Druckartikel: Mit dem Land ändert sich das Singen

Mit dem Land ändert sich das Singen


Autor: Petra Malbrich

Herzogenaurach, Mittwoch, 27. Dezember 2017

Gerald Fink aus Herzogenaurach ist seit September Bundeschorleiter und verantwortlich für 40 000 Sänger in ganz Nordbayern. Viele Erwartungen ruhen auf ihm.


Musik ist sein Leben. Im September wurde Gerald Fink aus Herzogenaurach zum Bundeschorleiter gewählt und ist damit für die drei fränkischen Regierungsbezirke und für die nördliche Oberpfalz verantwortlich, in Zahlen ausgedrückt für 40 000 Sänger. Anders ausgedrückt: Gerald Fink leitet mit den 13 Kreischorleitern die musikalischen Geschicke.

"Ich habe mich auf diese Herausforderung gefreut, weil ich tolle Mitarbeiter habe", lobt Fink. Die Verantwortung für dieses Amt ist spürbar, es ruhen viele Erwartungen auf Fink. Eine Hilfe ist die große Anzahl an Sängern allen Alters und beiderlei Geschlechts. Das zeigt vor allem eins: Singen ist das natürliche Bedürfnis des Menschen. Zugleich gehört die Assoziation Chor und volkstümliche Musik längst der Vergangenheit an. "Musik ist das Spiegelbild der Gesellschaft", sagt Fink.


"Wir müssen reagieren"

Als Bundeschorleiter kennt Fink die Geschichte der Sängerchöre genau und weiß auch von den Veränderungen, die in den Chorgruppen Einzug halten. Gesungen wird noch immer gerne. Jeder Mensch hat den Wunsch danach. Trotzdem hat sich das verändert. War es früher, als es weniger Medien gab, selbstverständlich, in der Familie, in der Schule oder in der Kirche zu singen, so hatte der Wunsch des beständigen gemeinschaftlichen Singens, des ehrenamtlichen Engagements im Verein abgenommen.

Die Talsohle war in den 80er, 90er Jahren erreicht und die Chöre und Verbände haben auf das geänderte Verhalten reagiert. "Wir müssen darauf reagieren, müssen Formen finden, wie man trotzdem gut gemeinsam singen kann", erklärt Gerald Fink die Herausforderungen, vor denen die Sängerchöre stehen. Mit den Projektchören, die vor einigen Jahren ins Leben gerufen wurden, ist eine gelungene Umsetzung passiert. Ob ein Musical, ein Oratorium oder der Gesang zum Projekt Reformationsfest - "viele Leute singen dann für das eine Projekt mit", sagt Fink.

Der Herzogenauracher studierte Kirchenmusik in Stuttgart, schrieb 1992 sein Diplom, machte 1994 das Studium zum Magister der Musikwissenschaft an der FAU, 2008 das Magister Artium und promovierte zum Dr. phil. an der Uni in Würzburg. 2011 erhielt er den Kulturpreis der Stadt Herzogenaurach und ein Jahr später gründete er das Kammerorchester Herzogenaurach, das er auch leitet.


Mit Musik Freude vermitteln

Die vielen Ämter, Auszeichnungen und Konzerte spiegeln auch Finks Einstellung zur Musik wider. Musik bereitet Freude und er schafft es, diese Freude zu vermitteln, den Chormitgliedern weiterzugeben. Das Chorzentrum Franken, besser bekannt als Chorakademie in Weißenohe, das ein Leuchtturmprojekt wird, hätte keinen besseren künstlerischen Leiter finden können als Gerald Fink.

Dem Kirchenmusiker, der als Kantor in Herzogenaurach arbeitet und seit 20 Jahren den Chor Liederkranz in Herzogenaurach leitet, wird es gelingen, die Chöre durch den Wandel der Zeit zu führen. Vieles davon ist schon ersichtlich. "Es wird wieder mehr gesungen", sagt Fink. In den Kindergärten. "Wir haben eine große Kinderchorszene", sagt Fink, der viel komponiert und als Konzertorganist arbeitet. Auch in den weiterführenden Schulen, wo früher das Singen nur zweitrangig war, hält es wieder Einzug. Tipps, wie das Singen wieder in den Alltag einfließen kann, so, dass es wieder ganz normal dazugehört, wurden umgesetzt. Bei den Chorwettbewerben hatten gerade die Schulchöre sehr gut abgeschnitten.


Mehr spezielle Chöre

Mit dem Wandel der Gesellschaft ändert sich einfach die Form des Singens. Die Menschen werden immer älter, sind zugleich länger fit. Die klassische Chorprobe am Abend oder das zweistündige Stehen beim Auftritt sind nicht mehr das geeignete Format. Stattdessen wird mit den älteren Menschen am Vormittag gesungen, mit groß kopierten Noten in der Hand, erklärt Fink die Änderungen in der Welt des Gesangs und der Chöre. "Es gibt immer mehr spezielle Chöre", sagt der 48-Jährige. Bei den internationalen Chören angefangen, bis hin zu Gospelchören - "Es ist unsere Aufgabe, allen Menschen das zu ermöglichen", erklärt Fink, der für die Ausbildung der Chorleiter und für die Fortbildung der Sänger zuständig ist.

Die Zahlen der Sänger zeigen den Erfolg der Umsetzung der neuen Herausforderungen. Die Teilnahme an den Chorwettbewerben und die dabei erzielten Platzierungen und Auszeichnungen belohnen die Mühe und den Fleiß aller Sänger und Leiter. Der große musikalische Abschluss für dieses Jahr steht noch an: Das große Silvesterkonzert in Herzogenaurach, für das auch das Augsburger Fagott-Quartett eingeladen wurde.


Die Musik zum Jahreswechsel

Auch heuer bietet die Evangelische Kirchengemeinde am Silvesterabend ein kurzweiliges und beschwingtes Konzert an. Beginn ist um 20 Uhr in der Evangelischen Kirche. Für diesmal hat Kantor Gerald Fink eine ganz besonderes musikalisches Schmankerl organisiert: Die vier Bläser des Augsburger Fagottquartetts beweisen, dass das Fagott viel mehr als nur großväterlich brummen kann. Während ein einzelnes dieser selten aus der Nähe zu hörenden Instrumente schon zum schmunzeln anregen kann, erwärmt der weiche und ein klein wenig skurrile Klang von drei Fagotten und einem Kontrafagott das Herz.

Die Herzogenauracherin Ingrid Hausl (geb. Hutter) hat ein ungewöhnliches Hobby zum Beruf gemacht: Sie ist Fagottistin. Zu ihren Zeiten bei der Stadtjugendkapelle war sie mit ihrem seltenen Instrument stets allein auf weiter Flur. Es war noch nicht daran zu denken, wie viel Spaß es machen kann, wenn sich vier Gleichgesinnte finden. Ein Glück, dass ihr Professor an der Augsburger Musikhochschule Karsten Nagel schon immer großen Wert auf Kammermusik legte, so dass es in der Ausbildung selbstverständlich war, sich mit anderen zusammen zu tun, um gemeinsam "im Klang zu baden".

Und genau dazu möchte das Augsburger Fagottquartett Musikbegeisterte zum Jahreswechsel einladen: sich zurückzulehnen, in ungehörte Klänge einzutauchen und die Seele ein wenig baumeln zu lassen. Ingrid Hausl und ihre ehemaligen Kommilitonen Johannes Stefaniak, Marco Scidà und Nikolai Hortig lassen das Jahr fröhlich beschwingt und auch ein bisschen melancholisch ausklingen. Während die ein oder der andere bei bayerischen Walzer- und Polka-Arrangements sowie Swing- und Tango-Musik mitsummen kann, zeigen sich die vier Fagottisten aber auch von ihrer typisch fagöttlichen Seite: Ergänzt durch barocke Kammermusik, den bekannten "Chorale St. Antoni" von Joseph Haydn und Karl Kolbingers Originalkomposition "Romanze und Rondino" lernt der neugierige Zuhörer viele Facetten dieses seltenen Instruments kennen. Der Eintritt ist frei.