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Theaterstück über Demenz rüttelt Zuschauer in Höchstadt auf


Autor: Evi Seeger

Höchstadt a. d. Aisch, Donnerstag, 06. November 2014

Drastisch, manchmal komisch, zeigen Christine Reitmeier und Nadine Konietzny, was Demenz für eine Familie bedeutet. Der Zuschauer fragt sich immer wieder: Wie würde ich in solch einer Situation reagieren?
Hanna, dargestellt von Nadine Konietzny, sitzt am Bett ihrer demenzkranken Mutter Martha, dargestellt von Christine Reitmeier,  Foto: Evi Seeger


"Die letzten Jahre meiner Mutter werden würdevoll und friedlich sein, dafür werde ich schon sorgen", sagt Hannah. Sie will ganz für ihre demenzkranke Mutter da sein. Doch als diese Worte ausgesprochen wurden, da wusste die Tochter noch nicht, was auf sie zukommt.
"Ich erinnere mich genau", heißt das Theaterstück, das der Hospizverein anlässlich seines zehnjährigen Bestehens in der Fortuna Kulturfabrik aufführen ließ. Dass das Thema "Demenz" sehr aktuell ist, zeigten die vielen Besucher, die beeindruckt und gebannt die Handlung auf der Bühne verfolgten.

"Wenig entgegenzusetzen"

Dr. Hans-Joachim Laugwitz, der stellvertretende Vorsitzende des Hospizvereins, wies mit einführenden Worten auf die Problematik dieser Erkrankung hin.

Man könne das Thema "verdrängen oder sich damit auseinandersetzen". 1,3 Millionen an Demenz erkrankte Menschen gebe es in Deutschland. 720 000 davon lebten zu Hause leben. Jeder vierte Mensch über 85 Jahre sei bereits davon betroffen. Bei den über 90-Jährigen sei es bereits jeder Dritte. Und die Medizin habe dieser Krankheit bisher "nur wenig entgegenzusetzen".

Das musste im Zwei-Personen-Stück auch Tochter Hannah (Nadine Konietzny) erfahren. Am Anfang der Erkrankung entbehrten die Dialoge zwischen Mutter Martha (Christine Reitmeier) und ihrer Tochter nicht einer gewissen Komik. Vergangenes wird verarbeitet und manch ein Geheimnis der Mutter kommt dabei zum Vorschein. Der Tochter scheint, als sei alles Harte, Strenge von ihrer Mutter abgefallen. Doch dann geht alles schnell und schubweise, und die Mutter-Tochter-Beziehung wird auf eine harte Probe gestellt. Die Krankheit verändere den Menschen selbst, aber auch die Angehörigen, stellt Hannah fest. Mutter und Tochter werden böse. Es geschieht, was Hannah nie für möglich gehalten hätte: "Ich habe meine Mutter geschlagen", vertraut sie sich einer Freundin an.

Wie fühlt die Kranke?

Aber auch die Welt, in der die Mutter lebt, wird dem Zuschauer vermittelt. "Du schaffst es nicht mehr, zu unterscheiden, was echt und was nur ein Hirngespinst ist."

Als die Mutter "aufgehört hat zu atmen", ist auch Hannah am Ende ihrer Kraft. Am Totenbett bleibt Hannah mit dem Satz zurück, den eingangs ihre Mutter sprach: "Ich erinnere mich, ich erinnere mich genau!" Ein tröstliches Ende, denn Marthas Geschichten werden bleiben. Christine Reitmeier und Nadine Konietzny verkörpern Mutter und Tochter geradezu perfekt. Den Verfall der Mutter fast greifbar vor Augen, drängt sich dem Zuschauer die Frage auf: Wie würde ich in solchen Situationen handeln?