Röttenbach und die Aufgabe als Stromversorger
Autor: Pauline Lindner
Röttenbach, Donnerstag, 21. Februar 2013
Die Gemeinde Röttenbach ist sowohl Stromproduzent als auch Stromversorger in einem kommunalen Eigenbetrieb. Was es dabei alles zu beachten gibt, erläutern Bürgermeister Ludwig Wahl und sein Mitarbeiter Georg Götz.
Lieferung in der Gemeinde Röttenbach: Die bestellten LED-Straßenlampen sind eingetroffen. Mit ihnen wird das Neubaugebiet Sonnenhang ausgestattet. "Als nächstes werden wir die Leuchten in der Mühlbergstraße auswechseln; sie sind die ältesten", erläutert Bürgermeister Ludwig Wahl (FW) die Vorhaben der Gemeinde.
Wahl und der Gemeinderat setzen konsequent auf Energiesparen. "Gerade weil wir Stromversorger sind", betont er. Und sogar Stromproduzent. Röttenbach hat seit gut 50 Jahren eine eigene Stromversorgung - als kommunaler Eigenbetrieb, die Stromversorgungs GmbH Röttenbach. Mit dem Rat zusammen trifft er die wegweisenden Entscheidungen, für das operative Geschäft steht ihm Georg Götz zur Seite.
"In den letzten Jahren gab es massive Veränderungen", sagt Götz. Und Wahl: "Nach meiner Wahl habe ich mich intensiv mit dem Thema Strom befasst; es ist viel komplexer, als ich vorher dachte." Unterscheiden müsse man bei der gemeindlichen Stromversorgung Röttenbach (GSR) den Stromvertrieb und den Stromnetzbetrieb.
Alle Kabel und Trafostationen im Ortsgebiet gehören der Kommune. Vom "vorgelagerten Netzbetreiber" Tennet erhält Röttenbach den Strom, den es an der EEX-Börse in Leipzig gekauft hat, an einer Übergabestation im Mittelspannungsnetz mit 20 kV (Kilovolt). Die GSR transformiert ihn dann ins Niederspannungsnetz.
Der Weg vom Stromerzeuger zum Verbraucher ist durch Durchleitungsverträge über die Bundesnetzagentur geregelt.
Röttenbach braucht im Jahr etwa 13 Millionen Kilowatt Strom. "Um ein Spekulationsrisiko an der Börse zu vermeiden, hat der Gemeinderat beschlossen, in zwölf Tranchen zu festgelegten Zeitpunkten zu kaufen." Trotzdem beobachtet Hans Götz den Markt genau und kauft günstige Pakete dazu. "Jetzt schon für 2015" , klärt er auf und nennt als Preisfaktor "die Uhrzeit". Nachts, also in einer Zeit geringeren Verbrauchs, ist Strom billiger. "Bei uns hat die Norma einen hohen nächtlichen Verbrauch. Das fließt in den Stromlieferungsvertrag für den Großabnehmer mit ein", erläutert Wahl.
Einkaufspreis + Betriebskosten + Gewinn = Endpreis? "Von wegen", lacht Wahl, "das ist fast wie beim Sprit." Die "Ware Strom" macht nur 30 Prozent aus, dazu kommen 20 Prozent Netzentgelte und 20 Prozent Umlage nach dem Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG). "Dann elf Prozent Ökostromsteuer, acht Prozent Konzessionsabgabe, die Umsatzsteuer und die Umlage nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, die Umlage nach § 19 Energiewirtschaftsgesetz, durch die die Entlastung für energieintensive Betriebe auf die Allgemeinheit umgelegt wird. Und ganz neu: die Off-Shore-Haftungsumlage", listet Wahl akribisch auf.
"Letztere ist ein Ausfallersatz, den es auch bei Photovoltaik-Anlagen gibt, wenn sie abgesschaltet werden müssen." Damit ist Wahl bei einem anderen Thema, das auch die Gemeinde selbst betreffen kann. Denn seit 2009 erzeugt sie selbst Strom auf dem Schuldach und auf dem Rathaus. Und 102 Röttenbacher dazu. "2012 haben wir zusammen 850.000 Kilowatt erzeugt", weiß Götz.
Ein Zähler misst, wie viel Strom ins Netz eingespeist wird, und der Betreiber erhält mit 20-jähriger Garantie den Preis der zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme gegolten hat. Kontinuierlich.
2012 kam nun eine Gesetzesänderung und für Götz eine zusätzliche Aufgabe: Anlagen mit einer Leistung zwischen 10 und 30 kWpeak (Kilowatt Spitzenleistung) müssen mit einem Funkrundsteuerempfänger ausgerüstet werden, um sie bei Überlastung des Netzes, also wenn zu viel Strom fließt, abgeschalten zu können. Darauf muss Götz achten. Für den Anlagenbesitzer entstünde aber kein Nachteil. "Aber es ist bislang noch nicht vorgekommen", beruhigt er. Vielleicht auch deshalb, weil Röttenbach zur Versorgungssicherheit und damit auch zur Ableitung von Photovoltaik-Strom eine neue 20-kV-Leitung ins Gewerbegebiet gebaut hat.
Arbeitsintensive Abrechnung
Der Anlagenbesitzer erhält die Strommenge vergütet, die in der Ausfallzeit produziert worden wäre. "Richtig kompliziert wird es, wenn der Erzeuger seinen Strom selbst verbraucht", fügt er an. Das ändert sich bei Anlagen, die ab diesem Jahr in Betrieb genommen werden. Für den erzeugten, aber selbst verbrauchten Strom erhalten sie keine Vergütung nach dem EEG. "Die Abrechnung ist arbeitsintensiv, nicht die Technik", umreißt Götz nochmals seien tägliche Arbeit.
Dafür hat es der Verbraucher ganz einfach? Im Vergleich Ja. In Röttenbach hat er die Wahl zwischen Strom aus Wasserkraft, "Naturstrom Öko", der zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien stammt, und Graustrom (rund 24 Prozent aus Atomenergie und 38 Prozent aus Kohle) sowie den Begriff "Röttenbach spezial".
Freilich sind die Tarife nochmals nach Verbrauchsmengen gestaffelt. Darum muss sich der Bürger aber nicht kümmern. Die Abrechnungssoftware stuft ihn immer in die für ihn günstigste Kategorie ein.