Druckartikel: Nach sechs Uhr kein Griff ins Regal in Höchstadt

Nach sechs Uhr kein Griff ins Regal in Höchstadt


Autor: Sebastian Martin

Höchstadt a. d. Aisch, Mittwoch, 24. Oktober 2012

Braucht es ein liberaleres Gesetz, das längere Öffnungszeiten ermöglicht? Wir haben uns bei Höchstadter Einzelhändlern umgehört. Die sind nicht ganz zufrieden - doch das hat weniger mit der gesetzlichen Regelung zu tun.
Helga Troche vom gleichnamigen Schuhgeschäft am Stadtturm hat es schon einmal mit längeren Öffnungszeiten probiert. Doch in der Zeit zwischen 18 und 20 Uhr kommt kaum mehr einer in die Innenstadt. Fotos: Sebastian Martin


Helga Troche hat eine ganz pragmatische Lösung parat, wenn es um die Frage längerer Öffnungszeiten geht: Sollte ein Kunde noch bei ihr im Geschäft sein, dann kann er auch über den Ladenschluss hinaus bleiben. Das nennt man Service. Seit 21 Jahren hat Helga Troche jetzt den nach ihr benannten Schuhladen am Stadtturm. Die Frau hat Erfahrung. Auch mit dem Versuch, ihr Geschäft länger als üblich im Höchstadter Stadtkern offen zu lassen. "Wir haben das 14 Tage ausprobiert", aber gekommen sei zwischen 18 und 20 Uhr kaum einer. "In die Innenstadt kommt so spät keiner mehr."

Überlegungen und Tests gab es schon einige bei den Einzelhändlern, die Türen ihrer Geschäfte bis zur gesetzlich zulässigen Grenze offen zu lassen. Doch das gestaltet sich schwierig, wenn nicht alle mitziehen. "Man muss es dem Kunden einfach machen. Es wäre gut, wenn die Kunden wissen: Die haben alle bis 20 Uhr offen", sagt Thomas Schmidhuber vom Tabakwarengeschäft Riegler. So aber habe es keinen Sinn. Nur gemeinsam gehe es.


Verwirrung bei Öffnungszeiten



Doch momentan hapere es auch nachmittags an Einheitlichkeit. Vor allem am Mittwoch sei das ein Problem, gerade weil die Tore der Kreissparkasse mittags verschlossen sind. "Wenn ich Mittwochnachmittag hierher komme, haben manche Geschäfte zu", stellt auch Andrea Fröhlich fest. Was die Kundin etwas hinderlich findet. Das ist zum Beispiel beim Schreibwarengeschäft Dennhardt in der Hauptstraße neben dem Geschäft von Helga Troche der Fall. Hier überlegt man sich aber bereits, eventuell am Mittwochnachmittag wieder zu öffnen.

Helga Troche weiß um die Verwirrung, die die unterschiedlichen Öffnungszeiten bei den Kunden auslösen: Viele würden anrufen und nachfragen, ob sie denn in der Zeit offen habe. Ja, sie hat, betont sie dann. Das ist das Problem, das Thomas Schmidhuber zu umschreiben versucht: "Bei einer attraktiven Innenstadt bin ich mir sicher, dass auch bei mehreren Teilnehmern noch später was zu machen ist." Wenn es aber in den anderen Geschäften abends dunkel bleibe, könne er noch so lange offen lassen. "Der Kunde geht da hin, wo er ohnehin ist." Da nichts offen hat, ist der Kunde nicht da.


Erfolgreich nur mit Events



Momentan gebe es eine Ausnahme: Wenn man längere Öffnungszeiten mit Events verknüpfe, würden die Leute kommen. Schmidhuber bietet alle zwei Wochen am Mittwoch ein Zigarren-Event an. Das Geschäft hat dann bis 19 Uhr offen und die Kunden kämen. Die Schreibwarenfachhandlung Dennhardt, die Artikel für den Schulbedarf verkauft, hat zum Schulanfang bis 19 Uhr geöffnet - eine Stunde länger als sonst - das lohne sich aber nur dann, heißt es dort. Auch im Vorweihnachtsgeschäft bieten die Geschäfte längere Öffnungszeiten. Dann kaufen die Leute ein, an normalen Tagen fehle dagegen der "Publikumsmagnet", beklagen die Geschäftsinhaber.

Dauerhaft längere Öffnungszeiten sind eine Herausforderung für den Einzelhandel. Burhanettin Secgin hat ein Problem, das generell besteht: Er ist sein einziges Personal. "Bis 18 Uhr, länger muss nicht sein", sagt der Besitzer des Obstladens am Marktplatz. Er müsse bereits um 5.30 Uhr auf dem Großmarkt sein. Alleine länger aufmachen? Er ist längst an der Belastungsgrenze: "Da geht nix mehr." Die Supermarkt-Konkurrenz sei so oder so übermächtig.

Sonntags kein Bedarf


Mit der Anzahl der verkaufsoffenen Sonntage sind die Einzelhändler dagegen zufrieden. Kilian Kemmer, Höchstadter Dekan und Pfarrer der katholischen Pfarrei St. Georg, sieht den Schutz des Sonntags aufgrund zweier Punkte als wichtig an: "Zum einen haben die Mitarbeiter auch Familie und zum anderen soll eine Familie den Sonntag anders gestalten als durch Konsum." Gegen die wenigen traditionellen Markttage, die in Höchstadt stattfinden, habe er nichts einzuwenden, mehr als die fünf Ausnahmen sollten es aber nicht werden.

Mehr geht nach dem momentan geltenden Gesetz auch nicht, erklärt Stefan Kolb vom Landratsamt in Erlangen. Kolb ist zuständig für die Bearbeitung der Ausnahmefälle des Ladenschlussgesetzes, er sagt: "Das Gesetz ist ziemlich restriktiv." Wenn also ein Ladenbesitzer länger als 20 Uhr oder sonntags offen haben will, müsse es ein übergeordnetes öffentliches Interesse geben. Das sei aber nur in seltenen Fällen vorhanden und müsste dann von der mittelfränkischen Regierung beziehungsweise dem Arbeitsministerium abgesegnet werden.
Es gehe bei Ladenschlussdiskussionen darum, einen sinnvollen Kompromiss zwischen Bedürfnissen der Bürger und der Mitarbeiter im Einzelhandel zu finden, sagt Bürgermeister Gerald Brehm (JL). Immer mit dem Gedanken: "Die Kaufkraft darf nicht abwandern."

Andrea Schlee, eine Kundin von Helga Troche, der Dame mit dem Schuhladen, findet gut, "dass die Lebensmittelgeschäfte bis 20 Uhr aufhaben". Wenn sie beispielsweise vergessen habe, Butter zu kaufen, sei es geschickt, auch später noch etwas holen zu können. Ansonsten könnte man sich den Einkauf einplanen, meint sie. "Für Schuhe und Bekleidung muss man Muße haben", ergänzt Helga Troche. Abends habe aber kaum einer mehr Lust. Also: Warum länger öffnen?

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