Tagespflege bietet Entlastung für ein paar Stunden
Autor: Sabine Memmel
Höchstadt a. d. Aisch, Montag, 20. Januar 2014
Viele Angehörige pflegen ihre Eltern oder Schwiegereltern zuhause. Das Senioren Centrum St. Anna bietet jetzt eine Tagespflege, bei der Senioren halbtags oder ganztags betreut werden können - eine Möglichkeit der Auszeit für die Familie.
Durchschlafen kann Petra S. (Name von der Redaktion geändert) eher selten. Wenn ihre Mutter nach ihr ruft, muss sie nachts raus aus dem Bett. Manchmal mehrmals hintereinander. Selbst wenn sie nicht nach ihr ruft, schläft sie oft unruhig. Es könnte ja etwas sein. Tagsüber wartet jeden Tag dasselbe Programm: Windeln wechseln, füttern, waschen. Immer wieder von vorne. Immer wieder aufs Neue. Rund um die Uhr.
Petra S. hatte sich das am Anfang noch leichter vorgestellt. Als ihre Mutter im Mai letztes Jahr bei ihr und ihrem Mann ins Haus einzog, änderte sich aber von Grund auf alles. Ihre Mutter ist 92 Jahre alt, sitzt im Rollstuhl, ist dement. Manchmal erkennt sie ihre Tochter, manchmal nicht. "Man hat keine Freizeit mehr, keine Ruhe mehr, kann vieles nicht mehr genießen", sagt die 64-Jährige.
Sanfte Heranführung
Vor kurzem hat sich das grundsätzlich geändert. Zumindest an einem Tag in der Woche. Seit Januar ist ihre Mutter immer montags in der Tagespflege - einem neuen Angebot des Altenheims St. Anna. Dort wird sie - von 8.30 Uhr bis 17 Uhr - zusammen mit den vollstationären Bewohnern betreut. Ein Tag in der Woche, an dem sich Petra S. nicht um die Bedürfnisse ihrer Mutter, sondern um die eigenen kümmern kann. "An diesem Tag kann ich etwas für mich tun, kann mir etwas vornehmen und muss mich selbst nicht zurückstellen", erklärt Petra S.
Seit Dezember bietet das St.-Anna-Seniorenheim die eingestreute Tagespflege. Ganztags und halbtags. Sieben Tage die Woche. Im Unterschied zur Kurzzeitpflege bleiben die Tagespflegegäste nicht über Nacht. "Die Tagespflege soll die Familie unterstützen, sie entlasten und ihnen eine Auszeit bieten", erklärt Zentrumsleiterin Johanna Auerbeck.
Und nicht nur das. Für viele pflegende Angehörige ist die Tagespflege der letzte Schritt, bevor sie sich für einen Wechsel aus dem privaten Bereich in eine stationäre Einrichtung entscheiden. Die Tagespflege soll deshalb auch Bindeglied zwischen der ambulanten und stationären Versorgung sein. Eine Art sanfte Heranführung. "Die Klienten sollen so lange wie möglich daheim bleiben, bei ihrer Familie, in ihrer gewohnten Umgebung. Das ist unser Bestreben", betont Auerbeck. Ihnen sollen mithilfe der Tagespflege aber auch die Berührungsängste gegenüber einer Senioreneinrichtung genommen werden: "Sie merken, dass es bei uns gar nicht so schlimm ist, dass sie hier Gesellschaft und Ansprache haben."
Puzzeln, basteln, singen
Auf Wunsch können die Tagespflegegäste einen Fahrdienst nutzen. Ein Taxi übernimmt den Transport von zuhause zur Tagespflege und zurück. Der Tag in St. Anna beginnt für die Gäste mit einem gemeinsamen Frühstück mit den stationären Bewohnern. "Danach wird gesungen, gepuzzelt, gemalt, gebastelt - alles mögliche", erzählt Margitta Appel, Leiterin der Tagespflege. Auch nach dem Mittagessen und nach der Kaffeezeit können sich die Senioren beschäftigen: "Wir bieten Gedächtnistraining, Gesellschaftsspiele, Gymnastik und bei schönem Wetter Spaziergänge", sagt Appel. Die Tagespflegegäste können sich aber genauso ausruhen, schlafen oder in gemütlicher Runde, zum Beispiel beim Fernsehen, zusammensitzen. "Meine Mutter möchte immer unterhalten werden und unter Leuten sein", sagt Petra S.
Das Angebot der Tagespflege ist in Höchstadt bisher einmalig.Das Alten- und Pflegeheim des Roten Kreuzes in Höchstadt bietet nur die Kurzzeittagespflege, also die Versorgung auch über Nacht und meist über mehrere Tage oder Wochen. "Sie wird von Angehörigen vor allem in den Ferien genutzt", sagt Pflegedienstleiterin Beate Bednarski. Der Pflegedienst der Höchstadter Caritas bietet statt der Tagespflege eine Tagesbetreuung. Der Hauptunterschied: "Das System ist dasselbe wie bei der Tagespflege. Wir dürfen aber keine Grund- oder Behandlungspflege anbieten", erklärt Leiterin Irmgard Spindler. Außerdem unterscheiden sich die Auflagen der Krankenkasse, etwa hinsichtlich der Anforderungen an die Räumlichkeiten.
In St. Anna konnten zehn Tagespflegeplätze geschaffen werden - drei davon sind bereits vergeben. Petra S. möchte darauf nicht mehr verzichten: "Montag, das ist mein Tag", strahlt sie. Deshalb überlegt sie jetzt auch mit ihrem Mann, die Tagespflege für ihre Mutter bald zweimal in der Woche zu nutzen.
Kosten Die eingestreute Tagespflege im Altenheim St. Anna wird montags bis sonntags, halbtags und ganztags, angeboten. Eine ganztägige Betreuung von 8.30 Uhr bis 17 Uhr kostet mit Unterkunft und Verpflegung 44,57 Euro. Die Kosten bei einer halbtägigen Betreuung von drei Stunden liegen bei 26,03 Euro. Die Kosten werden von der Krankenkasse übernommen.
Beförderung Zuhause abgeholt und wieder nach Hause gefahren werden können die Tagespflege-Gäste von einem Taxi. Die Kosten werden von der Kasse und dem Altenheim übernommen und sind nach Kilometern geclustert: bis 5 Kilometer 2,50 Euro je einfache Fahrt, bis 10 Kilometer 4 Euro, über 10 Kilometer 7,50 Euro.
Plätze Wer sich über die Tagespflege informieren möchte, kann sich direkt ans Altenheim St. Anna wenden, Tel. 09193/50609.