Die Vorteile der Zeitumstellung
Autor: Jochen Brosig
Röttenbach, Mittwoch, 30. März 2016
Wer bei Läufen in der Region startet, der erlebt einiges - auch abseits der Strecke. Jochen Brosig vom FSV Großenseebach erzählt davon in seiner Kolumne.
Seit Sonntag läuft die Sommerzeit. Jedes Mal, wenn die Uhr umgestellt wird, tut sich mein Arbeitskollege schwer. "Ich glaube, langsam werde ich alt", höre ich ihn sagen. "Was hast du denn nur gegen die Zeitumstellung?", entgegne ich. Darauf hat er nur gewartet - und legt los.
Am Morgen nach einer Zeitumstellung ist im ersten Moment alles wie immer. Das Licht hat die gleiche Stärke wie am Vortag. Dass etwas nicht stimmt, merkt er an den Geräuschen und am Blick auf die Uhr. Es ist nicht 6, sondern 7 Uhr. Eigentlich kein Problem für ihn.
Doch weit gefehlt. Nichts ist in Ordnung. Er ist aus dem Takt, wie viele Menschen. Er fühlt sich schlapp, irgendwie aus der Zeit gefallen, orientierungslos. "Denk doch auch an die Vorteile", werfe ich ein. Ach was, es geht weiter. Jeder Dritte braucht ein bis zwei Tage, manche Menschen sogar sechs bis acht Wochen, um sich an den neuen Zeittakt zu gewöhnen.
Beschwerden wie Müdigkeit, Schlappheit, depressive Verstimmung sind keine Einbildung, sondern ein Mini-Jetlag, wie Forscher es nennen. Unsere inneren Uhren laufen bei einer Stunde Zeitumstellung für eine Übergangsphase nicht synchron. Die Sommerzeit hat viel Positives, ist sich der Querläufer sicher.
Umso auffälliger sind die Beiträge der Zeitumstellungsbefürworter. "Sommerzeit rettet Leben!", schreibt eine Internetzeitung. Die Argumentation ist durchaus schlagkräftig: "Wenn die Wanderer in der Sommerzeit eine Stunde eher unterwegs sind, sind sie auch eine Stunde eher vom Gipfel herunter." Da bei Wanderungen im Alpenraum wegen der Tageserwärmung meist gegen Mittag mit Gewittern zu rechnen ist, würden durch die Sommerzeit weniger Leute vom Blitz erschlagen, so die Logik.
Das ist natürlich vollkommen übertrieben, aber für den Querläufer überwiegen die Vorteile. Endlich nehmen die Trainingswochen in der Dunkelheit ein Ende. Stirnlampe und Warnweste wandern in den Schrank. Sonnenbrille und kurze Hose werden benötigt. Nach der Arbeit kann er sich noch locker auf einen Zwei-Stunden-Dauerlauf bei Tageslicht machen. Und nach kurzer Wartezeit findet auch der Morgenlauf wieder bei Helligkeit statt. Weg von den Straßenlaternen, hinaus in den Wald. Der Wald erwacht, Vögel zwitschern ihr Morgenlied. Alle Outdoor-Sportler haben darauf seit Wochen gewartet. Zeitumstellung - ja, ich will.
Nun gut. Wir haben seit vergangenem Wochenende Sommerzeit. Und was das Alter betrifft, gibt es auch Beruhigendes zu vermelden: Wer besonders lange mit der Zeitumstellung zu kämpfen hat, gehört vermutlich zur Gruppe der 30- bis 49-Jährigen, die spüren laut Studien die Zeitumstellung am deutlichsten.
Da ist der Querläufer als Ü50 nicht betroffen. Los, raus ins Grüne. Runter von der Couch! Heute ist es bis 20 Uhr hell. Nach Dienstschluss zum Wandern, Spazierengehen, Rollerfahren, Nordic-Walking, Radfahren und Laufen. Schluss mit dem Gejammer wegen der Zeitumstellung. Auf geht's - und zwar jetzt!
Run happy and smile!
Euer Querläufer