Siemens: Als der Kopf erstmals gescannt wurde

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Aufnahme des Kopfes mit dem Siemens-Computertomographen "Siretom" im Jahr 1975 Foto: Siemens
Aufnahme des Kopfes mit dem Siemens-Computertomographen "Siretom" im Jahr 1975 Foto: Siemens
"Siretom" hieß das erste Siemens-Serienmodell. Es lieferte aber nur Einblicke in den menschlichen Kopf. Foto: Siemens
"Siretom" hieß das erste Siemens-Serienmodell. Es lieferte aber nur Einblicke in den menschlichen Kopf. Foto: Siemens
 
Ein moderner Computertomograph von heute ermöglicht Ganzkörperaufnahmen. Foto: Siemens
Ein moderner Computertomograph von heute ermöglicht Ganzkörperaufnahmen. Foto: Siemens
 
Aufnahme des Kopfes mit einem modernen CT Foto: Siemens
Aufnahme des Kopfes mit einem modernen CT Foto: Siemens
 
Die modernste Form der Computertomographie (CT) ermöglicht heute realitätsnahe 3D-Darstellungen. Die Schnittbilder aus dem CT werden dabei zu einem 3D-Datensatz zusammengesetzt (Rendering). Foto: Siemens
Die modernste Form der Computertomographie (CT) ermöglicht heute realitätsnahe 3D-Darstellungen. Die Schnittbilder aus dem CT werden dabei zu einem 3D-Datensatz zusammengesetzt (Rendering). Foto: Siemens
 

Vor 40 Jahren brachte der Konzern seinen ersten Computertomographen auf den Markt. Die Technik hatte allerdings zuvor schon ein Engländer entwickelt - und die Beatles waren quasi der Auslöser hierfür.

Eigentlich hatte Siemens schon 1974 seinen ersten Kopfscanner mit dem Namen "Siretom" erfolgreich getestet. Doch erst ein Jahr später startete das Unternehmen die Serienproduktion seiner Computertomographen - und damit einer Produktgruppe, die für Siemens bis heute richtungweisend ist und lukrative Geschäfte ermöglicht.
Die Technik haben andere entwickelt. Auf der Suche nach Methoden, das Körperinnere darzustellen, konstruierte der Engländer Godfrey Hounsfield in den Jahren 1968 bis 1971 den ersten Computertomographen. Die mathematischen Grundlagen dafür hatten vorher andere gelegt. Doch erst die Fortschritte bei den Computerprozessoren Ende der 1960er Jahre machten Houndsfields Idee, Röntgenstrahlen auf vielen Achsen per Computer auszuwerten und so überlagerungsfreie Schichtaufnahmen zu erhalten, überhaupt realisierbar.

Schallplatten und mehr

Das Besondere: Der Elektrotechniker arbeitete weder an einer Universität noch bei einem Gerätehersteller. Er war Mitarbeiter der britischen Firma EMI. Diese produzierte damals vor allem Schallplatten, daneben elektronische Bauelemente. Houndsfield hatte allerdings ein Jahrzehnt vorher als Leiter einer EMI-Entwicklungsgruppe schon den ersten komplett aus Transistoren bestehenden Computer Englands mit auf den Weg gebracht. Jetzt durfte er weiterforschen. Denn EMI schwamm im Geld, vor allem wegen enormer Gewinne aus dem Verkauf von Aufnahmen der Beatles.

Was damals entwickelt wurde, bezeichnet Professor Michael Uder als Quantensprung der Medizin, als zweite Revolution nach Entdeckung der Röntgenstrahlen im Jahr 1895 in Würzburg. Uder ist Direktor des Radiologischen Instituts am Universitätsklinikum Erlangen. "Wir machen hier im Jahr rund 20 000 CT-Untersuchungen", berichtet er.

Konkurrenten sind GE und Philips

Am Anfang war der Computertomograph zunächst nur ein Kopfscanner für das Gehirn. Ultraschall (Sonographie) kannte die Medizin schon als bildgebendes Verfahren. "Ins Gehirn kommt man aber wegen des Knochens mit den Ultraschallwellen nicht rein", erklärt Uder. Einen Nierentumor habe man erkennen können, eine Hirnblutung nicht.

Die CT-Geräte verbreiteten sich schnell. Siemens hat nach eigenen Angaben in den vergangenen 40 Jahren mehrere 10 000 Exemplare hergestellt. Wie viele jährlich produziert werden - das Unternehmen ist in dieser Sparte stark an den fränkischen Standorten Erlangen und Forchheim aktiv -, darüber macht Siemens keine Angaben. Die Konkurrenz jedenfalls schläft nicht. Der altbekannte amerikanische Rivale General Electric (GE) sitzt Siemens auch in diesem Produktfeld im Nacken. Ebenso zählt Philips zu den weltweit führenden Anbietern.

MRT fast zeitgleich am Markt

Längst sind heute Aufnahmen vom ganzen Körper möglich. Seit kurzem gibt es sogar 3D-Darstellungen, indem die Schnittbilder zusammengesetzt werden.

Fast zeitgleich mit dem CT hielt in den 1970er Jahren ein anderes bildgebendes Verfahren in die Medizin Einzug: die Magnet resonanztomographie (MRT), auch Kernspin genannt. "Grob gesagt ist MRT geeignet für Weichteile und CT für Knochen", erklärt Uder. Es gebe aber Überschneidungen. Die Lunge sei zum Beispiel eine CT-Domäne, das Herz wiederum MRT. "Immer dann, wenn die Schmerzursache nicht genau lokalisiert werden kann, ist CT besser", macht der Erlanger Professor noch eine andere Abgrenzung. MRT hat einen entscheidenden Vorteil: Es entsteht keine Röntgenstrahlung. Die ist beim CT laut Uder höher als bei einer Röntgenuntersuchung. Immerhin: "Wir kommen heute mit einem Zehntel der Strahlung aus, die wir noch vor fünf Jahren brauchten", berichtet der Radiologe. "Die Ingenieure von Siemens haben sich wirklich eine Menge einfallen lassen, um das hinzukriegen."

Bis zu zwei Millionen Euro teurer

Günstig sind Computertomographen auch im Jahr 2015 nicht. Arztpraxen oder Kliniken müssen 300 000 bis 2 Millionen Euro dafür hinlegen. Ein Geschäft, das der Siemens-Konzern künftig nicht mehr direkt abwickelt, sondern über eine eigenständige Tochter: Seit 1. Mai ist die Medizintechniksparte ausgegliedert.