Druckartikel: Studentendemo gegen "Bruchbuden-Uni" in Erlangen

Studentendemo gegen "Bruchbuden-Uni" in Erlangen


Autor: Christian Bauriedel

Erlangen, Freitag, 29. November 2013

Mit lauter Musik und Sprechchören haben rund 400 Studenten am Donnerstagabend in der Erlanger Innenstadt demonstriert. Sie wollen auf marode Uni-Gebäude und die aus ihrer Sicht unterfinanzierte Bildung aufmerksam machen.
Am Donnerstag sind etwa 400 Studenten in Erlangen auf die Straße gegangen. Auslöser der Demonstration sind Baumängel und der Verdacht auf Giftstoffbelastung in Gebäuden der Philosophischen Fakultät. Christian Bauriedel


"Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Uni klaut", riefen die Studenten während ihrem Zug durch die Innenstadt. Mit einer "Tanz- und Lichterdemo" haben rund 400 Studierende am Donnerstagabend auf Erlangens Straßen lautstark auf sich aufmerksam gemacht. Unter dem Motto "Die Kochstraße ist überall" protestierten sie gegen Baumängel und Raumnot an der Philosophischen Fakultät. Aus Sicht der Studenten ein Resultat von Unterfinanzierung in der Bildung, nicht nur in Erlangen, sondern auch an anderen bayerischen Hochschulen.

Baumängel und Verdacht auf PCB

In die Schlagzeilen ist die Kochstraße in Erlangen gekommen, weil dort in einem Uni-Gebäude im Sommer Teile der Decke einen Schreibtisch unter sich begraben haben. Das Seminargebäude wurde von der Uni-Leitung daraufhin wegen "Gefahr für Leib und Leben" gesperrt. Derzeit wird der Bau aus dem Jahr 1957 renoviert. Mehrere Institute der Geisteswissenschaften sind in Ausweichquartieren untergebracht. Neben den statischen Mängeln laufen zudem in den sogenannten "Philosophentürmen" zur Zeit Messungen auf den Giftstoff PCB, der im Verdacht steht Krebs zu erregen.

Kai Padberg, Studentenvertreter der Philosophischen Fakultät, schätzt die Situation der Studenten als "prekär" ein: "Es wurde jahrzehntelang nur das Nötigste gemacht, damit die Gebäude nicht geschlossen werden müssen." Ein massiver Sanierungsbedarf habe sich angestaut, der laut Padberg nicht mehr tragbar sei für Studenten und Lehrende, die in den Räumen arbeiten müssen.

Studenten mit Bauhelm

Als Anspielung auf die baulichen Mängel an ihren Instituten haben sich einige Demonstranten gelbe Bauhelme aufgesetzt. Viele bei der "Lichterdemo" trugen Stirnlampen, Leuchtschläuche oder Kerzen. Von der Bismarckstraße zog der Tross über Schloßplatz und Martin-Luther-Platz zum Hugenottenplatz. Vorneweg ein Kleinlaster mit Lautsprechern. Dementsprechend laut ging es zu.


Als der Zug am Schloßplatz angekam, war die besinnliche Stimmung auf dem Christkindlesmarkt für einen Moment dahin. In Anlehnung an Martin Luthers Thesen klebten die Studenten Zettel mit ihren Standpunkten an das Portal des Schlosses, Sitz der Universitätsverwaltung. "Kein Geld, keine Sicherheit" ist darauf zu lesen. Oder: "Es studiert sich schlecht mit Bauhelm".

Der Universitätsverwaltung werfen die Studenten vor, die Situation sei vorhersehbar gewesen, da der schlechte bauliche Zustand der Gebäude bekannt gewesen sei. Die Uni-Leitung bestreitet nicht, dass Sanierungsbedarf, etwa bei Fenstern oder der Heizung bestand. Die statischen Probleme mit der Decke in der Kochstraße dagegen seien nach Auskunft der Uni-Leitung nicht vorherzusehen gewesen.

Postkarten an Seehofer

Am Audimax schrieben die Studenten ihre Forderungen auf Postkarten. Die Organisatoren wollen sie an die Landesregierung schicken. Auch Anna hat sich eine Karte vom Stapel genommen. Die 27-Jährige studiert Materialwissenschaften. "Um uns an der Technischen Fakultät ist es ja gut bestellt. Ich bin hier aus Solidarität zu den anderen Studenten", sagt sie. Auf ihrer Postkarte bedankt sie sich voller Ironie bei der Regierung, dass "die rosigen Erzählungen der Bildungselite in Bayern rostige Realität" wurden.

Direkt betroffen von den Baumängeln ist Sahra Frischholz. Sie studiert Soziologie und Pädagogik im ersten Semester. Eigentlich habe Erlangen eine richtig gute Uni, aber es sei "schon nervig", ständig die Räume wechseln zu müssen. An eine andere Uni möchte die 20-Jährige aus Lauf jedoch nicht. Sie will in der Region studieren. Dass die Uni Erlangen mittlerweile überregional an Ansehen verloren habe, sagt Munib Agha von den Jusos. Der Student steht auf dem Pritschenwagen und spricht in ein Megaphon. Vor kurzem sei er in Schleswig-Holstein angesprochen worden: "Erlangen? Gibt es da nicht diese Bruchbuden-Uni?"