Sparkassenfusion: Dürfen die Höchstadter abstimmen?
Autor: Christian Bauriedel
Höchstadt a. d. Aisch, Mittwoch, 22. Februar 2017
Höchstadts Bürgermeister Gerald Brehm sieht eine Sparkassen-Fusion sehr kritisch. Der Bankenfachmann lässt prüfen, ob man dazu die Bürger befragen kann.
Höchstadts Bürgermeister Gerald Brehm (JL) ist nicht bekannt dafür, an "Pressekonferenzitis" zu leiden. Wenn er zum Gespräch bittet, ist davon auszugehen, dass ihm die Sache am Herzen liegt. So auch am Mittwoch, als es um die Fusion der Sparkassen Erlangen und Höchstadt ging.
Er mache es sich nicht einfach, beginnt Brehm das mehr als einstündige Gespräch. Vor ihm auf dem Tisch liegen Zahlenwerke zur Finanzsituation beider Banken, eigene Berechnungen, Artikel zur Zinsentwicklung. Er sei vorrangig Bürgermeister, aber er habe mehr als nur einen Blickwinkel auf eine Fusion.
Der FW-Sprecher: Die FW-Kreistagsfraktion habe sich noch keine abschließende Meinung gebildet. Anders als die SPD, die, bevor Fakten auf dem Tisch liegen, eine Fusion befürwortet, so Brehm. Er kritisiert vor allem SPD-Fraktionssprecher und Stadtrat Andreas Hänjes. Er sei auch enttäuscht, dass der Höchstadter Stadtrat keinen Beschluss gefasst hat, eine Fusion kritisch zu begleiten, sondern diese nur "zur Kenntnis" genommen hat, so Brehm.
Der Bürgermeister: "Ich bin originär Bürgermeister", sagt Brehm. Er sei zwar kein Verwaltungsrat, aber wenn er bei einer Fusion nur zuschaue und nicht die Interessen seiner Stadt vertrete, könne er "nicht mehr in den Spiegel schauen". Die Sparkasse sei zweitgrößter Gewerbesteuerzahler in Höchstadt. Ein Verlust hätte finanzielle Folgen. Eishalle, Freibad, Kulturzentrum, Straßenbau: Alles werde auch mit Steuerbeiträgen der Kreissparkasse und deren Mitarbeiter bezahlt. "Man nimmt mit der eigenen Sparkasse dem ländlichen Raum ein Stück Infrastruktur."
Große Ängste bei Mitarbeitern
Er denke auch an die Mitarbeiter (von rund 220 der Kreissparkasse rund 140 in Höchstadt). Viele sind Bürger seiner Stadt, er sei nah dran. Ja, es gebe auch Gewinner. "Aber wenn jemand behauptet, es wären alle dafür: Das stimmt so nicht." Wer die Sorgen und Ängste vom Tisch wische, der agiere "arrogant". Die Stadtverwaltung habe schon "zig Bewerbungen" von Sparkassenmitarbeitern bekommen, die um ihre Zukunft bangen. Die Kreissparkasse stehe finanziell hervorragend da, auch weil die Angestellten in den letzten Jahren Abstriche machten, so Brehm. Die Bezahlung läge unter der anderer Sparkassen. Dementsprechend unverständlich sei, wie nun die Situation des Hauses schlecht geredet werde. Als Bürgermeister lädt Brehm alle interessierten Bürger der ganzen Region, Verwaltungsräte und Politiker zu einer Info-Veranstaltung am Dienstag, 14. März, um 19 Uhr, in der Aischtalhalle Höchstadt ein.
Der Bankenexperte: Das Bankenwesen ist seit 1977 Brehms Profession. Er war zwölf Jahre in der Bankenprüfung beim Genossenschaftsverband und er sitzt im Aufsichtsrat der örtlichen VR-Bank.
Der "Fusionsfreund" Brehm?
Die Gretchenfrage: Er hat schon mehrere Fusionen begleitet - und auch befürwortet. Warum ist er nun dagegen? Gegen Sondierungen habe er nichts. "Rein bankwirtschaftlich gesehen, kann man über eine Fusion reden. Gespräche sind nichts Unanständiges." Fusionen müsse man aber immer fallbezogen hinterfragen. Gerade bei "gesunden" Banken. Er kritisiere das Tempo. "Es ist fast anmaßend, das quasi im Adhoc-Verfahren durchzupeitschen." Ihm missfalle der Druck, zum Stichtag am 1. Juli eine Fusion im Sack haben zu wollen.
Brehms Appell: Ein externer Sachverständiger solle sich erst mit der Lage der Höchstadter Sparkasse beschäftigen. Für die Verwaltungsräte wäre das eine bessere Entscheidungshilfe. Wenn man dann sage, eine Fusion macht Sinn, "könnten die Bürger und Kunden das leichter akzeptieren". Man müsse das "nicht jetzt mit der Brechstange machen." Das habe sonst für immer "einen Beigeschmack". Dass Eile unnötig sei, sehe man an den Zahlen der Höchstadter. Die Bank liege unter den Top Ten der bayerischen Sparkassen, was die Eigenkapitalhinterlegung betrifft. Und dass sich das in den nächsten Jahren ändere, davon gehe er nicht aus.
"Klar, niemand ist Hellseher", sagt Brehm. Es gebe aber Hinweise, dass die Zukunft nicht ganz so schwarz ist, wie sie gemalt werde. Noch 2015 hätten Vorstand und Landrat der Höchstadter Sparkasse rosige Zeiten vorhergesagt. Obwohl man sich damals schon auf dem niedrigen Zinsstand befand.
Dass die Zinsen wieder steigen könnten, könne keiner sagen, ein Anzeichen sei aber die Politik der US-Notenbank. Und auch bei der auf den Sparkassen lastenden Regulierung sei Besserung in Sicht, so Brehm. Äußerungen aus dem Bundesbankvorstand würden dies zeigen.
Brehm zitiert auch aus einem Bericht zur Zukunftsfähigkeit der Höchstadter Sparkasse von 2015: "Die durchgeführten Stresstests zeigen, dass auch außergewöhnliche Ereignisse bzw. Marktentwicklungen durch das vorhandene Risikodeckungspotenzial abgedeckt werden können." Das sage aus, dass man in Höchstadt absolut krisenfest sei, so Brehm. Krisenfester als die Erlanger. Denn diese würden beim sogenannten CRR-Index, das sind Stress-Szenarien der EU, weitaus schlechter abschneiden als das Höchstadter Haus.
Der "Vertreter des Altlandkreises": Die 160-jährige Tradition der Sparkasse in Höchstadt dürfe man nicht vergessen, sagt Brehm. Seine Pflicht als Bürgermeister der ehemaligen Kreisstadt sei es, verantwortungsvoll mit dem Erbe umzugehen. Viele hätten gefragt, ob man zu einer Fusion nicht das Volk fragen könne/müsse. Er lasse dies gerade juristisch bei Gemeindetag und Regierung prüfen.
Mögliches Szenario: Da die Kreissparkasse ein Relikt der Gebietsreform der 70er Jahre ist, könnten noch Mitspracherechte bestehen. Geprüft werde die Möglichkeit, ob ausschließlich Höchstadter Wahlberechtigte ein Begehren anstreben können. 25 Prozent könnten reichen, um einen dann landkreisweiten Entscheid zur Frage "Fusion: Ja oder Nein" herbeizuführen.