Mirjam Wellein erweckt das Töpfla zu neuem Leben
Autor: Sabine Memmel
Höchstadt a. d. Aisch, Freitag, 20. Mai 2016
Mirjam Wellein hat das "Töpfla" gekauft und lässt es neu herrichten. Für die 50-jährige Allrounderin geht damit ein lang gehegter Traum in Erfüllung.
Im Minutentakt klingelt ihr Handy. Mirjam Wellein nimmt ab. Sie ist die Ruhe selbst. Plaudert, lacht, stimmt die nächsten Termine ab. Absprachen mit dem Denkmalschutz, Verhandlungen mit den Handwerkern, ständig steht etwas anderes an. Ohne Telefon wäre sie zur Zeit verloren. Was für andere in purem Stress ausarten würde, ist für die 50-Jährige kein Problem. Sie blüht in all dem Trubel erst so richtig auf.
Und das wundert nicht, wenn man erst einmal erfährt, was für eine Verwandlungskünstlerin sie ist. Die gebürtige Bösenbechhofenerin, die die Kultkneipe "Töpfla" gekauft hat und derzeit zu neuem Leben erweckt, hat sich immer wieder neu erfunden. Ist eine echte Allrounderin.
Immer Neues ausprobiert
Zuerst machte sie eine Ausbildung zur Bürokauffrau, lebte danach fünf Jahre im Kloster bei den Niederbronner Schwestern in Neumarkt an der Oberpfalz, war anschließend wieder ein paar Jahre zurück im Job, um 2012 letztendlich doch endgültig zu kündigen: "Mir war klar, ich muss mein Leben ändern." Also wagte sie etwas ganz anderes, machte ihren Busführerschein und ist nebenbei auch noch Nachtwächter-Führerin in Höchstadt und Reisebegleiterin von Touristengruppen im Aischgrund.
Und dann, 2014, war es schließlich "Liebe auf den ersten Blick". Von einer Freundin erfuhr Wellein, dass das Töpfla zum Verkauf steht. Schon lange träumte sie von einer eigenen Schankwirtschaft. Wellein überlegte nicht lange und schlug zu. "Generationen sind hier schon versumpft, haben ihr Bier getrunken und miteinander geratscht. In einen Neubau würdest du so eine Atmosphäre gar nicht reinbringen", ist sie überzeugt.
Ein Treffpunkt für alle
Jetzt richtet die Bauherrin die Kneipe wieder ganz neu her. Und das, obwohl sie selbst gar nicht so die typische Töpfla-Gängerin war: "Die Kneipe galt immer eher als verrucht. Da durften brave Mädchen nicht rein", lacht sie. An der Wesensart vom Töpfla soll sich aber gar nicht viel ändern. Wellein will einen Treffpunkt für alle schaffen - auch diejenigen, die alleine kommen. "Die Leute haben heutzutage so wenig Gelegenheit zum Reden. Im Speiselokal geht man nach dem Essen wieder auseinander, bei uns bleibt man gemütlich zusammen, trinkt oder kartelt", sagt Wellein.
Die Generalsanierung des 1723 erbauten und denkmalgeschützten Fachwerkhauses hat bereits begonnen. Spezialisten der Firma Lederer aus Flachslanden haben das Dach bereits abgedeckt, schadhafte Hölzer repariert und ausgetauscht. Für die Arbeiten wurde extra ein Notdach angebracht. "Wenn es regnet, hätten wir sonst die Stuckdecken im ganzen Haus vergessen können", erklärt Wellein.
Längere Theke
Das Landesamt für Denkmalpflege ist in alle Arbeitsschritte integriert. So soll nicht nur der Stuck an den Decken, sondern auch die Wandvertäfelung im Gastraum erhalten bleiben. Auch alte Muster an den Wänden, die jetzt erst wieder zum Vorschein kamen, sollen möglichst freigelegt werden. "Das kommt mir total entgegen. Ich will das Alte ja erhalten. Manche sagen: Was tust du dir da nur an. Aber ich hab' die Fantasie, wie das alles ausschauen wird, genau in meinem Kopf", schwärmt Wellein. Die Theke will sie deutlich verlängern. Sie soll vom Kamin bis zur Eingangstür reichen. Der Ausschank für den Biergarten soll im Nebengebäude seinen neuen Platz finden. Außerdem will Wellein die "Schwemm" wieder einführen. Was das ist? Durch ein kleines Fenster an der Bar kann das Bier direkt im Eingangsbereich im Stehen getrunken werden. "Das gibt's zum Beispiel auch im Schlenkerla in Bamberg. Da trinken der Professor und der Maurer zusammen ein Bierchen", freut sich Wellein schon.
Führung durchs Anwesen
Als nächstes stehen außerdem die Putzfassade und die Fenster an. Auch die Strom- und Wasserleitungen, Heizung, Fenster und Böden werden komplett erneuert. Ihre Privatwohnung richtet sie ein Stockwerk höher ein. Auch hier überall Stuck. Bis sie einzieht und die Eröffnung des neuen Töpfla ansteht - den genauen Zeitpunkt will Wellein noch nicht verraten - fährt sie weiter Bus und gibt weiter Führungen. Wenn alles fertig ist, will sie als Nachtwächterin auch in ihr neues Anwesen führen und von der Geschichte des Hauses erzählen - von der sie ab sofort Teil ist.