Wasserschutzgebiet Uehlfeld als Standortnachteil
Autor: Christian Bauriedel
Uehlfeld, Montag, 22. Mai 2017
Mit einer Klage vor dem Verfassungsgericht gehen die Gemeinde Uehlfeld und die Eigentümer-Schutzgemeinschaft gegen das erweiterte Wasserschutzgebiet vor.
Er habe in seiner ganzen Amtszeit noch keinen einzigen Quadratmeter Gewerbefläche verkauft. Schuld sei "der Drache, der sich über unsere Gemeinde gestürzt hat." Uehlfelds Bürgermeister Werner Stöcker (CSU) deutet auf eine Karte an der Tür seines Büros.
Darauf ist das mittlerweile erweiterte Wasserschutzgebiet eingezeichnet. Uehlfeld liegt genau in der Mitte. Dass Stöcker den Umriss des Gebiets mit einem gefräßigen Raubtier vergleicht, ist kein Wunder. Denn für ihn bringe es nur Probleme für die Entwicklung der Gemeinde mit sich.
Der verschärfte Wasserschutz, der per Dekret von ganz oben (CSU-Umweltministerin Ulrike Scharf) beschlossen wurde, obwohl es vor Ort (Landräte Erlangen-Höchstadt und Neustadt sowie Stöcker) Protest gab, bringt etliche Auflagen mit sich.
Strenge Auflagen
Die Liste reicht vom Verbot von Untertagebergbau und militärischer Übungen bis hin zu ganz detaillierten Regelungen, was alles nicht mehr oder nur unter scharfen Vorschriften möglich ist. Das betrifft den Bau von neuen Häusern (nur noch ohne Keller, keine Ölheizungen), den Straßenbau (nur doppelrohrige Abwasserleitungen) und die Landwirtschaft (eingeschränktes Düngen). Und natürlich auch das Gewerbe. Fragt man zum Beispiel Timo Tobolla nach dem Wasserschutzgebiet, stößt man nicht auf Begeisterung. Eher auf völliges Unverständnis. Tobolla ist Geschäftsführer der Firma Hombach in Uehlfeld. Vor 15 Jahren hat der heute 41-Jährige den Betrieb vom Vater übernommen. Hombach stellt Verkleidungen und Einhausungen aus Kunststoff für Geräte, vor allem in der Medizintechnik, her.
Firma expandiert stetig
Seit Jahrzehnten sei man auf Wachstumskurs, etwa alle drei Jahre habe man am Sitz in der Veit-vom-Berg-Straße angebaut. Die Mitarbeiterzahl hat sich in 15 Jahren auf heute 110 verdoppelt. Derzeit läuft der Bau einer neuen Fertigungshalle. Die Lackiererei wird erweitert. Und eigentlich soll auf dem Grundstück gegenüber im Juli eine neue Lagerhalle stehen. Im Moment steht dort allerdings nur ein Festzelt. Es dient als Provisorium. Denn nachdem drei Tage vor Silvester letzten Jahres das erweiterte Wasserschutzgebiet durchgedrückt wurde, hat die Firma beschlossen, den Bauplan noch einmal vom Landratsamt auf seine - im wahrsten Sinne - Wasserdichtigkeit überprüfen zu lassen. "Sicher ist sicher", sagt Tobolla. Denn nichts wäre schlimmer, als eine fertige Halle, die gegen die Auflagen verstößt.
Die neue Montagehalle wurde noch vor der Ausweitung genehmigt. "Ob wir die Halle so hoch hätten bauen können wie jetzt, ist fraglich", so Tobolla. Denn die Fundamenttiefe im Wasserschutzgebiet ist begrenzt.
Das Wasserschutzgebiet könnte ein Standortnachteil werden. Sein Unternehmen ist schon seit Jahrzehnten hier und werde auch bleiben, sagt Tobolla. Aber Expandierungspläne würden jetzt schwieriger. Hombach habe 10 000 Quadratmeter von der Gemeinde gekauft. Es sei möglich, dass man noch weiter wachsen will, sich ein zuarbeitender Betrieb ansiedeln möchte. "Wenn das Wasserschutzgebiet vier Jahre früher gekommen wäre, hätten wir das Grundstück wohl nicht erworben", sagt Tobolla.
Ein weiterer Punkt sei, dass das Unternehmen - wollte man es vielleicht irgendwann einmal verkaufen - durch die Lage in einem Wasserschutzgebiet an Wert verliert.
Auch die Fachkräfte, die Hombach braucht und die immer gerne nach Uehlfeld gezogen sind, könnten es sich künftig zwei Mal überlegen. Denn auch beim Einfamilienhäuschen gibt es Einschränkungen.
Klar brauche es Naturschutz, sagt Tobolla, der weder Ultrakapitalist noch Wutbürger ist. Aus seiner Sicht, hätten die bestehenden kleineren Wasserschutzzonen um die 13 Brunnen herum gereicht. Warum die Fernwasserversorgung Franken, ein kommunaler Zweckverband, nicht einfach neue Brunnen im Wald erschließt, wo der Wasserschutz niemanden stört, sondern bebautes Gebiet einschließt, sei unverständlich.
Tobolla wittert, dass es dem Fernwasser-Verband rein um wirtschaftliche Interessen geht. Auch Bürgermeister Stöcker sieht das so. Aber wenn nicht der Wasserschutz im Fokus ist: Was sind die wahren Gründe für die Erweiterung des Gebiets? Stöcker hört schon die Privatisierung der Wasserversorgung anrauschen: "Umso größer ein Schutzgebiet, desto größer das Tafelsilber, das Kommunen verkaufen können, um sich zu entschulden."
Nestlé künftig am Wasserhahn?
Er werde alles tun, um zu verhindern, dass die Brunnen irgendwann Firmen wie Nestlé oder Vattenfall gehören. Auch für Tobolla gehöre das Wasser, wie auch kommunale Krankenhäuser, zur Grundversorgung. Und da habe Gewinnstreben nichts verloren. Derzeit läuft die gemeinsame Normenkontrollklage der Gemeinde Uehlfeld und der Eigentümer-Schutzgemeinschaft an. Dann entscheiden Verfassungsrichter. Mit einem Urteil rechnet Stöcker in zwei bis drei Jahren. Doch dann, das sagt Tobolla, herrsche endlich Rechtssicherheit im "Reich des Drachens".