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Vestenbergsgreuth wächst nicht


Autor: Evi Seeger

Vestenbergsgreuth, Sonntag, 23. November 2014

Nur 30 Interessierte kamen in den Schützensaal am Schwalbenberg in Vestenbergsgreuth. Der Bürgermeister referierte zwei Stunden lang über Windräder, das Multifunktionsgebäude und die gute Finanzsituation seiner Gemeinde.
Die Bürgerversammlung in Vestenbergsgreuth war nicht gerade gut besucht.  Foto: Evi Seeger


Bürgermeister Helmut Lottes (CSU/UB) hätte gerne, dass seine Gemeinde wächst. "Wir unternehmen große Anstrengungen und wachsen trotzdem nicht", sagte er in der Bürgerversammlung. Aber wenigstens ein stärkerer Rückgang der Einwohnerzahlen könne verhindert werden.

1590 Einwohner mit Hauptwohnsitz zählt die Marktgemeinde, drei weniger als im Vorjahr. Was Lottes zu der Feststellung veranlasste: "Es tut sich nicht wahnsinnig viel bei uns." Dabei sieht es in diesem Jahr mit 14 Geburten außergewöhnlich gut aus. Jetzt müssten sich nur noch Bauwillige einstellen. Denn das Baugebiet Kühnplatte wurde aufgefüllt und ist nach Lottes' Worten "in einem baufähigen Zustand". Vestenbergsgreuth möchte Bauplätze verkaufen und wirbt dafür sogar auf seinen Internetseiten.

Asylbewerber kommen

Vielleicht gibt es ja bald schon einen

Einwohnerzuwachs. Wie Lottes mitteilte, könnten in Dietersdorf, dem kleinsten Ortsteil von Vestenbergsgreuth, bald Asylbewerber einziehen. Ein Privatmann werde sein Haus renovieren, so dass acht Personen aufgenommen werden können. Den Dietersdorfern scheint es recht zu sein und Lottes freute sich über soviel Hilfsbereitschaft.

Dort, im Schützensaal am Schwalbenberg, gab es allerdings viele leere Stühle. Nur rund 30 Bürger hörten sich die etwa zweistündigen Ausführungen ihres Bürgermeisters an. Ein Rundumschlag, der von der Polenreise in die Partnergemeinde Nowe Miasto bis zu den Haushaltszahlen kaum ein Thema ausließ.

Was aber auch deutlich machte, dass es sich in der Gemeinde an der westlichen Grenze des Landkreises ganz gut leben lässt. Die Wogen um Windräder und Schule haben sich geglättet. "Der Wind hat sich gedreht", glaubt der Gemeindechef. Vergessen ist der Wirbel um die Windkraftanlagen bei Kienfeld. Drei neue Windräder - zwei auf dem Düllberg und eines bei Ochsenschenkel - sind behördlicherseits genehmigt. Zwar hatte die Gemeinde ihr Einvernehmen dazu verweigert, doch das Landratsamt hat dieses mittlerweile ersetzt. Wie es nun mit den Windrädern weiter geht, weiß auch Lottes nicht. Es gibt eine Bürgerinitiative, die vielleicht dagegen klagen wird. "Das Thema wird die Leute noch lange beschäftigen", glaubt er.

Diskussionen hatte es in der Vergangenheit auch wegen der Schule gegeben. Jetzt im neuen Schuljahr hatten die Schülerzahlen ausgereicht, um eine zweite Klasse in Vestenbergsgreuth zu unterrichten. Im "Multifunktionsgebäude", wie es der Bürgermeister bezeichnete, sind nun zwei Schulklassen und ein Hort eingezogen. 80 000 Euro habe die Gemeinde investiert, um die Einrichtung für die Betreuung der Schulkinder zu schaffen.

Abgehakt ist auch die Kinderkrippe. Zu den zwei Kindergartengruppen konnten noch zwei Krippengruppen eingerichtet werden. Insgesamt 600 000 Euro habe die Krippe verschlungen, berichtete Lottes.

278 000 Euro und damit - aufgrund der "Finanzstärke" - weniger als in anderen Gemeinden, sind an staatlichen Fördermitteln geflossen.

Nun stehe der weitere Ausbau des Multifunktionshauses bevor. Doch damit werde man sich Zeit lassen, betonte Lottes. Er möchte dafür Fördermittel locker machen. Um an Gelder "aus dem europäischen Topf" zu kommen, hat sich Vestenbergsgreuth mit den Nachbarkommunen sowohl im Osten als auch im Westen zur interkommunalen Zusammenarbeit verbündet. Ziel sei, dass sich die Gemeinden künftig die unterschiedlichen Angebote teilen.

Obwohl Vestenbergsgreuth finanziell ganz gut dasteht, sollen die Gemeinderäte demnächst in Klausur gehen, die Finanzen überdenken und schauen, "wie wir zu Geld kommen". Dabei liegt die Gemeinde - trotz ständiger Anmahnung durch die Aufsichtsbehörde - mit ihren Hebesätzen von 330 und 300 bei der Grundsteuer und 320 Prozent bei der Gewerbesteuer am unteren Level im Landkreis.

Rund zwei Millionen an Gewerbesteuer kann der Kämmerer jährlich für die Marktgemeinde verbuchen. Sie werden von den aktuell 160 gemeldeten Gewerbebetrieben aufgebracht. Unter ihnen natürlich das weltweit agierende Unternehmen Martin Bauer, das Bürgermeister Lottes allgemein nur "die Firma" nennt.

"Wir wollen auch nicht nachlassen, die Infrastruktur zu verbessern", sagte Lottes. Da sind die Ortsverbindungsstraßen - fast 50 Kilometer davon müssen unterhalten werden - ein immerwährender Posten im Haushalt. Aktuell geht es um die Verbindungen Weikersdorf-Frimmersdorf und Vestenbergsgreuth-Hermersdorf.

Kläranlage muss saniert werden

Bereits vor der Tür steht die Sanierung der Abwasseranlage. Mit der bestehenden Anlage könnten die geforderten Abwasserwerte nicht mehr erbracht werden, folglich gebe es auch keinen neuen Wasserrechtsbescheid mehr. "Die Behörden bestehen darauf, dass wir die Anlage auf den neuesten Stand bringen." Noch sei offen, "für welche Sanierungsvariante wir uns entscheiden und wie die Kosten umgelegt werden", sagte Lottes. Mit den Produktionswässern stelle sich das Unternehmen Martin Bauer auf eigene Füße. Das Sanitärwasser werde jedoch der gemeindlichen Kläranlage zugeführt.

Zu diesem Thema gab es auch eine Wortmeldung aus dem Publikum. Ein Bürger vertrat die Meinung, es wäre wohl besser, wenn die Abwässer von Martin Bauer und die der Gemeinde klar getrennt wären. Für die Gemeinde wäre die Anlage wohl mehr als ausreichend, meinte der Bürger. "Ein Trugschluss", konterte Helmut Lottes. Es handle sich vielmehr um eine Win-Win-Situation. Das Unternehmen Martin Bauer beteilige sich mehr als ihm anteilmäßig eigentlich zukomme. "Wenn wir sanieren, wird auch die Firma ihren Anteil zahlen." Ohne Beteiligung des Tee-Herstellers würden die Bürger wesentlich höher belastet.