Druckartikel: Zwischen Angst und Zuversicht

Zwischen Angst und Zuversicht


Autor: Hendrik Kowalsky

Höchstadt a. d. Aisch, Dienstag, 07. April 2020

Die Coronakrise stellt die hiesigen Gasthäuser vor Probleme. "Töpfla"-Wirtin Mirjam Wellein fürchtet um die Existenz. Familie Zwanzger aus Uehlfeld probiert neue Geschäftsmodelle und der Greuther Keller wird zum Lieferdienst.
Der Tresen von Mirjam Wellein bleibt leer: Das "Töpfla" in Höchstadt ist geschlossen. Sie sorgt sich neben ihrer Existenz vor allem um die Stammgäste, mit denen sie derzeit allenfalls telefonisch Kontakt halten kann. Archiv/Franziska Rieger, H. Kowalsky


Vor drei Wochen musste Mirjam Wellein das "Töpfla" abschließen. Die Allgemeinverfügung des Freistaats Bayern untersagt der Höchstadter Wirtin die Nutzung ihres Lokals - mit ungewissen Folgen. "Ich kann mir nicht leisten, dass der Laden zu ist", sagt Wellein. Gemeinsam mit einer Teilzeitkraft, die Ende März aufhörte, und drei Hilfskräften auf 450-Euro-Basis betreibt Wellein das urige Lokal in der Hauptstraße. "Den März habe ich allen Mitarbeitern normal bezahlt. Leider greift das Kurzarbeitergeld nicht für 450-Euro-Kräfte. Aber ich will ihnen nicht kündigen", erklärt Wellein. Sie versuche, die Zeit finanziell zu überbrücken und ihre Aushilfskräfte weiterhin zu bezahlen.

Unterstützung von allen Seiten

Das staatliche Angebot der Soforthilfe hat Wellein bereits in Anspruch genommen. "Es muss ein Liquiditätsengpass nachgewiesen werden, der ist offensichtlich. Die Bedingungen habe ich erfüllt, noch habe ich aber keine Rückmeldung", erklärt die Inhaberin des Kultlokals.

Das im Jahr 1723 erbaute Haus erfordert laufend Reparaturen und Ausbesserungen. Um das bezahlen zu können, hat Wellein einen Kredit aufgenommen. Dass der Erhalt des "Töpfla" vielen am Herzen liegt, zeigt die besondere Unterstützung für die Wirtin: "Meine Bank drückt beide Augen zu, wir haben eine Ratenpause vereinbart", sagt sie.

Die bereits eingelagerten Bierfässer hat die Brauerei Rittmayer aus Hallerndorf wieder abgeholt. Das bezahlte Geld wandelten die Hallerndorfer in Gutscheine um. "Diese Geste hat mich sehr bewegt. Die Brauereien haben aufgrund der abgesagten Veranstaltungen selbst Probleme. Trotzdem kam Rittmayer auf mich zu und hat mir dieses Angebot gemacht. Alle sind bemüht und wollen mir helfen", freut sich Wellein.

Sorge um die Stammgäste

Doch es ist nicht alleine die finanzielle Situation, die der Wirtin Sorgen bereitet: Zu vielen Gästen ihrer Kneipe hat die Dame hinter dem Tresen enge Bindungen aufgebaut. Einige kommen seit Jahren in ihr Lokal. "Mir sind hier Menschen ans Herzen gewachsen, das ist schwierig. Das Verkaufen ist das eine. Aber mir geht es um die Leute, die ich nicht sehen kann. Ich habe Stammgäste, von denen ich nicht weiß, wie es ihnen geht", sagt Wellein. Mut mache ihr vor allem ihre Partnerin, die ihr bedingungslos zur Seite stehe: "Ohne sie wäre das alles nicht möglich", erklärt Wellein.

Der Online-Shop brummt

Christian und Susanne Zwanzger, die Betreiber des gleichnamigen Gasthauses in Uehlfeld, versuchen aus der Situation das Beste zu machen. Das Wirtshaus hat geschlossen, doch der Bierverkauf läuft. Sogar noch besser, nachdem die Zwanzgers die Möglichkeit schufen, ihr selbst gebrautes Bier im Internet zu bestellen. "Das Online-Angebot wird sehr gut angenommen, damit haben wir nicht gerechnet", freut sich Susanne. Der Gasthof bietet zudem sieben Fremdenzimmer, die sonst von Ausflugstouristen genutzt werden. Aktuell sind durch in der Nähe beschäftigte Bauarbeiter immerhin vier Zimmer belegt.

Die Küche bleibt auch für Außer-Haus-Verkauf geschlossen, das Osterwochenende bildet die Ausnahme. An den drei Feiertagen gibt es Essen zum Selbstabholen. "Vor allem an Karfreitag herrscht große Nachfrage", sagt Susanne. Zudem starteten die Zwanzgers einen Spendenaufruf über ihren Facebook-Auftritt. Die Resonanz nach wenigen Tagen ist positiv.

Auch die Uehlfelder haben die die Soforthilfe der Staatsregierung beantragt. Zehn Tage später ging das Geld auf dem Konto ein. Die fünf angestellten Teilzeitkräfte sind in Kurzarbeit. "Leider können wir unseren 13 Aushilfskräften nichts bieten. Das ist bitter", sagt Susanne, die auf den Mai als möglichen Zeitpunkt der Wiedereröffnung hofft: "Dann wäre die Zwangspause kaum mehr als verlängerte Betriebsferien gewesen. Wenn die Wirtschaften bis in den Juni hinein geschlossen bleiben, wird es für alle Betreiber eng. Auch für uns", glaubt Zwanzger.

Ein erzwungener Kaltstart

Für Michaela Wagner begann vor einer Woche ein neues Kapitel: Als Pächterin des Greuther Kellers in Vestenbergsgreuth machte sie sich selbstständig, zu Ostern sollte die dazugehörige Sommerrodelbahn in Betrieb genommen werden. Doch die Bahn muss vorerst still bleiben, einzig der Speisenverkauf lief bereits an. "Natürlich tut es weh. Das Wetter ist super, das Osterwochenende wäre vermutlich ein sehr guter Auftakt gewesen. Aber unser Abhol- und Lieferservice läuft besser als gedacht", sagt Wagner. Mit einem Koch und zwei Lieferboten, die auf 450-Euro-Basis angestellt sind, bietet Wagner ihre Speisen an. "Viele Anwohner sagen, dass sie sonst selbst kochen. Doch sie bestellen jetzt bei mir, um mich zu unterstützen. Das ist großartig", findet Wagner.

Als Verpächter der Anlage verlangt die Gemeinde aufgrund der Situation im April keine Pacht. Die Münchsteinacher Brauerei Loscher half mit Kühltruhen aus. Wagner kann so kostendeckend arbeiten. "Die Gemeinde hat mir auch für die Zukunft Unterstützung zugesichert. Daher bin ich optimistisch, was die Zukunft angeht", erklärt die Pächterin.