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Plastikfasten: Yannick macht den Selbstversuch


Autor: Yannick Hupfer

Höchstadt a. d. Aisch, Montag, 11. März 2019

Einen Monat ohne Plastik leben: Was zunächst einfach klingt, wird schnell zur Herausforderung. Ein Selbstversuch.


Im Becher oder in der Waffel?" Fast wollte ich dem Mann hinter der Eis-Theke aus Routine "Becher" antworten, doch dann fiel mir ein: Eisessen ohne Löffel - schlecht. Also entweder hinsetzen und mit einem richtigen Löffel das Eis genießen oder es in der Waffel mitnehmen.

Am Anfang meines Experiments dachte ich mir: So schwer kann das nicht sein, das Plastikfasten. Sieht man sich die Strände dieser Welt, die Plastikberge dieser Haushalte an, fragte ich mich: "Muss das sein? Braucht es wirklich so viel Plastik?"

Dabei ist das Material fast überall: die Tupperdosen-Sammlung in der Küche, die Gesichtscreme im Bad oder der Fensterreiniger im Putzeimer. Achtet man genau auf seine Umwelt und auf das, was man verwendet, wird klar, dass Plastik in allen Lebensbereichen etabliert ist. Unser, mein Plastikverbrauch ist zu hoch für diese Welt.

Und genau das machte es mir in den vergangenen zwei Wochen verdammt schwierig, darauf zu verzichten. Denn: Wo anfangen? Im Bad zum Beispiel, im Sammelsurium, ja im Mekka des Plastik. Nachtcremes, Haar-Shampoos und Zahnbürsten sind wir gar nicht mehr anders gewohnt, als immer und immer wieder in bunten Plastikverpackungen zu kaufen.

Doch hier gibt es Alternativen. Viele Drogeriemärkte bieten mittlerweile Zahnbürsten aus Holz an. 100 Prozent biologisch abbaubar. Wer denkt, mit denen sollte man lieber den Küchenboden als die Zähne schrubben, liegt falsch. Das Material ist angenehm, kein Unterschied für den Verbraucher zur Plastikzahnbürste - jedenfalls für den Verbraucher. Denn alle paar Wochen landet bei mir die Zahnbürste im gelben Sack. Das Pendant aus Holz kostet rund 2,50 Euro und damit mehr als eine herkömmliche. Mehrkosten der Umwelt zuliebe. In vielen Drogeriemärkten kann man mittlerweile zumindest einige plastikfreie Produkte kaufen. Die Zahnpasta ist im Bad ein weiterer Faktor für den hohen Plastikverbrauch. Die umweltfreundliche Alternative: Kautabletten. Für fast fünf Euro bekommt man 125 von ihnen - die Verpackung verspricht, das würde zwei Tuben entsprechen. Zunächst ungewohnt beißt man auf den Tabletten herum, bis eine mehr oder weniger cremige Masse entsteht. In Verbindung mit Wasser wird die allerdings sehr flüssig und ist somit nicht die Optimal-Lösung.

Klar wurde mir aber auch, dass ein Verzicht auf Plastik insgesamt verdammt teuer werden kann. Kauft man in einem Discounter ein, ist das Angebot plastikfreier Lebensmittel schwindend gering. Es bleibt nur noch der Griff zur teureren Ware.

Alternative: Unverpackt-Laden

Eine Alternative dazu ist der Unverpackt-Laden, in unserer Region zu finden in Bamberg, ab Sommer auch in Erlangen. Mit reichlich Glasdosen im Schlepptau kann man hier wirklich viele Lebensmittel einkaufen: Nudeln, Reis, sogar Spülmittel kann man sich abzapfen. Und: Schokolade. Doch die Produkte sind teurer als herkömmliche.

In meiner Tasche landete ein Deo. Nicht zum Sprühen, sondern zum Streichen. Das feste Deo, vegan und mit ätherischen Ölen, riecht recht angenehm, nicht zu aufdringlich. Aber vor allem funktioniert es. Zehn Euro kostete es mich, dafür ist es mit Palmarosa-Öl aus biologischem Anbau und soll länger halten.

Doch von Höchstadt aus nach Bamberg zu fahren und wieder zurück, um einkaufen zu gehen, ist nicht gerade umweltbewusst. Es sollte deshalb einfach mehr solcher kleiner Unverpackt-Läden geben. Ein Konzept für die Höchstadter Innenstadt? Dieser Selbsttest stieß oft an seine Grenzen - sehr oft. Denn Plastik ist wirklich überall angelangt. Selbst die Spülmaschinen-Tabs sind umhüllt von einer durchsichtigen Folie. Jeder einzelne. Plastik ist selbst da, wo man es sich nicht vorstellen kann, und nur wer explizit auf den Verbrauch achtet, merkt wo.

Ein Bowling-Abend mit den Freunden: Klingt umwelttechnisch einwandfrei, ist praktisch schlecht. Werden einem vor dem Bowlen die dazugehörigen Schuhe entgegengestreckt, stecken in ihnen auch Einmal-Socken - in einer Plastikhülle.

Plastikfasten heißt auch, kreativ zu werden und nach selbst gemachten Lösungen zu suchen. Haarspray beispielsweise kann man leicht - aber zugegebenermaßen nicht so effektiv - selbst herstellen. Zuckerwasser schafft Ersatz. Das Gemisch abfüllen in eine Glasflasche und mit einem Sprühkopf aus Plastik verschließen - fertig.

Sie merken: Um das Plastik kommt man nie so ganz herum. Man kann es reduzieren, man kann nach Ersatz suchen, man kann aber nicht komplett darauf verzichten.

Richtig schwer fiel mir der Selbsttest vor allem bei den Süßigkeiten. Jede Gummibärchenverpackung, jede Tafel Schokolade und vor allem jeder einzelne Schokoriegel ist in Plastik verpackt. Gibt es denn da keine Alternative? Wohl würde sich eine finden, aber nicht, solange der Konsument, also wir alle, weiterhin diese Produkte kauft. Ja, einen Riegel zwischendurch habe ich geliebt. Doch es ist auch in Ordnung, darauf zu verzichten. Plastikfasten bedeutet auch Süßigkeitenfasten.

Verzichten geht, doch Plastikfasten ist mehr als der reine Verzicht, es ist ein Umstieg auf das, was vor einigen Jahren noch selbstverständlich war. Auf Ketchup in Glasflaschen und Zahnbürsten aus Holz. Ein Verzicht ist dabei unumgänglich, doch längst lässt sich nicht auf alles verzichten, um das Plastik gewickelt ist. Plastik völlig zu meiden ist schon ob mangelnder Alternativen nicht möglich. Der Industrie sei dank.

Eine Reduzierung tut der Umwelt aber gut - und wer bewusst auf Plastik achtet, der wird den Überfluss erkennen und weniger davon verbrauchen. Eine Waffel zum Eis schmeckt im Übrigen auch exzellent.