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Seit zehn Jahren: Musik aus zwei Herzen


Autor: Tina Meier

, Dienstag, 18. August 2015

Wulli Wullschläger und Sonja Tonn stehen mit mindestens zwei Stimmen und einer Gitarre seit zehn Jahren gemeinsam auf der Bühne. Das feiern sie am 23. August auf dem Erlanger Marktplatz.
Zwei Stimmen und eine Akustikgitarre - Wulli und Sonja sind seit zehn Jahren ein Team. Foto: privat


Wie begann vor zehn Jahren eure gemeinsame Bühnengeschichte?
Sonja Tonn: Für mich war Musik schon immer das Schönste auf der Welt. Ich verfolgte, wer auftritt, und dieser Wulli spielte überall. Den wollte ich auf gar keinen Fall sehen, weil ich dachte, dass er Alleinunterhalter ist - keiner kann so viel spielen wie er. Eines Abends wollte ich mal wieder auf ein Konzert gehen, und da saß Wulli auf der Bühne. Das war so schöne Musik!
Wulli Wullschläger: Ihre Verwunderung hab ich auf der Bühne erkannt und bin in der Pause zu ihr. Sie hat mir erzählt, dass sie früher in einer Band gesungen hat. Mein Angebot, auf die Bühne zu kommen, hat sie natürlich abgelehnt. Nach dem zweiten Song des nächsten Sets habe ich sie dann angekündigt und sie musste mit rauf. Es hat sofort irgendwie "Boom" gemacht, und alle waren begeistert. Drei Tage später hatten wir bereits in Bamberg unseren ersten gemeinsamen Auftritt.
Sonja: Ich habe dann nach einem Jahr meinen Beruf als Altenpflegerin gekündigt und mich ziemlich schnell selbstständig gemacht. Es war klar, dass es für mich nur noch eine Chance gab, meinen Lebenstraum ,Musik' zu erfüllen.

In welchen Besetzungen spielt ihr?
Wulli: Wir beide sind der Kern. Dazu kommen oft Gastmusiker. Es gibt eine feste Band für große Veranstaltungen und Feste wie das Annafest oder die Bergkirchweih.

Gibt es unter euren drei gemeinsamen Alben ein Lieblingsalbum?
Wulli: Wir beide haben eine Lieblings-CD, die wir von Grund auf zusammen erdacht haben - Der letzte Gaukler. Sie besteht zu drei Vierteln aus eigenen Titeln, auf deutsch und englisch. Sie kommt aus dem Herzen. Wer diese CD mit Aufmerksamkeit hört und uns auf der Bühne erlebt, merkt, dass es eins zu eins übereinstimmt.

Woran macht ihr fest, ob ihr ein Lied auf Deutsch oder Englisch schreibt?
Wulli: Das liegt am Lied. Ein Lied entsteht durch Gedanken und Erfahrungen. Wenn ich zurückdenke, dann ist es so, dass bei den deutschen Titel zuerst die Story steht. In Deutsch können wir uns einfach besser ausdrücken. Es gibt aber auch Lieder, wo die Melodie zuerst da ist. Zu einer wunderbaren Melodie möchte man texten und merkt dann, dass die englischen Worte sich schöner einbetten. Es sind zwei völlig andere Macharten.

Schreibt ihr die Lieder gemeinsam?
Wulli: Es ist oft so, dass einer einen Vorschlag hat, der andere es sich anhört und man den Gedanken gemeinsam schleift.

Welche Unterschiede gibt es zwischen Live-Auftritten und der Arbeit im Studio? Was gefällt euch besser?
Sonja: Den letzten Gaukler haben wir sogar live aufgenommen. Das Gefühl kann live einfach besser übermittelt werden.
Wulli: Live ist immer besser, es ist schwer, im Studio so locker zu sein, wie wir uns haben wollen. Man muss sich im Studio mit den Wänden um sich herum total selbst motivieren.

Ihr seid in ganz Deutschland unterwegs. Habt ihr auch in anderen Ländern gespielt, zum Beispiel in Österreich?
Wulli: Wir waren im April in Österreich. Das war sehr schön, aber auch schwierig, weil man sich erstmal in Wien behaupten muss. Wir hatten zwar nicht viele Gäste, aber die kommen wieder und bringen mehr mit. Wir haben vor, nochmal dort zu spielen.

Habt ihr musikalische Vorbilder?
Wulli: Es gibt kein "Übervorbild" für uns, aber schon eine ganze Menge Vorbilder. Allen voran Tommy Emmanuel, der Gottvater der Akustikgitarre. Er ist unerlässlich, spornt mich an und motiviert mich.
Sonja: Mein Fehler war es, dass ich Wulli eine Weihnachts-CD von Tommy Emmanuel geschenkt habe. Die mussten wir zwei Jahre anhören - auch im Sommer. Leider ist sie auf unerklärliche Weise verschwunden ... Ich hab sie aber nicht weg (lacht). Ich mag zum Beispiel Simon und Garfunkel. Ich habe alle Alben durchgeheult. Glaubwürdige Musiker mit echten und guten Texten gefallen mir.
Wulli: Die Texte waren mir früher völlig gleichgültig. Ich wollte mich einfach in einen vollen Sound fallen lassen.
Sonja: Es gibt so viele schöne Musik - deshalb haben wir auch so viele verschiedene Projekte. Ob wir Jazz spielen, dann einen Rocksong, Folksong oder einen Schlager. Wir spielen das, was wir lieben, und das ist viel.

Was macht ihr als erstes nach dem Schlussapplaus?
Sonja: Kurz durchschnaufen und dann für Gespräche mit unseren Gästen und Fans da sein.
Wulli: Gern mal ein Glas Sekt trinken. Aber leider regiert dann meist der normale Wahnsinn und man kann den Auftritt nicht in Ruhe Revue passieren lassen. Auf den Touren ist es leichter, zu reflektieren, aber hier in Erlangen steht die Arbeit im Vordergrund. Gerade der Strohalm, meine Kleinkunstbühne in Erlangen, kostet Zeit und Arbeit.

Möchtet ihr jemals beruflich etwas anderes machen?
Sonja: Nee! Ich darf seit zehn Jahren das machen, was ich liebe und freue mich auf jeden Auftritt, den wir zusammen spielen. Ich weiß nie, wie ein Auftritt wird, weil es bei uns kein festes Programm gibt. Wir schauen, wie die Leute ticken und worauf wir Bock haben - das steckt an.
Wulli: Der Weg ist klar. Das ist ein schönes Gefühl. Es kristallisiert sich raus und ich konzentriere mich darauf, was ich kann.

In zehn gemeinsamen Jahren kann nicht alles glatt gelaufen sein. Gab es größere Pannen oder auch persönliche Differenzen?
Sonja: Wir hatten schon einige Probleme mit Autos, die kaputt gegangen sind oder geplatzte Reifen hatten. Auf der persönlichen Ebene ist aber wirklich immer alles glatt gelaufen.
Wulli: Wir haben eine Freundschafts - und eine Geschäftsbeziehung. So können wir auch mal voneinander Abstand nehmen und Meinungsverschiedenheiten aushalten. Bei einer Liebesbeziehung würde das nicht funktionieren.

Was hat sich innerhalb der letzten zehn Jahre geändert?
Sonja: Das Niveau der Gäste und der Veranstaltungsorte haben sich geändert. Wir spielen nahezu keine Kneipengags mehr und spielen auf großen und schönen Bühnen.

Der Weg dahin war bestimmt nicht einfach ...
Sonja: Man muss viel an sich arbeiten.
Wulli: Das geht nur über die kleinen Bühnen. Man muss zuerst über einen Graben kommen und dafür braucht man einen Steg, sei er auch noch so wackelig. Genau über diesen Steg sind wir balanciert, nicht eingebrochen und drüben angekommen.

Am 23. August feiert ihr in Erlangen. Was darf man erwarten?
Wulli: Für fünf Stunden dürfen wir ab 16 Uhr auf die Bühne auf dem Marktplatz und machen einen kleinen Aufriss der letzten zehn Jahre. Wir holen ein paar Freunde auf die Bühne, die mit uns spielen, und werden sie interviewen, wie es ihnen mit uns ergangen ist. Wie möchten ein Bild vermitteln, darüber wie wir reingewachsen sind und was wir noch vorhaben.

Wie würdet ihr eure Musik in drei Worten beschreiben?
Wulli: Überraschend - wir wissen selbst nie, was passiert, druckvoll.
Sonja: Und echt.