Unterfranke Michl Müller sinniert über die Obergrenze
Autor: Evi Seeger
Höchstadt a. d. Aisch, Sonntag, 08. Januar 2017
Michl Müller bereitete seinen Fans in der Aischtalhalle in Höchstadt einen unvergesslichen Abend mit Klamauk, Tiefgang und sogar mit leisen Tönen.
Eine Flusskreuzfahrt von Höchstadt aus auf der Aisch mit Landgang in Adelsdorf. Das entspricht nach den Worten von Michl Müller voll dem aktuellen Trend, dem derzeit junge Leute frönen. Für seine Höchstadter Freunde hatte der bekannte fränkische Kabarettist wie immer ein paar Witze mit Lokalkolorit auf Lager.
Ansonsten fiel der Rückblick des eingefleischten Franken auf das vergangene Jahr nicht gerade positiv aus: "Was ist los in diesem Land? Was sin mir bloß für Weicheier geworden", fragte er sich. Froh sei er, "dass dieses beschissene Jahr endlich vorbei ist", allerdings wohlwissend, "dass es genauso bescheuert weiter geht".
Neues Bühnenbild
In der ausverkauften Aischtalhalle lief Michl Müller vor mehr als tausend Besuchern wieder einmal zur Höchstform auf. Seit Jahren schon verpflichtet der Höchstadter EC den selbst ernannten "Dreggsagg" als kabarettistischen Höhepunkt zum Jahreswechsel.
In diesem Jahr ließen ein neues Bühnenbild und eine Großleinwand den Unterfranken noch präsenter erscheinen. Drei Stunden lang zündete er mit frechen Sprüchen ein Feuerwerk an Gags und Pointen, warf Fragen auf und präsentierte Antworten. Dabei gab es kaum ein Thema, das Müller ausließ.
Wenn Merkel und Seehofer streiten
Wie ein roter Faden zog sich das Verhältnis von Kanzlerin Merkel zum bayerischen Ministerpräsidenten Seehofer durchs Programm. Die beiden in Mimik und Gestik darzustellen, gelingt dem Kabarettisten aus Garitz bei Bad Kissingen bestens. "Obergrenze, Obergrenze" wirft er sich als Seehofer in die Brust. "Ich bin ein wenig in Sorge", mimt er die Kanzlerin in unterschiedlichsten Situationen.
Darüber hinaus ließ Müller kaum ein aktuelles Thema aus. Politiker jeglicher Couleur bekamen ihr Fett weg. "Den wählt doch kenner", lautete sein Urteil über Sigmar Gabriel. Jeder Hydrant in Höchstadt sei beliebter als der Gabriel. Und Ursula von der Leyen, "unser Haubitzenröschen", habe festgestellt, dass es in der Bundeswehr Panzerbataillone gebe, die überhaupt keinen Panzer haben.
Beckenbauer und das Ehrenamt
An den Ereignissen der Silvester 2015 in Köln und der damaligen Aufforderung der Bürgermeisterin, eine Armlänge Abstand von Angreifern zu halten, kam Michl nicht vorbei ud auch nicht an Volker Beck von den Grünen: "Baumwollne Unterhosen tragen, aber sich die Synthetik durch die Nas nei ziehen!" "Die muss der Storch von ganz weit oben abgeschmissen haben", lautete sein Kommentar zu den AfD-Politikerinnen von Storch und Petry.
Trump, Erdogan, die britische Premierministerin May und die Forderung der CDU-Politikerin Julia Klöckner nach einem Burka-Verbot fehlten in diesem Jahresrückblick ebenso wenig wie "die Fortbildung" von Uli Hoeneß, Franz Beckenbauer, "der das Ehrenamt völlig neu definierte", und Andreas Scheuer, der sich über "ministrierende fußballspielende Senegalesen" ausließ.
Wenn der Nachbar an Pornos denkt
Neben der großen Politik lieferte 2016 dem Kabarettisten auch unzählige andere Themen. Die viel diskutierte Rente ab 70 zum Beispiel: "Da brauchst du Rollatoren-Stellplätze, eine Stützstrumpfwaschanlage und Gebissablageschalen!" Kopfschütteln lösen bei Michl Müller verschiedene aktuelle Trends aus. Wintergrillen ist so eine Neuheit. Ur-Instinkte im Manne würden dabei geweckt. "Du atmest den Hauch der Wildnis ein, da erwacht der Jäger in jedem Mann." Frauentennis und die Stöhnerei dabei ist auch so eine Sache, an der sich Müller reibt: "Da musst du den Fernseher leiser stellen, sonst denkt der Nachbar du schaust einen Porno."
Hoffnung auf den Nobelpreis
Hingegen lässt der Literaturnobelpreis für Bob Dylan Michl Müller hoffen. "Da sind meine Chancen gar nicht so schlecht." Suspekt sind ihm "SUV-Mütter, die mit ihrem Hausfrauenpanzer bis in den Spielplatz hineinfahren". Auch die Erziehungsmethoden der neuen "Steinzeitmütter" stoßen bei ihm auf Kritik. Überhaupt sei man früher viel abgehärteter gewesen. Selbst ein Krankenhauskeim habe da keine Chance gehabt.
"Komm hau nei" ruft Michl Müller seinen Technikern zu, wenn er seine Kultlieder anstimmen will. "Sex ist nicht alles, wär aber schön", ist eines davon. Energiegeladen bringt er die Songs mit vollem Körpereinsatz so zur Wirkung, dass die ganze Halle bebt. Seine Fans gehen begeistert mit. Zum Ende wird der laute Rock 'n' Rhöner ganz leise. Er ruft dazu auf, sich nicht von Angst, Wut, Gewalt sondern von Freude, Liebe und Freundschaft leiten zu lassen.