Druckartikel: Spanische Grippe: Schüler und Lehrer steckten sich an

Spanische Grippe: Schüler und Lehrer steckten sich an


Autor: Manfred Welker

Herzogenaurach, Mittwoch, 03. Sept. 2014

1918 war der Krieg bereits in das fünfte Jahr eingetreten. Im vierte Kriegswinter stand Deutschland 25 Gegnern gegenüber, vermerkte Müller. "Man sagt: Viel Feind, viel Ehr! Lieber wäre mirs, wenns aus wär! Wenn nur die wahnsinnige Menschenschlächterei einmal aufhören würde!"
Glocke der Stadtpfarrkirche von Herzogenaurach Foto: Manfred Welker


In der Stadtpfarrei wurde am 30. April 1918 das Firmsakrament gespendet. Bereits im Juli 1918 waren 126 Soldaten der Pfarrei als tot gemeldet. Eine neue Tafel in der Stadtpfarrkirche musste angeschafft werden. Dazu kamen noch viele Vermisste. In der Kirche wurde die Darstellung der Heiligsten Dreifaltigkeit auf Kosten von Privatier Georg Dengler neu vergoldet.

Der Ausbruch der spanischen Grippe forderte in Herzogenaurach selber keine Todesopfer. Allerdings mussten die Schulen teilweise geschlossen werden, weil Schüler und Lehrer sich angesteckt hatten. Pfarrer Josef Müller selbst lag sieben Wochen mit Fieber darnieder. Anfang Oktober 1918 wurde der katholische Arbeiterinnenverein gegründet.
Von 1861-1909 hatten die armen Schulschwestern an der Mädchenschule unterrichtet. Erst am 5. August 1918 wurde der Unterricht an der Mädchenschule an die Englischen Fräulein übertragen und am 22. August 1918 durch das Kultusministerium genehmigt.

Es kamen die Matres Gabriele, Berchmana Hagen und Benedicta Schöber.

Stimmung wurde schlechter

Allmählich kamen Schiebereien auf, dadurch wurde die Stimmung in der Bevölkerung immer schlechter. Die Spannungen zwischen der Stadt- und der Landbevölkerung nahmen zu. Für die Turmknopfurkunde der Stadtpfarrkirche schrieb Pfarrer Franz Rathgeber: "Im ganzen Reich mußten wie in einer belagerten Festung die Lebensmittel rationiert werden, durch immer neue Verordnungen mußte gegen Wucher, Ketten- und Schleichhandel und Warenzurückhaltung angekämpft werden."

Der Herzogenauracher Schutzmann Herbig musste die Einhaltung der fleischlosen Wochen und eventuelle Schwarzschlachtungen überwachen. Als ein von ihm beschlagnahmtes, schwarzgeschlachtetes Schwein zum Teil an die Notlazarette im Liebfrauenhaus und Monopol abgegeben werden musste, kommentierte er dies mit den Worten: "Wenn ich gewußt hätte, dass das Fleisch die Preussen zu fressen kriechen, hätte ich in Sachen der Schwarzschlachtung überhaupt nichts getan." Am 15. April wurden die Uhren wieder um eine Stunde vorgestellt, auch die Kirchenuhr. Die Sommerzeit sollte am 16. September enden.

Die Region im Ersten Weltkrieg

Serie Kreisheimatpfleger Manfred Welker beleuchtet in den nächsten Wochen die fünf Jahre des Ersten Weltkriegs. Eingebettet in die Geschehnisse in Europa, werden vor allem die Ereignisse in Herzogenaurach und der Umgebung thematisiert. Der Erste Weltkrieg ist für viele Historiker die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts. Nach dem Attentat von Sarajewo standen Deutsche Soldaten an vielen Fronten in Europa. Von den 65 Millionen Bewohnern des Deutschen Reiches wurden geschätzte elf Millionen eingezogen. Insgesamt kamen zehn Millionen Menschen ums Leben.

In der Artikelserie geht es aber nicht um die kriegerischen Aktivitäten, sondern um die Verhältnisse in der Heimat. Ausgewertet wurden dafür schriftliche Unterlagen von Herzogenaurachern, die Heimatblätter der Stadt Herzogenaurach sowie diverse Presseartikel aus dem Herzogenauracher Tagblatt.

Aufruf
Wer Bilder oder Dokumente aus der Zeit des Ersten Weltkriegs hat, die mit Herzogenaurach, Höchstadt und der Region in Verbindung stehen, kann sich gern unter Telefon 09193/503822 melden oder sie uns direkt per E-Mail an redaktion.herzogenaurach@infranken.de schicken. Die Serie wird kommende Woche mit einem weiteren Beitrag unseres Mitarbeiters Manfred Welker fortgesetzt.