Vom guten Vorsatz zum Ziel
Autor: Heike Reinersmann
, Dienstag, 15. Januar 2013
Nach zwei Wochen im neuen Jahr lässt oft der Elan schon nach, sich mehr zu bewegen oder weniger zu essen. Drei Expertinnen aus der Region geben Tipps, wie man durchhält.
Entschlossen und willensstark - so beginnen viele von uns das neue Jahr und schwören sich: "Dieses Mal werde ich es schaffen!" Dabei ist die Auswahl der erwünschten Veränderungen unerschöpflich groß, doch zu den am meisten genannten Vorsätzen gehört in unserer Zeit wohl dieser: "Ich möchte mich mehr bewegen und an Gewicht abnehmen." Das sagt sich so leicht und ist so schwer durchzuhalten. Wie kommt das? Wie schaffe ich es trotzdem?
Im Gespräch mit drei Expertinnen lassen sich Antworten finden. Die Nordic-Walking-Trainerin Lisa Neidhardt bildet bereits seit Mai 2006 unter dem Dach des TSV Hemhofen Menschen aller Altersgruppen in diesem Bereich aus. Mindestens zwei Mal pro Woche zieht sie mit Gruppen von Nordic Walkern durch Feld, Flur und Wälder.
Begeistert erzählt Lisa Neidhardt: "Sport ist für mich ein Lebenselixier. Bewegung hält gesund und mit zunehmendem Alter ist es umso wichtiger, sich zu bewegen. Ich liebe es, an der frischen Luft zu sein." Auch die Nordic Walker sehen das so und gehen bei jeder Wetterlage auf die Strecke. "Wir haben am Donnerstagvormittag immer das Gefühl, dass gutes Wetter ist", scherzt Doris, die sogar die Anfahrt aus Erlangen in Kauf nimmt, um dabei zu sein.
Die Vorteile des preiswerten und überall auszuübenden Outdoor-Sportes fassen die Trainerin und Teilnehmer zusammen: "Nordic Walking ist ein Sport, der den gesamten Körper und auch die Seele sowie den Geist positiv beeinflusst. Es ist ein Sport für alle Altersgruppen und es ist nie zu spät, damit anzufangen." Die Bewegung in der Natur und somit in der frischen Luft führt dem Körper viel Sauerstoff zu. Der Stoffwechsel und die Fettverbrennung werden angekurbelt. Bei fachlich korrekter Ausbildung werden 90 Prozent der Muskulatur beansprucht. Nicht zu vergessen: Durch die kontinuierliche Bewegung an der frischen Luft wird das Immunsystem stabilisiert.
Die richtige Technik ist beim Nordic Walking von maßgeblicher Bedeutung, erklärt Lisa Neidhardt. Die Technik nennt sich Alfa, was so viel bedeutet wie: aufrechte Haltung, langer Arm, flacher Stock, angepasste Schrittlänge. Durch die Diagonaltechnik werde zudem die Koordinationsfähigkeit gesteigert, die für bessere Denkabläufe steht. Mit diesem speziellen Ganzkörperkonzept werden Kraft, Beweglichkeit und die Dehnfähigkeit trainiert. Als kostenlose Zugabe gibt es alles, was die Natur bietet, aber vor allem Licht und Sonnenschein für gesunde Knochen und einen kraftvollen Körper. Nicht zuletzt tragen der zwischenmenschliche Austausch und positive Erlebnisse in der Gruppe zur Entspannung bei. Das Ganzkörper-Konzept berücksichtigt stets das Ausdauertraining, die Kräftigung und Dehnung der Muskulatur sowie eine Entspannungsform wie beispielsweise Yoga, Chi Gong oder Tai Chi.
Ähnlich wie beim Thema Bewegung gibt es auch für eine gelingende Ernährungsumstellung nicht das einzig wahre Rezept, erklären die Apothekerin Heike Krammel aus Hausen sowie die selbständige Diplom-Ökotrophologin Antje Bartens aus Erlangen unisono. "Drastische Ernährungsumstellungen funktionieren auf Dauer nicht. Sie bergen wenig Nachhaltigkeit", weiß Heike Krammel. Die Veränderung von Ernährungsgewohnheiten sei sehr persönlich und einzigartig.
"Menschen sind verwirrt, kapitulieren oder resignieren angesichts der vielfältigen Ratschläge zum Thema gesunder Ernährung. In ihren Köpfen schwirren unterschiedlichste Schlagwörter wie: Obst und Gemüse essen - obwohl doch der Fruchtzucker auch nicht so gesund sein soll? War da nicht auch noch was mit mehreren kleinen Portionen am Tag? Oder vielleicht doch Esspausen und nur dreimal essen? Wie war das mit: nach 18 Uhr nichts mehr essen? Aber die mediterrane Kost auch mit den Spätmahlzeiten soll doch so gesund sein? Fett reduzieren, aber warum soll ich dann fetten Seefisch essen?" führt Heike Krammel aus, die Fachfrau für Ernährungsberatung, Gesundheitsförderung und Prävention sowie Mikronährstoffberatung.
Als Freund von individuellen Lösungen vermutet Gesundheitscoach Antje Bartens: "Jeder hat Ideen im Kopf und weiß, wo die persönlichen Knackpunkte liegen." Sie steht für einen systemischen Ansatz, bei dem das Essen möglicherweise Ausdruck für ein ganz anderes Bedürfnis ist. "In unserer Gesellschaft ist Essen unproblematisch erreichbar und schnell verfügbar. Mancher isst vielleicht, um sich vermeintlich etwas Gutes zu tun. Während er tief im Innern einen Partner für ein Gespräch gesucht hätte." Antje Bartens sieht, dass es im Zusammenhang mit Essen häufig Automatismen gibt. "Es wird gegessen, obwohl kein Hunger da ist. Es wird gegessen, weil es gerade lecker aussieht und herrlich duftet. Es wird gegessen, weil der Durst mit Hunger verwechselt wird. Es wird gegessen, weil ...". Essen sei seiner ureigensten Funktion beraubt worden.
Beide Expertinnen stimmen überein, dass sie den beliebigen Umgang mit Nahrung als Kernproblem unserer Zeit erkennen. Sie raten zu mehr Behutsamkeit bei einer bewussten Ernährung. "Für den Anfang ist eine Ist-Analyse hilfreich. Dann soll über eine Woche aufgeschrieben werden, was gegessen und getrunken wird", erklärt Antje Bartens ihr Vorgehen. "Im persönlichen Gespräch gilt es, das eigene Thema zu finden. Vielleicht merkt der Patient, dass er immer zu viel isst, weil die Portionen zu groß sind. Hier können zum Beispiel ein kleinerer Teller und das Einlegen von Pausen während der Mahlzeit hilfreich sein. Diese Systeme gilt es zu erkennen und zu verändern", rät Bartens.
Nicht zu viel vornehmen
Ganz besonders hilfreich sei es, nur einen oder maximal zwei Vorsätze zu fassen und diesen plakativ zu gestalten. "Das kann ein Wort, ein Satz oder ein Bild sein, das ich mir an den Kühlschrank hänge, um mich auf einer anderen sinnlichen Ebene an die neue Absicht zu erinnern", weiß Antje Bartens.
Sie kennt die Schwierigkeit der Umstellung und räumt ein: "Wenn jemand gar kein Obst und Gemüse isst, kann die Forderung von 'Fünf am Tag', also fünf Mal täglich Obst und Gemüse, nicht erfüllt werden. Hier müssen wir mit weniger anfangen." Wichtig sei in jedem Fall, mehr zu trinken, am besten reines Wasser. "Wir sollten mit mehr Genuss und Langsamkeit essen", fordert die Fachfrau für Ernährungsfragen.
Heike Krammel hat noch ein hübsches Rechenbeispiel: "Wenn wir täglich nur 100 Kalorien zu viel zu uns nehmen, haben wir am Ende eines Jahres fünf Kilogramm zugenommen. Bewusste Ernährung und geruhsames Essen gepaart mit täglicher Bewegung wirken regulierend." Mit der Auswertung dieser Rechenformel dürften wir dann auch die Lösung auf die Frage gefunden haben, wann der Mensch mehr zunimmt: Zwischen Weihnachten und Neujahr oder zwischen Neujahr und Weihnachten?