Druckartikel: Zeitzeugen des Zweiten Weltkriegs erzählen beim Kreisverband Erlangen-Höchstadt

Zeitzeugen des Zweiten Weltkriegs erzählen beim Kreisverband Erlangen-Höchstadt


Autor: Mona Lisa Eigenfeld

Adelsdorf, Sonntag, 19. Oktober 2014

In einer Veranstaltung unter dem Motto "Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen" des Kreisverbands Erlangen-Höchstadt berichteten Zeitzeugen des Zweiten Weltkriegs. Die Resonanz war mager. Mit einem Kommentar von Mona Lisa Eigenfeld.
Die drei Zeitzeugen (von links) Bernhard Lindner, Kurt Sternitzke und Rolf Klevesahl standen Rede und Antwort. Foto: Mona Lisa Eigenfeld


"Als wir Kinder waren, war es in Mode, Soldat zu spielen", erinnert sich Kurt Sternitzke. Doch dann wurde aus Spaß plötzlich ernst.

Sternitzke war einer von drei Zeitzeugen des Zweiten Weltkriegs, die im Rahmen der Gedenkveranstaltung des Bayerischen Soldatenbundes (BSB) von ihren Erfahrungen berichteten. Unter dem Motto "Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen" erinnerte der Kreisverband Erlangen-Höchstadt am Samstagnachmittag anlässlich des 100. Jahrestages an den Ausbruch des Ersten sowie 75 Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkriegs an dieses "dunkelste Kapitel deutscher Geschichte". "Wir wollen zeigen, was Krieg für den Einzelnen bedeutet", erklärt BSB-Kreisvorsitzender Frank Greif die Idee hinter der Veranstaltung. Ein Jahr Planung steckte in dem Nachmittag, den Greif in Zusammenarbeit mit Kreisgeschäftsführer Ralf Olmesdahl auf die Beine gestellt hatte. Die Bewirtung sowie einen großen Teil der Organisation übernahm dabei der Aischer Krieger- und Soldatenverein, der in der Adelsdorfer Aischgrundhalle mit 15 Personen im Einsatz war. Für einen würdevollen Rahmen sorgte ein kleines Ensemble der Adelsdorfer Musikanten, das verschiedene Musikstücke vortrug.

"Pflicht jedes Einzelnen"

Als "Mahnung und um Respekt zu zollen" hält Adelsdorfs Bürgermeister Karsten Fischkal (FW) ein solches Gedenken für besonders wichtig. Diese Ansicht vertritt auch Pfarrer Thomas Ringer, der in seiner kurzen Andacht die Frage "Ist die Menschheit denn klüger geworden?" aufwarf. Sein Resümee: Nicht unbedingt. Gerade deshalb sei es die Pflicht jedes Einzelnen, Tendenzen von Hass und Anfeindung durch eine "Kultur des Dialoges" entgegenzuwirken. Denn auch, wenn es in Deutschland nach den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts kaum noch Menschen geben dürfte, die Krieg als moderates Mittel zur Lösung politischer Konflikte betrachten, sehe es im Rest der Welt doch zum Teil ganz anders aus.

Über die Ursachen und Auswirkungen des Ersten Weltkriegs berichtete Gerhard Fritz von der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch-Gmünd. Er ging in seinem Vortrag nicht nur auf die Entwicklung der Soldatenuniform, Kriegsverletzungen und auf Details über die Bewaffnung der verschiedenen Kampfkräfte ein, sondern räumte auch mit Vorurteilen auf. So sei der Erste Weltkrieg zwar eine "sinnlose", aber keineswegs eine "ideenlose Schlächterei" gewesen. Schließlich habe man immer versucht, neue Waffen zu entwickeln und einzusetzen. Als Paradebeispiel nannte Fritz die englischen Tanks. Zudem erklärte er, warum zu Beginn des Krieges noch eine deutliche Mehrheit in Europa gegen eine bewaffnete Auseinandersetzung plädierte und der Umgang mit Kriegsgefangenen recht human ausgesehen hatte.

Spektakuläre Flucht

Für viele Zuhörer erschreckend war die Tatsache, dass allein in Deutschland, Österreich und Ungarn etwa eine Million Menschen aufgrund von Hunger starben. Grund hierfür sei die Seeblockade Englands gewesen, die zu extremer Hungersnot geführt habe. Für den Historiker Fritz war der Zweite Weltkrieg nur logische Konsequenz des Ersten. "Es gab zwar einen Waffenstillstand, aber keinen vernünftigen Friedensvertrag", beklagt er. Auf die Geschehnisse in der Zeit zwischen 1939 und 1945 gingen dann neben Kurt Sternitzke auch Bernhard Lindner und Rolf Klevesahl ein. Alle drei waren im Zweiten Weltkrieg aktiv und stellten sich im Rahmen einer abschließenden Podiumsdiskussion den Fragen von Fachautor Michael Ehlers.

Der 1922 geborene Lindner aus Marloffstein wurde 1941 eingezogen und zum Panzerfahrer ausgebildet. Ausführlich berichtete der alte Herr in Adelsdorf von seiner spektakulären Flucht vor den Amerikanern und wie ihm eine Bäuerin, ein liegengebliebener Panzer und ein französischer Kriegsgefangener einst das Leben gerettet hatten. Der Wahl-Erlanger Rolf Klevesahl erlebte als Jugendlicher in seiner Heimatstadt Lübeck den ersten größeren Luftangriff auf eine deutsche Stadt und berichtete von diesem einschneidenden Erlebnis. Gespannt lauschten die rund 60 Besucher den Zeitzeugen. Unter ihnen befanden sich unter anderem Landrat Alexander Tritthart (CSU) und der Landtagsabgeordnete Walter Nussel (CSU) sowie zahlreiche Vertreter der Städte und Gemeinden des Landkreises. Insgesamt hatten sich die Organisatoren jedoch mehr Zuspruch erhofft. "Wir haben schließlich auch Einladungen an Schulen verschickt", berichtet Gerlinde Lay vom Krieger- und Soldatenverein Aisch.


Kommentar von Mona Lisa Eigenfeld - Keine jungen Menschen da


Was geht mich das noch an?" fragen sich viele junge Menschen in Bezug auf die Gräueltaten des Zweiten Weltkriegs. Zu viele.

Dabei geht Geschichte uns alle etwas an. Und das hat nichts damit zu tun, sich schuldig für die Vergangenheit des eigenen Heimatlandes fühlen zu müssen. Sondern damit, ein Bewusstsein für Recht und Unrecht zu entwickeln. Damit, sich zu vergegenwärtigen, was noch vor kurzer Zeit in Deutschland möglich war. Nicht mehr lange werden Zeitzeugen über ihren eigenen Einsatz an der Front berichten können.

Umso nachdenklicher stimmt mich die Tatsache, dass bei einer Veranstaltung wie der in Adelsdorf junge Menschen quasi nicht anzutreffen waren. Ob das dem schönen Wetter oder der Kirchweih zuzuschreiben war, sei dahingestellt. Hier wird Tradition schließlich auch noch groß geschrieben.

Gerade in einer schnelllebigen Zeit wie der unseren sollte man sich deshalb nicht fragen "Was geht mich das an?", sondern "Was können wir aus der Vergangenheit lernen?".

Frieden ist schließlich nicht so selbstverständlich wie er scheint und Krieg viel näher als wir denken.
Es ist an uns allen, über den Tellerrand zu blicken und das Bewusstsein für die Vergangenheit in irgendeiner Form aufrechtzuerhalten. Denn nur so kann sich die Geschichte nicht wiederholen.