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Seltene Pflanzen am Höchstadter Kellerberg


Autor: Pauline Lindner

Höchstadt a. d. Aisch, Mittwoch, 08. Mai 2013

Dem Biologen Hans Krautblatter stach am Höchstadter Kellerberg eine mediterrane Pflanzengesellschaft ins Auge. Darunter der sehr seltene Nickende Milchstern.


Er hat nicht schlecht gestaunt, der Biologe Hans Krautblatter, als er kürzlich den Höchstadter Kellerberg hinauffuhr. An der Böschung vor den ersten Kellerhäuschen leuchtetet es unter den austreibenden Büschen und Laubbäumen auffallend Blau und Weiß. Ein spärliches Grüppchen Vergissmeinnicht war ihm schon im vergangenen Frühjahr aufgefallen, aber nun war es eine mehrere Quadratmeter große Fläche: blau, blau, blau.

Das ist nicht die gängige heimische Art, sondern der wärmeliebende Verwandte aus dem Kaukasus, fand er heraus, als er mit der Lupe die Samenstände begutachtete. Vermutlich hat ihn vor einiger Zeit ein Gartenliebhaber bei sich angepflanzt und die Samen fanden unmittelbar neben dem Gehweg den ihnen zusagenden Standort. Im Halbschatten und mit wärmender Sonne am Nachmittag. Und der lehmige Untergrund bietet genug Feuchtigkeit.



Davor stehen dichte Büschel einer weißen Blumensterne. Sie wirken ein bisschen grau. Vom Straßenstaub? Nein, auch das ist kein gewöhnlicher Milchstern - doldig nennen ihn die Biologen - sondern der Nickende Milchstern (Ornithogalum nutans), auch Vogelmilch genannt. Mit dem Spargel weitläufig verwandt und ursprünglich aus dem Mittelmeerraum stammend.

Verschollene Pflanze

Diese Entdeckung freute Krautblatter ganz besonders, hat er doch zusammen mit vielen anderen Biologen vor längerer Zeit die Flora des Regnitzraumes erfasst, eine Region von ungefähr 150 Kilometer Durchmesser. Sein Aufgabengebiet war das Messtischblatt Höchstadt, immerhin ein Karree von 12,5 auf 12, 5 Kilometer. Zwei frühere Standorte des Nickenden Milchsterns waren bekannt, aber er selber fand keine. Im westlichen Steigerwald hatten seine Kollegen mehr Glück. Und nun hier, einfach so an der Straße. In einer gemischten Blumengesellschaft: mit Muskari oder Traubenhyazinthen, einem Mittelmeerzwiebelgewächs, die gewiss aus einem Garten ausgewandert sind; mit dem hellgrünen, weißblühenden Lauchkraut, das beim Kauen der Blätter einen zarten Knoblauchduft verströmt, und - nur mehr an den Blätter auffindbar - jeder Menge Veilchen.

"Die drei Migranten fühlen sich hier offenbar wohl", schätzt Krautblatter das üppige Wachstum ein. Der Regen zuvor und nun der Sonnenschein mag ein übriges dazu getan haben. Um auch noch jemanden hervorzulocken: den Doldigen Milchstern, der gar nicht so selten auf heimischen Wiesenrändern vorkommt. Die oberste Blüte hat sich erst geöffnet, so dass man die namengebende Form noch nicht erkennt.

Einige Insekten fliegen herum. Das erinnert Krautblatter an ein aktuelles Phänomen. Das Massenschlüpfen und Paaren der Markusmücke (Bibio marci), auch Märzhaarmücke genannt. Ihren Namen haben die tiefschwarzen Kerfe vom Namenstag des Apostels am 25. April. "Sie stechen und beißen nicht, sind aber äußerst nützlich als Bestäuber", erklärt der Fachmann. "Man sollte nicht unterschätzen, wie viel Pollen die haarigen Mücken von Kirschblüte zu Kirschblüte tragen. "

Und noch etwas ist für den Pilzkenner Krautblatter wichtig: Die diesjährige Pilzsaison hat begonnen. Mit den wohlschmeckenden Morcheln. Eine Frau hat ihm zwei Käppchen-Morcheln zum Bestimmen vorbeigebracht. "Das sind nicht die besten, aber ansonsten ziehe ich Morcheln dem Trüffel bei weitem vor", verrät er noch.