Nach 7 Minuten und 28 Sekunden ist Schluss mit Telefonieren
Autor: Waltraud Enkert
Höchstadt a. d. Aisch, Freitag, 01. April 2016
Wenn am Telefon plötzlich klassische Musik erklingt, dann wurden neueste wissenschaftliche Erkenntnisse umgesetzt. Die Uni informiert heute darüber.
Kennen Sie das? Sie telefonieren mit Ihrem Chef, haben noch eine letzte Frage, und plötzlich ertönt klassische Musik - Beethovens 9. Sinfonie "Freude, schöner Götterfunken"?
Das Gespräch jedenfalls ist unterbrochen. Mehr noch. Es ist weg. Kann nicht wieder aufgenommen werden. Genau 7 Minuten und 28 Sekunden hat es gedauert.
Sie kennen es nicht? Okay. Dann hat sich bei Ihnen noch nicht herumgesprochen, dass da psychische und physische Hintergründe eine Rolle spielen. Bei größeren Firmen im Landkreis ist es längst normal: Nach 7 Minuten und 28 Sekunden gilt: genug der Worte. Nach genau dieser Zeit sollte jeder der beiden Gesprächsteilnehmer genug geredet haben. Schließlich gehört Freizeitgeplänkel in die Freizeit.
Für effizientes Arbeiten
Wissenschaftler der Uni Erlangen-Nürnberg haben nachgewiesen, wie lange die Aufmerksamkeit am Telefon zu 100 Prozent anhält. Nämlich genau 7 Minuten und 28 Sekunden. 1045 Personen haben an dem Test teilgenommen, der Ende des vergangenen Jahres über einen Zeitraum von insgesamt vier Monaten durchgeführt wurde. Probanden waren Angestellte und Selbstständige, wobei noch nach Altersgruppen unterschieden wurde. Doch - so wurde festgestellt - das Alter spielt in Sachen Aufmerksamkeit offensichtlich keine Rolle.Unternehmen im Landkreis haben das Ergebnis schnell übernommen - viele haben die automatische Funktion an ihren Telefonen schon zum 1. Januar dieses Jahres eingerichtet. Und dafür gibt es gute Gründe. Mitarbeiter (natürlich auch der Chef) sollen effizient arbeiten in Zeiten, in denen nur noch der Wert der Aktie eine Rolle spielt. Und wer noch nicht Global Player und an der Börse notiert ist, der will wenigstens freudestrahlende Gesellschafter sehen für die nächste Yacht im spanischen Meer.
Die Erklärung der Wissenschaftler zu dem 7 Minuten und 28 Sekunden-Phänomen ist für den Laien nicht so leicht nachvollziehbar. Doch spielt sich der gesamte Zusammenhang schwerpunktmäßig nicht im Ohr, sondern im Gehirn ab. Zwischen der weichen Gehirnhaut, der Pia mater, und der Spinnwebenhaut (Arachnoidea) fließt das Gehirnwasser (Liquor). Wenn dieses aufgrund der Informationsfülle eine gewisse Reizung erfahren hat, ist die Kapazität für die nächsten fünf bis zehn Minuten deutlich vermindert.
Daraus schließen die Wissenschaftler, dass zwischen zwei Telefonaten mindestens fünf Minuten Zeit vergehen sollte, um 100 Prozent Gehirnleistung einfließen lassen zu können.
Wenn bei Ihnen nun nach 7 Minuten und 28 Sekunden plötzlich klassische Musik erklingt, sollten Sie sich nichts Böses dabei denken. Es gibt in unserer modernen Zeit schließlich noch eine Fülle anderer Kommunikationsmöglichkeiten: Das E-Mailen zum Beispiel. Wie lange dabei die Aufmerksamkeit anhält? Jedenfalls gibt es dazu bislang keine Studien.
Auskunft
Wer die wissenschaftlichen Zusammenhänge zur Aufnahmekapazität des Gehirns beim Telefonieren genauer erklärt haben möchte, kann sich heute bei der Höchstadter Außenstelle der Uni Erlangen-Nürnberg melden. Zwischen 13 und 14 Uhr gibt ein wissenschaftlicher Mitarbeiter Auskunft unter Telefon 09193/503822.
Und bitte nicht wundern: Nach exakt 7 Minuten und 28 Sekunden unterbricht klassische Musik das Gespräch. ew