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Weisendorfer Taekwon-Do-Schule übt nach Meister Kwon


Autor: Michael Busch

Weisendorf, Sonntag, 03. März 2019

Ein hoher Sprung, dreimal zuschlagen. Nicht nacheinander, sondern zur selben Zeit. In der Halle in Großenseebach wurde kräftig trainiert.
Demonstration der Körperbeherrschung im Weisendorfer Dojo: Taekwon-Do ist deutlich mehr als "nur" eine Kampfsportart. Es geht um Konzentration, Kraft und einer Einstellung zum Sport, aber auch zum alltäglichen Leben.    Fotos: Michael Busch


"Chariot Sogi", "Guburyo Sogi" und "Jumok Jirugi" ist aus der Großenseebacher Grundschulturnhalle zu hören. Ab und zu Kampfschreie. Der Spaziergänger, der im Februar an dieser Halle vorbeiging, war angesichts dieser Laute sicherlich überrascht. Es wusste ja auch keiner, dass sich die Halle für rund zwei Stunden in eine Kampfsportarena verwandelt hatte. Die Weisendorfer Taekwon-Do-Schule unter der Leitung von Jochen Krämer hatte zum Lehrgang eingeladen.

Allgegenwärtig: Meister Kwon

Und der freut sich angesichts dieses Tages, denn: Schulen aus ganz Süddeutschland kamen, um von Joachim Reinhardt, der den siebten Dan besitzt, zu lernen. Er reiste aus Kempten an, um den Lehrgang für die über 70 Sportler zu leiten. Er ist einer der höchsten Danträger, direkt von Großmeister Kwon, Jae-Hwa bestellt. Meister Kwon, wie er liebevoll genannt wird, ist der Begründer des Taekwon-Do in Europa. Vor über 50 Jahren hat er diese Kampfkunst, die auch eine gewisse Lebenseinstellung verlangt, aus Korea mitgebracht, und lebt sie uns bis heute vor.

Meister Kwon ist auch in der Trainingshalle in Weisendorf allgegenwärtig. Bilder von ihm hängen an der Wand und zieren Kalender. "Er ist eine lebende Legende", sagt Jochen Krämer.

Es ist ein ganz normaler Trainingsmontag in Weisendorf. Gut 20 Sportler sind in den Dojo gekommen, dem Trainingsort für das traditionelle Taekwon-Do. Die Teilnehmer kommen aus allen Altersklassen, der Älteste Teilnehmer ist 70 Jahre alt, die Jüngsten Teenager. Es sind gleichermaßen Frauen und Männer, die dem Sport frönen, es sind die unterschiedlichsten Lebensgeschichten. Es eint sie aber die Freude an einem Sport, der sich von so vielen anderen Kampfsportarten abhebt.

"Wir berühren uns nicht", erklärt Krämer. Anfänger trainieren in größerer Distanz, bei den Schwarzgurtträgern, der höchsten Qualifikation sind die Füße schon mal nur noch wenige Zentimeter vom Gesicht des Partners entfernt. Wichtig ist ihm, dass dieser Sport und dieser Ort keinen Raum bieten, um schnell ein paar Tricks für die nächste Schlägerei zu bekommen. "Bei unseren Kämpfen gibt es keine Gewinner und keine Verlierer, weil wir eben keinen so angehen, dass er aus Erschöpfung oder wegen eines K.O. nicht mehr kämpfen kann."

Der koreanische Sport stärkt das Selbstbewusstsein und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. "Es ist eine Lebensphilosophie, die damit einhergeht", sagt der Schwarzgurtträger und Trainer Krämer. Die Kämpfer verneigen sich, wenn sie den Kampfplatz betreten. "Wir lassen den Alltag hinter uns, um mit freiem Kopf den Sport zu betreiben."

Keine Halbstarken und Poser

So nebenbei: Wer sich an dem Wort Kämpfer stört, wird schnell aufgeklärt. "Es sind Kämpfe, die hier ausgefochten werden. Mit den anderen zusammenzuarbeiten, alleine eine Vorführung zu machen, Kämpfe, die jeder mit sich austrägt", sagt Krämer. Beim Verlassen des Platzes wird sich im Übrigen wieder verneigt. Der unter Umständen schlechte Trainingstag wird auf diese Art und Weise ebenso zurückgelassen wie ein guter Trainingstag.

Auffällig ist, dass bei den Trainierenden keine Halbstarken sind, Poser, die zeigen, dass sie Techniken beherrschen, die im Ernstfall wehtun können. Es sind ganz normale Menschen, körperlich meist unauffällig. Auffällig ist auch, das trotz des intensiven Trainings, trotz der harten Ansagen des Trainers, welche Übung zu absolvieren ist, trotz des Schweigens während des Trainings, es allen Spaß macht. Das beobachtet man vor allem, wenn es darum geht, mal ein Brett oder einen Stein zu zerschlagen. Es sieht spektakulär aus, hat aber im Training nur geringe praktische Bedeutung, heißt es in der Fachliteratur. Diese Fähigkeit ergibt sich aus dem konsequenten Training von Kraft, Schnelligkeit und Genauigkeit einer Technik. Der Bruchtest erfordert eine präzise Technikausführung mit exaktem Brennpunkt, Kraft und Schnelligkeit. Nur eine korrekt ausgeführte Technik bringt das Brett zum Brechen, den Stein zum Zersplittern.

Aus Karate entstanden

Das Besondere bei Taekwon-Do ist aber auch die Herkunft des Sportes. Es ist ein recht junger Sport, der erst nach 1945 aus dem japanischen Karate entstand. In Verbindung bringt man den Sport immer mit Kwon Jae-Hwa. Meister Kwon, wie er in der Regel genannt wird, wurde 1937 in Fusan geboren. Schon in jungen Jahren erhielt er Unterricht in Taekwondo und zeigte sich außergewöhnlich talentiert. Bis vor wenigen Jahren trainierte dieser noch selbst und auch Jochen Krämer hatte das Glück, mit weiteren Taekwondo-Kämpfern bei dem Meister persönlich zu lernen. Allerdings in den USA, Kwon reist seit 2013 nicht mehr nach Deutschland.

Bei einer Veranstaltung wie in Großenseebach wird die Verbindung aber aufrechterhalten. Joachim Reinhardt ist einer von drei ranghohen Dan-Trägern, die mit Kwon in Kontakt stehen und in Deutschland unterrichten.

"Ein neuer Weg beginnt mit dem ersten Schritt" ist das Motto, das für die Schule in Weisendorf gilt. Unter www.taekwondo-weisendorf.de gibt es mehr Informationen. Krämer macht Werbung für seinen Sport: "Diese Art des Trainings ermöglicht es, der ganzen Familie zusammen zu trainieren und bis ins hohe Alter fit und beweglich zu bleiben."

Und gefeiert wird aber auch. Als es im Februar in der Turnhalle ruhig wurde, ging es in Weisendorf weiter. Am Abend traf man sich in der Taekwon-Do-Schule, die sich im Gewerbegebiet Ost befindet, zum Essen und Feiern. Es ist halt auch ein Stück Lebensphilosophie.