Naturschützer in Höchstadt schlagen Alarm
Autor: Christian Bauriedel
Höchstadt a. d. Aisch, Donnerstag, 24. Mai 2018
Naturschützer protestieren gegen Pläne der Stadt, in der Kerschensteinerstraße Wohneinheiten zu bauen. Sie sehen ein grünes Kleinod gefährdet.
Für sie ist es skandalös, was die Stadt Höchstadt hier vor hat. Hans Krautblatter, Helmut König und Christoph Reuß schlagen Alarm. Die Vertreter des Bund Naturschutzes (BN) stehen auf der Wiese des verwilderten Areals südlich der Kerschensteinerstraße in Höchstadt. Blumen und Gräser wachsen kniehoch. Dichte Baumkronen säumen den Rand der Grundstücke.
Sie haben die Presse eingeladen, um zu zeigen, was hier, mitten im Wohngebiet, im Laufe der Jahre entstanden ist. Und gleichzeitig wollen sie ihren Protest ausdrücken. Darüber, dass der Stadtrat im März (mit drei Gegenstimmen) beschlossen hat, genau hier 30 bis 40 Wohneinheiten schaffen zu wollen. Als Baugrund würde die Stadt die teils privaten Flächen kaufen und zusammen mit dem stillgelegten Hartplatz nebenan bebauen lassen. Die Wohnungen will man sozial verträglich vermieten.
Grünes Paradies der Artenvielfalt
"Es ist ein Unterschied, ob ich irgendein Grundstück bebaue oder solch eine intakte Grünzone", sagt Krautblatter. Alte Obstbäume, Apfel, Kirsche, Zwetschge. Teils bis zu 60 Jahre alt. Riesige Nussbäume. Alles umsäumt von Hecken, nur ganz selten gemäht. Der Biologe und ehemalige Gymnasiallehrer kommt aus dem Schwärmen angesichts der Fülle verschiedener Arten nicht heraus.
Protestbrief an die Lokalpolitik
27 Vogelarten habe man hier mühelos gezählt, darunter einige seltene Arten, sagt König, Erster Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Höchstadt-Herzogenaurach. Auch Bienen und andere Insekten fühlen sich zwischen Rotklee und Hahnenfuß wohl, weshalb nicht nur der BN, sondern auch der Imkerverein eine Protestnote an die Höchstadter Fraktionsvorsitzenden gesandt hat.Mitunterzeichner sind zudem die Vorsitzenden des Obst- und Gartenbauvereins Höchstadt und des Kellerbergvereins. In ihrem Brief fordern sie auf, das Obstgartenareal als "wichtiges Bindeglied" der "Grünachse" von Engelgarten über den Kellerberg bis zum Weingartsgraben zu erhalten.
Nicht alleine wegen der Artenvielfalt, sondern auch wegen des Luftaustauschs im Mikroklima des Wohngebiets sowie bezüglich des gegenüber liegenden Gymnasiums. Denn hier seien im Falle einer dichten Wohnbebauung "Konflikte vorprogrammiert", so Krautblatter.
Bürgermeister Gerald Brehm (JL) steht zu der Initiative Wohnungsbau in der Kerschensteiner Straße und dem dazugehörigen Stadtratsbeschluss. "Das Areal ist für Wohnbebauung geeignet", stellt Brehm auf Anfrage des Fränkischen Tags fest.
Die Stadt muss nachverdichten
Die Stadt habe die klare Auflage, am Stadtrand nicht zu viele Flächen zu bebauen. Die Regierung von Mittelfranken fordert Kommunen auf, zuerst freie Baulücken nachzuverdichten. Doch nun regt sich hier der Protest der Umweltschützer. Ein Spagat, wenn man Wohnungen bauen möchte. Der Bürgermeister verweist auf die Hintergründe: "Es geht darum, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen." Der Mietdruck sowie der Wohnungsmangel werde immer größer. Es sei die Aufgabe des Stadtrates hier zu handeln.
Es heiße zu Recht immer Baulücken zuzubauen, sagt Krautblatter. Aber es gebe einen Unterschied zwischen einer Baulücke und einem "urwaldartigen Biotop".
Als im Weingartsgraben gebaut wurde, habe es die Bauauflage gegeben, nur eineinhalb Stockwerke hoch zu bauen. Aber nun befürchten die Umweltschützer einen "Klotz" aus Beton. Es handle sich zudem mitnichten um einen "Bunker", den man plane, sagt der Bürgermeister. Er kenne diese Bedenken.
"Wir sind absolut für die Innenentwicklung. Aber nicht hier", sagt König. Einen Alternativstandort habe er nicht parat. "Das ist nicht meine Aufgabe." Er sieht in Höchstadt einen "Flickerlteppich", der entstanden sei. König ist sich sicher: "Höchstadt hat genug andere Flächen." Es fehle an der Inventarisierung der Grundstücke, fügt Reuß hinzu.