Druckartikel: Von wegen verstaubt: Spannende Schatzsuche im Stadtarchiv

Von wegen verstaubt: Spannende Schatzsuche im Stadtarchiv


Autor: Bernhard Panzer

Herzogenaurach, Montag, 25. Juni 2018

Vor dem Abbruch des Rathauses müssen Berge von alten Akten aussortiert werden. Was erhaltenswert ist, wird archiviert. Schlummern verborgene Schätze?
Irene Lederer und Christian Hoyer sichten und sortieren die Akten.  Foto: Bernhard Panzer


Die Augen der Archivare leuchten. Irene Lederer und Christian Hoyer sitzen in den Katakomben des Rathauses, hinter Bergen von Akten kaum zu erkennen. Die beiden Leiter des Stadtmuseums machen diese zusätzliche Arbeit im Archiv allerdings gerne. Denn was als verstaubt anmuten möchte, ist in Wahrheit überaus spannend. Es geht um die Suche nach verborgenen Schätzen.
Freilich ist es im Grunde "nur" die Aufgabe, sich auf den Umzug des Rathauses vorzubereiten. Das Gebäude aus den 60-er Jahren soll ja bekanntlich abgerissen und an Ort und Stelle neu gebaut werden. Das bedeutet, dass alle Abteilungen vorübergehend in ein Interimsgebäude umziehen müssen, voraussichtlich im November.
Das aber bedeutet auch, dass alle möglichen Akten, die in den jeweiligen Abteilungen in irgendwelchen Schränken lagern und verstauben, aussortiert und endgültig archiviert werden müssen. Denn was erhaltenswert ist, muss mit umziehen. Bis dahin wird überall noch ein freier Platz gesucht, im Archiv im Keller des Rathauses ist aber nur wenig Stauraum.


Sichten und Sortieren

"Es war unsere Idee", sagt Irene Lederer als Chefin von Museum und Stadtarchiv. Um zu verhindern, dass im Zuge des Umzugs einfach viele historisch vielleicht wertvolle Akten verloren gehen, habe man die Ämter aufgefordert, alles zu sichten. Was nicht sofort weggeworfen werden konnte, kam ins Archiv. Und da machten sich die Beiden ans detaillierte Aussortieren. Freilich bringt das eine massive Arbeit mit sich. So türmen sich die Kisten für den Abfall, aber auch die Kartons für Verwertbares. Zugrunde gelegt wird eine vom Bayerischen Gemeindetag herausgegebene Handreichung. Dieser Einheitsaktenplan für die bayerischen Gemeinden und Landratsämter fasst alle möglichen Abteilungen und Stichwörter in Zahlen. Damit lasse es sich tatsächlich leichter archivieren, sagt Christian Hoyer.
Am Freitag wurde "der Tiefbau abgehakt". Diese Abteilung ist nun erfasst. Aber der Großteil steht noch bevor. Wie viele Aktenordner wurden gesichtet? Kann man das in Zahlen fassen? Irene Lederer sagt, wie aus der Pistole geschossen: "Ne"! Ihr Kollege Hoyer ergänzt: "Wir haben die Ordner nicht gezählt. Es sind unzählige!"
Museumschefin Lederer freut sich auf die weiteren Sichtungen. Freilich schwingt da die Hoffnung mit, dass wirkliche Schätze zutage treten. "Ich verspreche mir spannende Sachen", sagt die Historikerin. Wer weiß, vielleicht schlummern in den Schränken der Stadt noch manch Geheimakten, wie über die Brüder Dassler, über die Amerikaner (Lederer: "Gab's da Spione?") oder noch viel weiter zurück. Und schon wieder ist da das Funkeln im Blick. Dass ein Lageplan über einen früheren Königshof gefunden würde, das ist freilich eher ein Luftschloss. Aber vielleicht lassen sich ja Erkenntnisse finden, woher der Name Herzogenaurach denn kommt. Im 14. Jahrhundert ist aus Uraha eine neue Bezeichnung geworden und der Name Herzog spielte eine Rolle. Um das herauszufinden, "haben schon viele Menschen viel spekuliert", sagt Lederer.
Die ersten Anekdoten wurden schon jetzt gesichtet. Und das war immerhin schon was zum Schmunzeln. So gab es in den 70er Jahren ein Schreiben der Stadt an das Wasserwirtschaftsamt in Bamberg, weil das damals oberfränkische Herzogenaurach Erkenntnisse zu einer Entwässerungsanlage haben wollte. In der Antwort wurde darauf hingewiesen, "daß bei Baumaßnahmen innerhalb des Genossenschaftsgebietes die Vorstandschaft zu hören ist." Dann wurden nach einem Protokoll aus dem Jahre 1910 vier Personen als Vorstandsmitglieder angeführt. Abschließend hieß es in dem von dem damaligen Regierungs-Baudirektor unterzeichneten Brief von 1970: "Inwieweit diese Personen noch als Vorstandsmitglieder tätig sind ... ist hier nicht bekannt."
Derlei Amtsschimmel wird man vielleicht öfters finden, bei der Sichtung der alten Akten. Und wer weiß, vielleicht tauchen ja tatsächlich wahre Schätze auf. Wir bleiben dran, wenn es Neues aus dem Stadtarchiv zu berichten gibt.