Druckartikel: Wie können Bürger Asylsuchenden Wohnraum anbieten?

Wie können Bürger Asylsuchenden Wohnraum anbieten?


Autor: Christian Bauriedel

, Mittwoch, 16. Sept. 2015

Flüchtlinge bei sich zu Hause oder in einer privat vermieteten Wohnung aufnehmen: Geht das so einfach? Eine Übersicht, was Menschen, die im Landkreis Erlangen-Höchstadt helfen wollen, beachten müssen.
Flüchtlingen eine private Unterkunft zu ermöglichen, ist gar nicht schwer, wenn man als Vermieter bestimmte Dinge beachtet.  Foto: Thomas Ahnert, Retusche: Franziska Schäfer


Habe ich noch Kleidung die ich abgeben kann? Oder soll ich lieber etwas auf das Spendenkonto überweisen, weil die Kleidung ja immer erst sortiert werden muss? Viele Menschen sitzen zur Zeit vor dem Fernseher und fragen sich angesichts der Not der Flüchtlinge: Wie kann ich persönlich helfen?
Sicher gibt es Menschen, die viel Platz in ihrem Haus haben. Hier könnten Flüchtlinge wohnen. In der Einliegerwohnung, die seit dem Tod der Großeltern leer steht.

Im Dachgeschoss, in dem die Kinder gelebt haben, bis sie zum Studieren weg gezogen sind. Oder in der kleinen Eigentumswohnung, die man sich als Geldanlage gekauft hat. Nun stellt sich die Frage: Geht das überhaupt so einfach, Flüchtlinge privat aufnehmen?
Zuständig für die Unterbringung von Asylbewerbern ist das Landratsamt Erlangen-Höchstadt. Dorothea Ackermann, Sachgebietsleiterin für Soziales, antwortet auf die wichtigsten Fragen.




1.Kann jeder in einer Privatwohnung Asylbewerber unterbringen?
Grundsätzlich ja. Die Wohnung muss baurechtlich genehmigt sein, das heißt, ein genehmigter Bauplan für die Wohnung muss vorliegen.


2.Muss es eine abgeschlossene Wohneinheit sein, oder geht es auch in Form einer WG beziehungsweise im Obergeschoss?
Es sollte sich grundsätzlich um abgeschlossene Wohneinheiten handeln, um den Flüchtlingen eine angemessene Privatsphäre einräumen zu können. Wer helfen möchte und noch ein Zimmer frei hat, beispielsweise dort, "wo früher die Kinder gewohnt haben", der kann einen anerkannten Flüchtling bei sich aufnehmen. Wir suchen händeringend auch nach solchen dezentralen Unterbringungsmöglichkeiten.


3.Wie sind die konkreten Auflagen, zum Beispiel bei Quadratmeterzahl, Ausstattung oder Brandschutz?
Die Bestimmungen lagen bislang analog den Anforderungen für Gemeinschaftsunterkünfte: sieben Quadratmeter Wohn- und Schlaffläche pro Person, Mindestmaß an sanitären Anlagen, gegebenenfalls getrennt nach Frauen und Männern. Die Wohnung sollte nicht mit Holz- oder Ölöfen beheizt werden, um mögliche Brandgefährdungen zu vermeiden. Bei größeren Objekten muss der Brandschutz gewährleistet sein.


4.Können in jeder Ortschaft, auch in kleinen Dörfern, Asylbewerber aufgenommen werden? Oder muss bestimmte Infrastruktur vorhanden sein?
Da die Flüchtlinge mobil sein müssen, sollte zumindest in der Nähe der Ortschaft eine Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz vorhanden sein, um Einkäufe, Arzt- und Behördenbesuche erledigen zu können.


5.Muss ich selbst noch mehr tun, als nur den Wohnraum zur Verfügung stellen?
Nein, die Betreuung vor Ort erfolgt durch Asylsozialarbeiter und Hausmeister des Landratsamtes. Es wäre aber hilfreich, wenn Vermieter bei kleinen Alltagsproblemen wie etwa bei Mülltrennung, Infrastruktur oder Orientierung im Ort für die Flüchtlinge ansprechbar wären.


6.Kann ich die neuen Bewohner vorher kennenlernen beziehungsweise auswählen?
Die Zuweisung erfolgt zentral durch die Regierung von Mittelfranken. Das Landratsamt hat keinen Einfluss auf Alter, Geschlecht, Familienstand oder Nationalität der zugewiesenen Personen. Eine "Vorauswahl" durch die potenziellen Vermieter ist nicht möglich.

7.Wie groß ist das Risiko, dass die Asylbewerber schon nach zwei Wochen wieder umziehen müssen?
In der Regel dauert das Asylverfahren mehrere Wochen oder Monate. Nach Anerkennung können die Flüchtlinge eigenen Wohnraum suchen.


8.Stichwort Kündigungsfrist: Könnte ich die Bewohner, wie "normale" Mieter auch wieder kündigen, falls es zu Problemen kommt?
Das Mietverhältnis wird mit dem Landratsamt Erlangen-Höchstadt im Auftrag des Freistaates Bayern abgeschlossen. Die Kündigungsfristen richten sich nach den gesetzlichen Bestimmungen. Sollten Probleme auftreten, empfehlen wir, Asylsozialarbeiter, Hausmeister oder die Mitarbeiter des Sozialamtes anzusprechen.


9.Wer bezahlt die Miete? Gibt es eine Sondervergütung für Asylbewerber und wie hoch ist sie?
Die Mietzahlung wird vom Landratsamt Erlangen-Höchstadt veranlasst. Die Mietpreise richten sich nach den ortsüblichen Mieten zuzüglich eines angemessenen Zuschlages, für die intensivere Nutzung des vermieteten Wohnraumes, da mehr Personen untergebracht werden, als bei einer "normalen" Vermietung. Die Höhe dieses Betrags ist Verhandlungssache.


10.An wen wende ich mich, wenn ich Interesse habe?
Interessenten melden sich bei Sabine Wunder vom Landratsamt Erlangen-Höchstadt unter der Nummer 09193/20560 oder per E-Mail an die Adresse: sabine.wunder@erlangen-hoechstadt.de


11. Und wie ist die Resonanz? Sind schon viele Asylbewerber im Landkreis Erlangen-Höchstadt privat untergebracht worden?
Der Landkreis ist dringend darauf angewiesen, dass geeigneter Wohnraum zur Verfügung steht. Derzeit sind 685 Asylbewerber dezentral im Landkreis untergebracht. 36 anerkannte Flüchtlinge wohnen noch in dezentralen Unterkünften und haben bislang keine eigene Wohnung gefunden. Dazu kommen rund 160 Personen in Notunterkünften und rund 100 Personen in der staatlichen Gemeinschaftsunterkunft in Höchstadt.