegentreten. Es geht schließlich um eine rechtliche Betreuung und nicht um Fensterputzen oder so was. Kurz gesagt: Sicherheit vermitteln und Frustrationen vermeiden, dadurch, dass wir die Frage klären: "Auf was lasse ich mich da ein?"
Die interessierten Personen sollen gut auf ihr Ehrenamt und auch auf die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Akteuren in der Betreuungsarbeit vorbereitet werden. Daher ist es auch ganz wichtig, dass die einzelnen Module von verschiedenen Referenten (Rechtspfleger/Arzt/ Betreuungsstelle und Verein) gehalten werden.
Welche Menschen werden damit angesprochen?
Die Schulung ist für Leute gedacht, die sich denken, sie wollen etwas tun, das sinnvoll und bereichernd ist und über den Besuchsdienst hinausgeht. Es sind oft Menschen, die schon im Ruhestand sind und ihre Erfahrung weitergeben wollen und für ehrenamtliche Betreuer, die ihr Wissen ergänzen und auffrischen wollen.
Und wie viel Zeit müssen Ehrenamtliche mitbringen?
Das ist schwer zu sagen, da es natürlich sehr individuell ist. Im ersten Viertel Jahr, bis alles in die richtigen Bahnen gebracht wurde, sollte man schon jede Woche einen Termin wahrnehmen können. Man hat die Kontaktpflicht, wenn man als Betreuer eingesetzt wird, aber ob der Kontakt zum Beispiel in Pandemiezeiten lieber telefonisch erfolgt oder ob man vor Ort ist, gemeinsam spazieren geht... Das ist den Ehrenamtlichen überlassen.
Das Interview führte
Jennifer Opel