Gert Schlögl aus Höchstadt: Ein Mann, ein Sport
Autor: Martin Kreklau
Höchstadt a. d. Aisch, Donnerstag, 28. November 2013
Seit 20 Jahren schlägt Gert Schlögls Herz für Karate. Es gibt nur wenig was er mehr liebt als den Kampfsport aus dem fernen Osten.
In seiner Klasse war Gert Schlögl mit 1,63 Meter und zarten 44 Kilogramm immer der Kleinste - und zog bei Rangeleien auf dem Schulhof daher meistens den Kürzeren. Das würde dem inzwischen 50-Jährigen heute nicht mehr passieren. Er trainiert seit 20 Jahren Karate, hat längst den schwarzen Gürtel. Und er ist noch einmal 25 Zentimeter gewachsen.
Inspiration: Bruce Lee
Die Faszination für Kampfsport begann für Schlögl mit Bruce-Lee-Filmen. "Ich habe mir die angesehen und beschlossen, dass ich das auch machen will", sagt er. Er machte sich also, damals in Nürnberg, auf die Suche nach einer geeigneten Kampfsportschule - und landete zunächst beim Judo. "Da habe ich dann allerdings schnell gemerkt, dass das Kittelzupfen nichts für mich ist", sagt er und schmunzelt.
Also suchte er weiter.
Schlögl reizt an Karate besonders, dass man es nie wirklich beherrscht: "Für mich ist immer ganz schlimm, wenn jemand sagt: ,Ich kann Karate.' Weil das ist ganz klar gelogen. Wenn jemand sagt, er trainiert Karate, dann ist das in Ordnung."
Den Kampfsport könne man außerdem bis ins hohe Alter betreiben, da heute weniger Wert auf schwierige Beintechniken gelegt wird. In den Karate-Prüfungsrichtlinien ist sogar festgelegt, dass auf die körperliche Verfassung und das Alter des Prüflings Rücksicht genommen werden muss.
Man fühle sich zwar sicherer, wenn man einen Kampfsport beherrscht - Schlögl ist dennoch froh, dass er sein Können außerhalb der Sporthalle noch nie wirklich einsetzen musste. Nur einmal gab es eine brenzlige Situation: Es war in Nürnberg, und Schlögl befand sich mit einem Bekannten auf dem Heimweg. Plötzlich tauchte ein Angreifer aus der Dunkelheit auf. "Der war irgendwie sauer auf mich und hat eine Klinge aus dem Mantel gezogen. Er hat dann zu mir gesagt, dass er mich abstechen wird", berichtet Schlögl, "Ich sagte: Alles klar, komm her." Er machte dann einen schnellen Schritt auf den Angreifer zu, der erschrocken sein Messer fallen ließ und türmte.
Ein Angriff, gerade wenn es sich um einen "Straßenraufer" handelt, wie Schlögl es formuliert, sei auch für einen Kampfsportler nie einfach. Der Grund ist nachvollziehbar: Ein Kampfsportler hat Hemmungen, der Angreifer häufig nicht. "Leute stellen sich oft vor: Der hat den schwarzen Gürtel, wenn da einer mit dem Messer kommt, dann lacht der nur", sagt Schlögl. "Aber wenn da einer mit einem Messer oder einem Maßkrug steht, da lacht auch einer mit dem schwarzen Gürtel nicht."
Karate nicht das ganze Leben
Bei der Frage, welchen Stellenwert Karate in seinem Leben einnimmt, muss Schlögl nicht lang überlegen: "Bei mir kommt zu allererst meine Frau und mein Sohn. Und dann kommt mein Karate." Er hält viermal in der Woche Training, ist häufig auf Lehrgängen unterwegs und setzt sich auch sonst wo es geht für den Kampfsport ein.
Doch seine Frau akzeptiert das, mehr noch, sie trainiert inzwischen selbst mit. Sie sei mehr treibende Kraft als Bremse, motiviere ihn oft, wenn er sich mal nicht aufraffen könne. "Karate hat einen sehr hohen Stellenwert bei mir - doch es ist nicht das ganze Leben", sagt Schlögl. Vielleicht komme einmal der Tag, an dem er beschließt aufzuhören, an dem er ehrlich zu sich selbst sein müsse. Vielleicht komme der Tag, an dem er es nicht mehr schaffe. Vielleicht.
Eine besondere Begeisterung für Asien und Kampfsporttraditionen ging mit der Faszination für Karate bei ihm indes nicht einher. Obwohl gleich das große Schwert an der Wand auffällt, wenn man Schlögls Wohnzimmer betritt. "Das ist unser Familienschwert", sagt er, "das hat mir meine Frau mal zu Weihnachten geschenkt." Schlögl schätzt auch die asiatische Küche und die asiatische Kultur. "Mir gefällt einfach, wie sich die Leute dort geben. Aber es ist jetzt nicht so, dass ich einen vollen Spleen auf Asien habe."
Ehrung für 20 Jahre
Für seine 20-jährige Tätigkeit im Karate zeichnete der Bayerische Karatebund Gert Schlögl kürzlich mit einer Urkunde aus. Besser gefiel ihm aber das Geschenk seiner Vereinskollegen: ein Fotobuch mit Bildern der vergangenen Jahre. Wenn man es sich ansieht, wird schnell klar: Mit dem kleinen, schmächtigen Schuljungen aus Nürnberg hat Gert Schlögl heute nicht mehr viel gemein.