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Senioren hängen oft an ihrem Führerschein


Autor: Petra Malbrich

Höchstadt a. d. Aisch, Mittwoch, 27. Januar 2016

Obwohl viele ältere Menschen beim Autofahren zunehmend unsicherer werden, trennt sich kaum jemand freiwillig von seinem Führerschein. Das Landratsamt Erlangen-Höchstadt setzt vor allem auf den Dialog mit den Senioren.


Schon die wenigen Meter zum nächsten Supermarkt genügen, um einen Autounfall zu verursachen. Gerade ältere Leute sind zum Einkaufen auf den fahrbaren Untersatz angewiesen. Aber gerade ältere Leute sind es auch, die laut Statistik neben den Fahranfängern am häufigsten Unfälle verursachen. Die Grünen fordern deshalb verpflichtende Tests für ältere Autofahrer über 75 Jahren. "Eine Art verpflichtende Probefahrt mit Mobilitätsempfehlungen", nennt Kreissprecher Manfred Bachmayer den Vorschlag, der weit entfernt von einem Wegnehmen des Führerscheins liege.

Andere Länder wie die Slowakei haben längst verpflichtende regelmäßige Gesundheitstests. Das wird nicht als dramatisch, sondern als selbstverständlich betrachtet, wie er von seinem Schwiegervater aus der Slowakei weiß. "Das Reaktionsvermögen geht schleichend nach unten", erklärt Bachmayer. Viele ältere Leute würden das gar nicht gleich mitbekommen und auch nicht wahrhaben wollen. Aus seiner Zeit als stellvertretender Landrat, in der er oft mit 90-Jährigen in Kontakt war, weiß er, dass die meisten erst dann bereit sind, den Führerschein abzugeben, wenn etwas passiert ist.


Die Eigeninitiative fehlt oft

Oder die Kinder drängen ihre betagten Eltern zu einer Neuerungs- und Auffrischungsfahrt, wie sie die Fahrschulen anbieten. "Es wird eher selten genutzt", sagt Hubert Niefnecker von Hubi's Fahrschule. Seit 1985 ist Niefnecker Fahrlehrer, seit November vergangenen Jahres in Höchstadt selbstständig. In den vielen Berufsjahren gab es nur drei Führerscheinbesitzer, die von seinem Angebot Gebrauch machten. Wenn es solche Probefahrten geben sollte, dann müsste das per Gesetz geändert werden, findet der Fahrlehrer aufgrund der mangelnden Eigeninitiative. Der Führerschein sei nun mal Besitz und Eigentum des Fahrers.

Auch Bachmayer sieht den großen Widerspruch. Da ist er Mensch mit seiner persönlichen Freiheit einerseits, andererseits der Staat, der eine Verantwortung trägt und die Fürsorgepflicht hat. Abwägen sei hier angebracht.
Eine Statistik darüber, wie viele ältere Menschen ihren Führerschein abgeben, wird nicht geführt. Die zuständige Sachbearbeiterin am Landratsamt spricht aber von einer gefühlsmäßigen Zunahme, informiert Hannah Reuter, Pressesprecherin des Landratsamts. Wenn im Landratsamt Mitteilungen der Polizei über eingeschränkte Fähigkeiten mancher Personen beim Fahren eingehen, nimmt das Landratsamt mit diesen Menschen Kontakt auf.

"Wir reden mit ihnen und zeigen auch Möglichkeiten auf", erklärt Reuter die Vorgehensweise. Manche Menschen würden schon vorher den Schein freiwillig abgeben. Aber es gebe auch Fälle, wo die betroffenen Personen Atteste brauchen, ein Gutachter eingeschaltet oder die Sache wieder eingestellt wird, denn es könne auch durch die Tagesform der betreffenden Person zu dem auffälligen Fahrverhalten gekommen sein.


Alter alleine soll kein Grund sein

Alleine das hohe Alter sei kein Grund, den Führerschein abzugeben. Deshalb fordern die Grünen eine Art Probefahrt für ältere Menschen. Manfred Bachmayer meint, je nach Entwicklung könnte diese Probefahrt mit Mobilitätsempfehlung dann auch verpflichtend eingeführt werden. Diese Fahrt wäre nichts anderes, als die Reaktion zu begutachten. Der eine ist noch rüstig und fit, der andere fährt eher zögerlich.

"Es müsste etwas Konkretes ausgearbeitet werden", meint Niefnecker. Höchstadt sei nicht vergleichbar mit Nürnberg oder Frankfurt, wo es ein sehr hohes Verkehrsaufkommen gibt. Es spiele auch eine Rolle, ob der Rentner diese Probefahrt in den frühen Morgenstunden, vormittags oder abends zur Rushhour unternehme.
Im Landratsamt Erlangen-Höchstadt gab es in der Vergangenheit bereits Überlegungen, älteren Menschen, die ihren Schein freiwillig zurückgeben, einen Bonus in Form von Angeboten des ÖPNVs zu bieten. Diese Überlegungen wurden nicht weiter verfolgt. Doch ob sich der Vorschlag einer verpflichtenden Probefahrt mit Mobilitätsempfehlung durchsetzt oder die älteren Menschen aus Eigenverantwortung heraus Neuerungs- und Auffrischungsstunden nehmen, das Gespräch danach könne immer lauten, dass es sinnvoller und besser sei, auf Busse oder Bahn umzusteigen.


Checkliste: Sind Sie verkehrstauglich?

Elf Fragen zur eigenen Verkehrstauglichkeit von der Ärztin Dr. Hannelore Hoffmann-Born

1. Fällt Ihnen das Fahren bei Nacht oder in der Dämmerung besonders schwer, und blenden Sie häufig entgegenkommende Fahrzeuge?

2. Sind Ihnen in letzter Zeit nicht erklärbare Unfälle oder Beinahe-Unfalle passiert?

3. Verfahren Sie sich öfter?
4. Empfinden Sie das Autofahren als immer anstrengender?

5. Fällt es Ihnen schwer, die Geschwindigkeit anderer Autos richtig einzuschätzen?

6. Hat Sie jemand mal auf Ihren Fahrstil angesprochen oder fährt man ungern mit Ihnen?

7. Fühlen Sie sich in fremder Umgebung oder im dichten Stadtverkehr zunehmend unsicher?
8. Haben Sie das Gefühl, in kritischen Situationen (am Steuer) langsamer als früher zu reagieren?

9. Sind Sie unsicher, wenn Sie auf eine Hauptverkehrsstraße (ohne Ampelregelung) einbiegen wollen?

10. Sind Sie tagsüber vermehrt müde - auch am Steuer?

11. Hupen andere öfter ungeduldig?