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Zeugnisse bringen Lehrer ins Schwitzen


Autor: Martin Kreklau

Höchstadt a. d. Aisch, Montag, 29. Juli 2013

Die Zeugnisse stehen an und das bedeutet für Lehrer auch bei der größten Hitze viel Arbeit. Besonders an der Grundschule sind die Bewertungen eine Herausforderung.
Kommen zum Ende des Schuljahres ins Schwitzen: Die Rektorin der Grund- und Mittelschule Mühlhausen, Gudrun Boss, und ihre Stellvertreterin Angelika Krodel.  Foto: Martin Kreklau


Während Schüler in der Sommerzeit am Wochenende im Freibad herumturnen, brüten ihre Lehrer über den Zeugnissen - gerade in der Grundschule. Denn hier sind ausführliche Texte vorgesehen, die eine genaue Beobachtung der Schüler während des Schuljahres erfordern.


Mehr Gutachten als Zeugnis

"Es ist mehr ein Gutachten als ein Zeugnis", sagt die Schulleiterin der Grund- und Mittelschule Mühlhausen, Gudrun Boss. Neben den Fähigkeiten in den einzelnen Fächern müssen die Klassenlehrer auch allgemein das Sozial- und Arbeitsverhalten ihrer Schüler genau beschreiben. "Wie arbeitet der Schüler im Unterricht mit? Wie geht er mit Konfliktsituationen um? Solche Fragen stehen dabei im Vordergrund", erklärt Konrektorin Angelika Krodel.

Die Beurteilungen seien sehr differenziert.

Als Lehrer müsse man deshalb immer ganz genau hinschauen - ein enormer Aufwand. "Trotzdem legen Eltern immer noch sehr viel Wert auf die Noten", sagt Boss, "obwohl sie aus meiner Sicht weniger aussagekräftig sind." In den Zeugnistexten werde auf die einzelnen Aspekte des Lehrplanes eingegangen. Im Fach Deutsch sind das zum Beispiel Vorlesen, Gesprächsführung, Textverständnis und Schreiben. Zu jedem der Punkte formulieren die Lehrer eine Bewertung und heben hervor, was dem Schüler gut gelungen ist und was weniger.

"Man kann die Kinder nur fördern, wenn man ihre Stärken und Schwächen kennt", sagt Boss. Und die ließen sich, auch für die Eltern, mit den Zeugnistexten deutlich leichter nachvollziehen als mit herkömmlichen Noten. Deshalb ergänzen die Lehrer noch eine weitere Textpassage am Ende des Zeugnisses in der sie Förderansätze beschreiben. "Damit die Eltern genau wissen, wo sie konkret nachhelfen müssen", so Boss.

Früher sahen die Zeugnisse noch etwas anders aus. Da gab es nur ein paar Zeilen für Bemerkungen und darunter die Noten. Damals hatten die Lehrer weniger Arbeit damit. Allerdings, das betonen Boss und Krodel, werde das heutige System den Kindern viel gerechter.

Um es den Lehrern einfacher zu machen, habe man eine Zeit lang versucht, mit vorgefertigten Textbausteinen zu arbeiten. Allerdings habe man diese Methode schnell wieder verworfen. "Das klang einfach immer sehr holprig", so Krodel.

Besonders heikel wird es in der vierten Klasse, wenn der Übertritt an die weiterführenden Schulen ansteht. Das deutsche Schulsystem, so Boss, sei darauf ausgelegt, auszusortieren - auch ein Grund dafür, dass sowohl Eltern als auch Schüler hauptsächlich auf die Zensuren achten. Sogar die Erstklässler, die noch gar keine Noten bekommen, stellen schon Fragen wie: "Wäre das jetzt eine Eins?"

Aus pädagogischer Sicht, da sind sich Krodel und Boss einig, sind Noten überflüssig. In den skandinavischen Ländern sei man schon einen Schritt weiter. "Da gibt es individuelle Förderpläne für jedes einzelne Kind", sagt Boss. Hierzulande sei eine Veränderung sehr schwierig, die Noten abzuschaffen nahezu unmöglich. "Wir sind dahingehend einfach sozialisiert", sagt die Rektorin. Die sechs Notenstufen hätten sich über die Jahrzehnte eingeprägt.

Die Schüler gehen mit den Bewertungen indes entspannt um. "Wenn man sie für etwas lobt, sie aber darauf hinweist, dass sie sich an anderer Stelle verbessern müssen, sind die Schüler zufrieden", sagt Krodel. Druck komme meist von daheim.