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Viruspandemie: Einzelne Kunden verlieren die Nerven - Wie Supermärkte in Höchstadt und Adelsdorf die Lage meistern


Autor: Christian Bauriedel

LKR Erlangen-Höchstadt, Freitag, 27. März 2020

In den Supermärkten ist derzeit die Hölle los. Das Personal arbeitet unter Hochdruck. Nahezu alle Kunden sind dankbar, bis auf ein paar Ausnahmen.
Lisa Pakalski und Lydia Caliskan   (v.l.) sind an der Kasse des Rewe-Markts im Aischpark-Center    beschäftigt. Foto: Christian Bauriedel


Hefe und Klopapier. Dass sich der menschliche Trieb einmal hierauf reduzieren würde: Wer hätt's gedacht. Doch was in den Hamsterkauf-Kolumnen für Belustigung sorgt, ist andernorts längst zum schweißtreibenden Alltag geworden. Und natürlich auch zum guten Geschäft, derzeit ein forderndes. Seitdem das Coronavirus uns überfallen hat und in manchen Werken die Bänder still stehen, ist im Lebensmittelhandel die Hölle los. Der Umsatz ist teils ums Doppelte angestiegen.

"Die große Welle ist durch", sagt Matthias Zwingel, Chef des Rewe-Markts im Aischpark-Center in Höchstadt. Er meint damit die Hamsterkäufe vor ein paar Tagen, als die Menschen loszogen, um sich einzudecken. Konserven, Tiefkühlgerichte, Nudeln, also haltbare Sachen gehen gut. Ja, und natürlich Klopapier und Hefe.

Schokolade für die Mitarbeiter

Dabei gebe es zum Hamstern gar einen Grund, sagt Zwingel. "Die Versorgung ist definitiv gesichert, die Nachlieferung läuft." Es werde in den kommenden Tagen immer mal wieder den ein oder anderen Artikel geben, der gerade aus ist. Doch dann kommt dieser eben am Tag drauf. Zwingel betont, die allermeisten Kunden würden sich vernünftig verhalten, seien auch dankbar. In der Weisendorfer Filiale habe eine Kundin 70 Packungen Schokolade für alle spendiert. Doch bei manchen Leuten scheinen die Nerven offenbar blank zu liegen. Ein Kunde habe Mitarbeitern mit einer Anzeige bei der Polizei gedroht, nur weil diese baten, einen Einkaufswagen zu verwenden, damit die Abstandsregel eingehalten wird. Wohl hatte der Kunde Angst, das Virus könnte am Griff des Wagens sitzen. Bei Rewe in Höchstadt gibt es nun Sprühflaschen mit Desinfektionsmittel an den Wagenausgaben.

Hamsterkäufe müssen verhindert werden

Aber nicht nur die von Panik getriebenen Einzelfälle, auch die größten Hamster werden nun ausgebremst. Die Mitarbeiter seien angewiesen, darauf zu achten, dass haushaltsübliche Mengen gekauft werden, so Zwingel. Hamsterkäufe müssten verhindert werden, damit alle genug bekommen, sagt auch Manfred Degen, Chef des Edeka-Marktes in Adelsdorf.

Diskussionen mit Kunden

Und warum gibt es keine feste Begrenzung, so dass man bei bestimmten Produkten jeweils nur ein oder zwei kaufen darf? Das habe man versucht, aber wieder gelassen, sagt Degen. Es habe nur zu Diskussionen mit manchen Kunden geführt. "Ich will meine Leute davor bewahren." Schützen will Degen seine Mitarbeiter auch vor der Ansteckungsgefahr. Seit Donnerstag sind die Kassen im Adelsdorfer Edeka-Markt mit Plexiglasscheiben verkleidet. Auch der Rewe in Höchstadt hat damit gegen den Virus aufgerüstet.

Konsumverhalten hat sich geändert

Auch wenn die ersten Großeinkäufe gelaufen sind, sei enorm etwas los. Das liege daran, dass das Konsumverhalten der Menschen sich schlagartig geändert hat. Leute, die sonst in der Kantine essen und nun im Homeoffice arbeiten, müssen sich zu Hause verpflegen. Essen in Schule und Kindergarten gibt es momentan auch nicht. Und die Gastronomie fällt bis aus Abholservices aus. All das macht sich in den Regalen bemerkbar. Die Mitarbeiter kommen mit dem Nachschlichten der Waren kaum nach.

Selbes Bild im Biosupermarkt Biolett in Höchstadt. "Die haben auch uns gestürmt", sagt Chefin Doris Ehrenschwender. Momentan gebe es einige Lieferprobleme aus Italien.

Onlinebestellungen nehmen zu

Bei Rewe in Höchstadt boome zur Zeit die Onlinebestellungen, sagt Zwingel. "Der Abholservice ist explodiert." Ab nächstem Mittwoch wolle er auch in anderen Filialen in der Gegend den Service anbieten, sich die Waren im Internet zusammenzusuchen und einen Termin zur Abholung anzugeben. Die Bestellung kostet zwei Euro Aufpreis. In Höchstadt sei man derzeit nahe an der Auslastungsgrenze des Abholservices, weshalb man sich besser einen Tag vorher melden sollte, sagt Filialleiter Robin Schmieding. Drei Mitarbeiter seien alleine dafür abgestellt, durch den Markt zu gehen und die Waren für die Onlinekunden zusammen zu suchen. Sonst - in normalen Zeiten - lauf das neben dem anderen Geschäft.

Begrenzte Stückzahl beim Onlinekauf

Bei den Onlinebestellungen gebe es aber Mengenbegrenzungen, sagt Schmieding und berichtet von einem Kunden, der 20 bis 30 Tiefkühlpizzen kaufen wollte. "Das ist dann auch für eine sechsköpfige Familie etwas viel." Supermärkte, die die Kunden bitten müssen, lieber weniger zu kaufen - verrückte Zeiten.

Edeka in Adelsdorf bietet den Onlinekauf nicht an. Spontan sei es nicht möglich, so etwas aus dem Boden zu stampfen, sagt Degen. Das normale Geschäft beschäftige alle momentan genug. Er sei sehr stolz, was seine Mitarbeiter derzeit leisten.

So auch Zwingel, der neben dem Rewe in Höchstadt noch acht weitere Märkte betreibt. Als Vizepräsident des Bayerischen und de Deutschen Handelsverbands hat er zudem einen ganz guten Einblick. "Mehr als ein Kraftakt. Unmenschlich", sei das, was die Angestellten im Einzelhandel da gerade leisten müssen. Für den Edeka in Adelsdorf gab es kürzlich eine nette Aktion. Kunden schrieben mit Kreide auf den Asphalt ein großes "Danke".