Die Herzogenauracher Flüchtlingsbetreuer stehen mit den kürzlich abgeschobenen Familien in Kontakt. Ein Familienvater braucht dringend Medikamente.
Es ist schon einige Tage her, dass eine dreiköpfige Familie aus Tschetschenien abgeschoben wurde: Vater, Mutter und der 22-jährige Sohn wurden nach Kasachstan zurückgeschickt. Die Herzogenauracher Flüchtlingsbetreuerin Uschi Schmidt steht in Kontakt mit der Familie. "Unsere schlimmsten Befürchtungen sind eingetroffen", stellt sie resigniert fest. Und meint besonders den jungen Mann, der auf der Fahndungsliste steht.
Sorgen macht sie sich um alle drei, besonders um Vater Hassan, der schwer zuckerkrank ist, aber kaum noch Medikamente hat. Aber eben auch um Sohn Shamil, dem dort Gefängnis oder Arbeitslager drohen. Ihm wurden, wie er in einer Sprachnachricht übermittelte, an den Flughäfen in Moskau und Almaty bereits sein gesamtes Geld und alle Wertgegenstände abgenommen.
Dringend wird Geld benötigt, deshalb sammelt der Helferkreis per Spendenbüchsen in Herzogenauracher Geschäften und bittet gezielt auch um Überweisungen auf das Spendenkonto. Nur mit Geld könne man der Familie helfen, sagt Schmidt. Denn Wertgegenstände würden wohl abgefangen, befürchtet sie. Es nutze nicht einmal etwas, Batterien für Hasans Hörgerät zu schicken. "Die sind dann weg", sagt die Herzogenauracherin. "Das ist ein korruptes Land. Dort macht jeder alles zu Geld, was er kriegen kann."
Hassan habe bei seiner Abschiebung zu wenig Medikamente mitnehmen können. Die Arznei geht jetzt zu Ende, doch das Ehepaar hat kein Geld, um sich neue zu kaufen. Und einen Arzt haben die Beiden auch noch nicht gefunden. "In Kasachstan muss für jede medizinische Leistung bezahlt werden", sagt Schmidt. Der Mann aber braucht die Medikamente dringend, "er hat hohen Zucker".
Und dann wird die 57-jährige Herzogenauracherin deutlich. Das dürfe es schlicht nicht geben, dass kranke Menschen abgeschoben werden, vor allem wenn sie integriert sind und eine Arbeit haben oder haben könnten. Auf das Ehepaar trifft beides zu, Luiza war in Herzogenaurach bekannt und beliebt und hat vielen geholfen, so Schmidt.
Und schon gar nicht dürfe jemand in ein Land abgeschoben werden, in dem er bedroht wird. Sie meint damit Shamil, der den Kriegsdienst nicht angetreten habe und deshalb auf der Straftäterliste stehe. "Die stecken ihn ins Gefängnis oder Arbeitslager", sagt sie. Sobald er sich anmeldet, würde er verhaftet. Das hätten ihm die Behörden bereits mitgeteilt, als er sich um Heiratsdokumente bemühte, berichtet Schmidt. Um das zu umgehen, müsste er rund 16 000 Euro bezahlen.
Die Herzogenauracher Pädagogin mag die Verhaltensweise der Behörden in Bayern nicht verstehen. "In anderen Bundesländern gibt es das nicht, dass jemand abgeschoben wird, der im Herkunftsland bedroht wird", behauptet sie.