150 Eleven schweben durch Forchheimer Traumwelten
Autor: Dorothea Weiler
Forchheim, Montag, 04. März 2013
Mit ihrem Stück "Raya" wollen die Forchheimer Tänzerinnen das oft noch etwas verstaubte Image des Balletts abschütteln. Das gelingt ihnen mit Charme, Esprit und Grazie.
Eine Welt unter Wasser als Schauplatz für eine Ballett-Aufführung zu wählen, war ein kluger Schachzug der beiden Ballettlehrerinnen Kathrin Schiffmann und Monika Fath-Kelling. Denn wo sonst, wenn nicht in der geheimnisvollen Tiefe des wogenden Meeres ließe sich besser eine Geschichte erzählen, die nahezu ohne Worte auskommen muss?
Wo würden sich mehr Rollen unterbringen lassen als in dieser Szenerie? Wellen, Quallen, Sturm, Stachelfische, Nymphen und sogar Seetang stellten die rund 150 Schülerinnen der Ballett-Etage dar. In der bis auf den letzten Platz besetzten Jahnhalle durften große und kleine Eleven unter tosendem Beifall ihr geballtes Können unter Beweis stellen.
"Raya" heißt das Stück, mit dem die beiden Lehrerinnen eine neue Möglichkeit ausgelotet haben, von den Klischees, die dem Ballett anhaften, wegzukommen.
Die beiden Mädchen suchen unter Wasser nach dem verborgenen Wohnort merkwürdiger Wesen. In den verschiedenen Szenen erzeugen die Tänzerinnen immer wieder Stimmungen, die von Gefahr, Freundschaft oder auch Schönheit handeln. Fast immer sind große Emotionen damit verknüpft.
Gut kämpft gegen Böse
Lichteffekte und Filmmusik unterstrichen die von den Kindern im Tanz ausgedrückten Atmosphären nochmals. Die von den beiden Choreografinnen selbst konzipierten Bewegungsabläufe finden ihren Höhepunkt in einem Kampf zwischen Gut und Böse.
Ob die Guten eine geschlossene Front gegen das Böse bildeten, Einzelkämpfer vorschickten, oder das Böse schließlich einkreisten: In dem Stück steckt sehr viel Symbolik, die die langjährig erprobten Ballettlehrerinnen voll ausschöpften.
Am Tanzstil ließen sich die Stadien der Ballett-Ausbildung gut ablesen. Sichtbar wurde die nötige Anstrengung, den Körper zu beherrschen, fließende Bewegungen zu machen und auch in schwierigen Passagen anmutig zu bleiben.
Während die Kleinen mit treuherzigen Blicken bisweilen etwas verschüchtert am Bühnenrand standen, manchmal noch etwas unbeholfen mit den Ärmchen flatterten, durch die Luft ruderten und zum Vergnügen der Zuschauer in verschiedene Richtungen tippelten, saß bei den Großen jede einzelne Geste. Mit graziler Eleganz setzten sie jeden ihrer Schritte, Drehungen und Sprünge.
Perfektion und Drill
Ein ganzes Heer von Balletteusen scheint hier zu Größerem berufen. Um den tänzerischen Nachwuchs muss sich die Stadt Forchheim jedenfalls wohl keine Gedanken machen.
Perfektion, Drill, strenge Schrittabfolgen zu den immer gleichen klassischen Stücken, kitschige Tutus und altmodische Künstlichkeit: Das mag mancher mit dem Ballett verbinden. Doch mit diesen Vorurteilen wollten Kathrin Schiffmann und Monika Fath-Kelling gründlich aufräumen. Statt den gängigen "Nussknacker" oder "Schwanensee" verwendeten sie zeitgemäße Musik, die dem Publikum und den Tänzern gleichermaßen Spaß bereitete.
Mit bunten Kostümen - von orangefarbenen Overalls mit Zipfelmütze über durchschimmernde Plastik-Capes bis hin zu schwarzen Fledermauskleidchen - zeigten sie, dass auch hier eine weit größere Bandbreite möglich ist, als sich Menschen vorzustellen vermögen.
Neoneffekte bei Schminke und Kostümen erhöhten noch den Reiz der optisch üppigen Darbietung. Aus den Filmen "Da Vinci Code", "Avatar", "Sternwanderer", "Zauberhafte Welt der Amelie", "Fluch der Karibik" und vielen anderen modernen Filmkompositionen stammten die Musikstücke.
Thomas Schiffmann, der auch für die Lichttechnik zuständig war, hat sie zusammengestellt und auch Eigenkompositionen daruntergemischt. Und wem die Musik mitunter zu pompös dröhnte oder die Kulisse zu sehr im Licht unterschiedlicher Scheinwerfer flackerte, der konnte zwischendurch immer wieder der angenehm sonoren Erzählerstimme von Horst Schwarz lauschen. Schwarz sorgte zwischen den stürmischen und rasanten Teilen der Aufführung immer wieder für wohltuende Unterbrechung, Sammlung und Ruhe.
Der Nürnberger Erzähler und Märchenbuchautor hat in der Vergangenheit schon vielen Kinder- und Jugendhörbüchern seine Stimme verliehen.
1000 Euro investiert
Welch enormer Aufwand an Choreographie, Gestaltung und Ausstattung in "Raya" steckt, wurde jedem Zuschauer bewusst, der mit wachen Augen der Ballettveranstaltung folgte. Dass sich dahinter auch enorme Kosten verbergen, hat Kathrin Schiffmann verraten.
10000 Euro mussten sie in das Stück investieren. Doch bei 400 bis 450 Zuschauern pro Aufführung dürfte auch einiges davon wieder zurück in die Kasse gekommen sein. "Man kann die Tänzer auch im einfachen Tutu auf die Bühne schicken, aber dann wäre die Halle nicht gefüllt", hat Kathrin Schiffmann richtig erkannt.
Sie hat Wert darauf gelegt, dass sich die Kinder auf der Bühne wohlfühlen und das Publikum mit Spaß dabei ist. Sie haben ihr das gedankt. Das Publikum auch.