Druckartikel: Vorsicht vor Reh, Wildsau und Co.

Vorsicht vor Reh, Wildsau und Co.


Autor: Pauline Lindner

, Donnerstag, 17. Oktober 2013

Die Zahl der Wildunfälle stieg im Landkreis Erlangen-Höchstadt im vergangenen Jahr um 15 Prozent - von 503 auf 580.
Die Wucht, mit der ein Reh bei Tempo 60 in ein Auto kracht, entspricht dem Gewicht eines Rindes. Foto: Archiv


Ein Auto fährt in den späten Abendstunden auf einer Waldstrecke im Landkreis. Plötzlich läuft von links ein großes Tier auf die Straße - und ein Nashorn donnert aufs Fahrzeug. Klar, ein Nashorn läuft dort nicht frei herum. Aber die Wucht eines Wildschweins entspricht 3,5 Tonnen - oder eben dem Gewicht eines Nashorns, wenn das Auto etwa 60 Stundenkilometer drauf hat. Das hat der ADAC in einem Crashtest bewiesen.

Ein Rehbock bringt es da auf ein Aufprallgewicht von 800 Kilogramm, so viel wie ein Rind wiegt.

Die Wahrscheinlichkeit eines Wildunfalls ist nicht gering, auch wenn die Schwarzkittel erst an dritter Stelle der vierbeinigen Straßenquerer rangieren. 580 Mal kollidierte 2012 im Landkreis Erlangen-Höchstadt Wild mit Fahrzeugen - ohne die Wildunfälle auf den Autobahnen. Im Jahr vorher waren es "nur " 503 Unfälle.



Drei Viertel alle Wildunfälle werden im Kreis durch Reh- und Damwild ausgelöst, überwiegend auf den Kreis- und Staatsstraßen. Als überörtliche Verbindungen verlaufen sie nicht selten an Waldgebieten entlang oder durch sie hindurch.

An zweiter Stelle rangieren als Verursacher Hasen und Kaninchen. 59 Mal riskierten sie im Landkreis das Queren mit wohl meist tödlichen Folgen für sie. Erst auf Rang drei steht das Schwarzwild. Nur 28 Sauen oder Eber legten sich auf der Straße mit einem Auto an. Allerdings sind die Unfallfolgen dann besonders schwer - wegen des hohen Körpergewichtes.

Erstaunlicherweise verursachten nur zwei Dachse und acht Füchse Unfälle mit Verkehrsteilnehmern. Das kam im übrigen Mittelfranken deutlich häufiger vor. Fünfmal lösten Vögel, genauer Greifvögel und Flugwild, also hauptsächlich Enten und Gänse, die Unfälle aus.

"An mir laufen inzwischen die meisten Wildunfälle vorbei", ist Stefan Stirnweiß, der Revierförster in Röttenbach, froh. Und zwar deshalb, weil es sich herumgesprochen hat, dass die Polizei, nicht die Forstverwaltung der richtige Ansprechpartner ist.

Zum Röttenbacher Forstrevier gehört das größte zusammenhängende Waldgebiet im Landkreis, der Markwald. Noch dazu eines mit einem dichten Wildschweinbestand. "Noch vor sechs Wochen habe ich Frischlinge mit Streifen gesehen. Die sind erst im August geboren worden", berichtet Stirnweiß und rät dringlich, das ganze Jahr über gut aufzupassen.

"Die Tendenz der Wildunfälle ist allgemein steigend, auch für 2013", sagt Polizeisprecherin Simone Wiesenberg.

"Allerdings laufen Wildunfälle in der Regel ohne schwerwiegende Folgen ab. "

In der Region Mittelfranken-Ost - dazu zählen der Landkreis Erlangen-Höchstadt, die Kreise Nürnberger Land und Roth sowie die Städte Erlangen und Schwabach - wurden 2012 bei Wildunfällen 22 Personen verletzt. In zehn Jahren kam in diesem Raum ein Mensch ums Leben, fand Wiesenberg im Archiv heraus.

Die Auswertung der Polizeistatitik zeigt, dass in Brunftzeiten mehr gefährlicher Querverkehr stattfindet.

Und auch die Lebenserfahrung, dass Wild abends und morgens am liebsten Straßen quert, bestätigt sie. Unfallschwerpunkte sind die Zeitspannen zwischen 21 und 23 Uhr und zwischen fünf und neuen Uhr am Morgen.
Auch wenn sich Stirnweiß' Erfahrung nach Wildschweine und Rehe an die Hauptverkehrszeiten angepasst hätten, bringt sie die Zeitumstellung von Sommer- auf Winterzeit ganz schön durcheinander. "Für sie ist dann eine Stunde früher oder eben später die Stoßzeit."

Den Anstieg der Wildunfälle um 15 Prozent in nur einem Jahr hat der Landkreis Erlangen-Höchstadt mit dem Landkreis Roth gemeinsam. Diese Steigerungsquote hält Wiesenberg für typisch in relativ waldreiche Landstrichen wie um Nürnberg herum. Der starke Anstieg bayernweit hat inzwischen das Innenministerium und die Jagdverbände handeln lassen. An Stellen mit besonders häufigen Wildkollisionen wurden blaue Reflektoren angebracht, die das Licht der Autoscheinwerfer in den Wald werfen.