Preiskampf ruiniert die Bauern
Autor: Richard Sänger
Dannberg, Sonntag, 20. März 2016
Nicht nur wegen sinkender Erzeugerpreise, sondern auch wegen vieler Auflagen fürchten zahlreiche landwirtschaftliche Familienbetriebe um ihre Existenz.
Ein gemütlicher Kaffeeklatsch war es nicht gerade, was den CSU-Landtagsabgeordneten Walter Nussel bei einem Treffen auf dem Hof des Kreisobmanns des Bayerischen Bauernverbands (BBV), Robert Ort, erwartete. Neben Ort waren auch dessen Stellvertreter Rudolf Groß, Kreisbäuerin Evi Derrer sowie Helmut Wolf von der Geschäftsstelle des BBV Nürnberg-Herzogenaurach gekommen, um Nussel ihr Leid zu klagen.
Ort und Wolf hielten sich nicht lange mit Vorreden auf. Sie machten deutlich, dass die Existenz vieler bäuerlicher Familienbetriebe in Bayern auf dem Spiel stehe. "Die Politik in München, Berlin und Brüssel darf nicht mehr nur zusehen, sondern muss schnellstmöglich Maßnahmen ergreifen", forderte der Kreisobmann und präsentierte dem Abgeordneten einen Forderungskatalog zur Existenzsicherung bäuerlicher Familienbetriebe.
Die Land- und Forstwirtschaft bleibt laut Ort langfristig regional und global eine Schlüsselbranche, um die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts wie Ernährungssicherung, Klimawandel, Umstieg auf regenerative Energien, Ressourcenschutz, Wahrung von Heimat und Lebensqualität gemeinsam mit der Gesellschaft und der Politik zu meistern. "Jetzt sind wirksame Maßnahmen nötig, damit die bäuerliche Landwirtschaft nicht in eine Krise schlittert", fordert der Kreisobmann.
Die großen deutschen Handelskonzerne Edeka, Aldi, Lidl und Rewe würden bereits 85 Prozent des Marktes beherrschen und diese Macht gnadenlos ausnutzen. So sei zum Beispiel die Spanne zwischen Erzeuger- und Verbraucherpreis bei Schweinefleisch und Milch 2015 deutlich gewachsen. Gleichzeitig kämpfen Tausende Bauernhöfe ums Überleben.
Die Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse lägen am Boden. Gerade bei Milch und Fleisch, bei Ferkeln und Getreide spitze sich die Situation immer weiter zu. Und Wolf ergänzte: "Viele Bauernfamilien leiden unter den zu niedrigen Preisen, die gerade durch den Machtkampf der Handelskonzerne immer weiter sinken. In dieser schwierigen Situation macht Minister Gabriel mit seiner Ministererlaubnis den größten Handelskonzern noch mächtiger." "Diese Entscheidung ist ein Schlag ins Gesicht der Bäuerinnen und Bauern", erklärte die Kreisbäuerin.
Um dem ruinösen Preiskampf bei Lebensmitteln Einhalt zu gebieten, fordert der Bauernverband außerdem ein unbefristetes Verbot für den Verkauf unter Einstandspreis. Das Verbot müsse so gestaltet werden, dass bei der Bestimmung des Bezugspreises Werbekostenzuschüsse oder vergleichbare Zahlungen außen vor bleiben.
Kein Verständnis für Embargo
Besonders fatal sei, dass die Politik in dieser Situation noch eine Schaufel drauflege: "Während die Betriebe unter den schon skandalösen Preisen leiden, sind es auch immer wieder neue Auflagen und Regelungen, die viele Familienbetriebe vor nahezu unlösbare Probleme stellen oder gar zum Aufgeben zwingen", wissen Ort und Groß.Zur Sprache kam auch die umfangreiche Bürokratie. Die Gängelung durch die Behörden ist auch dem Landtagsabgeordneten ein Dorn im Auge: "Wenn Brüssel neue Auflagen erlässt, dann setzt Bayern noch einen drauf", gab Nussel im Gespräch zu. Der Bauernverband hat auch für das Russland-Embargo wenig Verständnis. "Russland und die Menschen dort brauchen unser Produkte", ist sich Robert Ort sicher.
Walter Nussel nahm den umfangreichen Forderungskatalog in Empfang und sagte zu, den Bauernverband bei den zuständigen Ministerien in München zu unterstützen. Zu den Forderungen gehören ein Programm zur Existenzsicherung bäuerlicher Familienbetriebe mit Liquiditätshilfe und Bürgschaftsprogramm, weitere Beitragsentlastung bei den Sozialversicherungen und ein steuerliches Entlastungspaket.