Oldtimer-Mähdrescher läuft immer noch
Autor: Paul Frömel
, Mittwoch, 08. August 2012
Seit 47 Jahren drischt Simon Hack mit dem selben gezogenen Mähdrescher. Für kleinere Flächen ist die Maschine heute noch bestens geeignet, findet der Landwirt, für den Fortschritt nicht immer gleichbedeutend mit Vorteilen sein muss.
Immer größer, immer stärker, immer schneller? Muss nicht sein, sagt Simon Hack. Der Landwirt aus Kienfeld fährt keinen dieser modernen Mähdrescher, die teilweise kaum noch durch eine gewöhnliche fränkische Ortsdurchfahrt passen. Wenn Hack auf dem Feld Getreide drischt, kann es schon einmal passieren, dass Passanten anhalten und ihm bei der Arbeit zusehen. Was da hinten dranhängt am Schlepper ist nämlich ein gezogener Mähdrescher, ein Gerät, das heute normalerweise höchstens im Museum anzutreffen ist.
Sogar Robert Ort, der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes und damit von Amts wegen viel unterwegs bei den Landwirten der Region, kennt keine vergleichbare Maschine, die noch in Betrieb ist. "Als die Mähdrescher aufkamen, war die gezogene Variante mal ein Trend, aber ich wusste nicht, dass da überhaupt noch einer benutzt wird."
Wer zuletzt drischt ...
"Als ich mir 1965 den Claas Junior gekauft habe, haben mich meine Kollegen belächelt", erinnert sich Hack. "Heute haben die meisten keinen eigenen Mähdrescher mehr, sondern lassen Lohndreschen. Aber meiner ist immer noch in Betrieb." Rund um Kienfeld war er in den vergangenen, trockenen und sonnigen Tagen unterwegs, auch wenn es nur noch wenige Hektar sind, auf denen er und seine Familie Getreide anbauen.
Vor 47 Jahren überzeugte nicht nur der Preis des gezogenen Mähdreschers den Landwirt, denn ein Selbstfahrer kostete gut das Doppelte. Er wollte auch unabhängig sein, dreschen, wann es ihm passt und sich nicht mit anderen eine Maschine teilen, die dann jeder zur gleichen Zeit benutzen möchte.
Ohne Staub in der Lunge
Damals wie heute schwört Simon Hack auf die Vorzüge des Anhängers. So könne man mit seinem Claas dank des geringen Leergewichts von rund zwei Tonnen auch feuchte Äcker befahren, auf denen schwerere Selbstfahrer schon längst eingesunken wären. Das habe gerade in früheren Jahren dazu geführt, dass er oft bei Nachbarn gedroschen und sich so ein nettes Zubrot verdient habe.
Ganz zu schweigen davon, dass der Fahrer bei den Selbstfahrern noch vor einigen Jahrzehnten nicht in einer geschützten und voll klimatisierten Kabine saß, sondern auf einem einfachen Sitz vorne auf der Maschine."Die haben da viel Staub geschluckt. Davon bekomme ich vorne im Schlepper nichts mit", freut sich Hack.
Und außerdem: "So günstig wie ich drischt heute keiner mehr." Wenn er seine Arbeitszeit und die Betriebsstunden seines Traktors nicht mit einrechnet, verbleiben ihm die Kosten für zehn Liter Diesel, also maximal 15 Euro, für das Dreschen eines Hektars. Zum Vergleich: Ein Lohndrescher verlangt für die gleiche Fläche zwischen 120 und 150 Euro.
Auch Hack weiß, dass ein moderner Mähdrescher mit mehreren hundert PS und seiner enormen Schnittbreite von bis zu zwölf Metern natürlich deutlich schneller arbeitet als die Erntemaschine von 1965, aber das spielt für ihn mit seinen vergleichsweise kleinen Flächen nicht die größte Rolle. Er erwähnt stattdessen die Reparaturkosten, die er für all die Jahre mit 300 DM beziffert. "Seit es den Euro gibt, musste ich noch gar nichts reinstecken", erklärt er. Einige Riemen sind noch original, ebenso ein Teil der Reifen. Eine Wartung brauche der gezogene Mähdrescher ebenfalls nicht, denn seine Technik bestehe auf Großen und Ganzen aus Zapfwelle, Keilriemen und Kettenantrieb. "Da reicht es, ihn nach der Dreschzeit sauber zu machen", sagt Simon Hack.
"Ich will mit gar niemandem tauschen", bekräftigt der Kienfelder, für den sein Mähdrescher auch einen sentimentalen Wert hat. "Früher hat man so viel weggeworfen, und heute findet man es schade, dass man es nicht mehr hat."