Müntefering spricht in Röttenbach über Energie und Zuwanderung
Autor: Evi Seeger
Röttenbach, Freitag, 29. November 2013
Beim Jahresempfang des Landkreises Erlangen-Höchstadt in der Röttenbacher Lohmühlhalle verstand es Irlinger einmal mehr, ein "Wir-Gefühl" heraufzubeschwören. Prominenter Gast war Franz Müntefering.
Sein Aufruf zu Solidarität, Toleranz und Hilfsbereitschaft bekam durch den prominenten Gastredner noch mehr Gewicht: Franz Müntefering, Ex-Vizekanzler und früherer Minister für Arbeit und Soziales, Sprecher der AG Demografischer Wandel der SPD-Bundestagsfraktion, spann - nahezu philosophisch - Gedanken, wie die Zukunft in Zeiten rasanter Veränderungen zu bewältigen sei. Dann sei er zwar "schon im Himmel, wo alle Sozis hinkommen", scherzte er.
Unter dem Aspekt "weniger, älter, bunter" zeigte der 73-Jährige auf, wie sich die Welt durch Mobilität, Globalisierung, Digitalisierung und den demografischen Wandel verändert hat. Veränderungen, die Gesellschaft und Politik zunehmend vor Probleme stellen, und für die es dringenden Handlungsbedarf gebe.
Zunächst aber heizte die Höchstadter Nachwuchsband "Trouble X" unter ihrem Leiter Wolfgang Köberlein den Besuchern richtig ein. Dass sie auch eine ganz neue Version von Irlingers Landkreislied "derhamm" drauf haben, zeigten sie erst gegen Ende des Abends, der mit einem Imbiss seinen Ausklang fand. Alle, die im Landkreis Rang und Namen haben, waren Irlingers Einladung gefolgt. In einer gedruckten Gästeliste waren viele bekannte Namen zu finden. Vom mittelfränkischen Regierungspräsidenten Thomas Bauer angefangen bis hin zu Kreis- und Bezirksräten, Bürgermeistern und Gemeinderäten - und zwar jeglicher Couleur. Viele Mitarbeiter im Landratsamt waren unter den Gästen, ebenso Polizei- und Feuerwehrführungsspitzen, Vertreter von Kirchen und sozialen Einrichtungen, Sportler, Unternehmer, Vereinsverantwortliche, Senioren- und Behindertenbeauftragte und viele mehr.
Ihnen allen stellte Irlinger den Landkreis dar als einen, der im Ranking in vielen Bereichen Spitzenplätze belegt. Um Schulen und Kinderbetreuung, heute wichtige Standortfaktoren, sei es im Landkreis bestens bestellt. Sowohl das "seniorenpolitsche Konzept" als auch das für Menschen mit Behinderung sei hervorragend. Dass es selbst in einem "reichen, wirtschaftsstarken Landkreis" wie Erlangen-Höchstadt Armut gibt, verhehlte Irlinger nicht. Glücklicherweise habe man ein dichtes Netz sozialer Dienste und Hilfen aufgebaut. Der Verein "Menschen helfen", 2009 ins Leben gerufen, habe in vielen Fällen unbürokratisch und schnell Hilfe leisten können.
"Nix" wollte Irlinger zur Stub sagen. Dafür aber, dass der Landkreis in den ÖPNV "Gelder steckt wie kaum ein anderer", um das Netz kräftig auszubauen. Mit einer Arbeitslosenquote von nur 2,2 Prozent sei Erlangen-Höchstadt viertbester Landkreis in Deutschland.
Schenkt man den Worten des Landrats Glauben, ist es gelungen, den Landkreis nicht nur wesentlich attraktiver zu machen, sondern auch den östlichen und westlichen Teil ein Stück weit zusammenzubringen. Trotz hoher Investitionen, vor allem im schulischen Bereich, habe man Schulden abbauen können. Beim Thema "Asyl" bekam Irlinger spontanen Beifall: "Diese Menschen sind keine Bedrohung und keine Belastung. Wir haben den Auftrag, sie willkommen zu heißen."
Planeten nicht kaputtmachen
Zuwanderung war auch ein zentrales Thema des Gastredners. "Diese Menschen wollen nichts weiter als eine Zukunft haben. Dafür riskieren sie ihr Leben." Dass Deutschland sie braucht, machte er an den abnehmenden Bevölkerungszahlen deutlich. 2050 werde Deutschland nur noch 67 Millionen Menschen haben.
Energie birgt nach Münteferings Worten eine ganz herausragende Problematik in sich. "Wenn wir hier in Deutschland ein bisschen Energiewende machen, ist das der Tropfen auf den heißen Stein." Die Frage sei daher, wie mit der Energie umgegangen werden soll, "ohne dass wir diesen Planeten kaputtmachen". Kein Land sei mehr für sich allein. Jede Grenze sei eine künstliche, da sich die Menschen über alle Grenzen hinweg bewegen. "Über Deutschland zu reden macht keinen Sinn, wenn wir nicht im Blick haben, was in der Welt los ist."