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Mindestlohn in der Friseurbranche: Der Preis der Schönheit steigt


Autor: Peter Groscurth

Höchstadt a. d. Aisch, Freitag, 02. Januar 2015

In der Friseurbranche machen die Löhne die Hälfte der Kosten aus. Das hat zur Folge, dass die Zeit der Billig-Haarschnitte auch in den Salons vorbei ist, die sich bisher noch nicht an den Branchentarif gehalten hatten.
Gernot Essler zahlt schon seit Jahren Gehälter über dem Mindestlohn-Niveau. Foto: Peter Groscurth


"Mir ist wichtig, dass ich gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekomme", sagt Friseur-Meister Gernot Essler aus Höchstadt. Dafür zahlt er auch gute Löhne. Seit Jahren liegen die über dem Niveau des Mindestlohnes von 8,50 Euro, wie er ab Januar gezahlt werden muss - auch wenn er dann mehr für seine Schnitte verlangen muss.

Essler setzt auf Qualität und hat damit Erfolg. So grenzt er sich im scharfen Wettbewerb ab. Allein in Höchstadt gibt es über zehn Salons, im Innungsbezirk Erlangen-Höchstadt sogar 240. Viele von ihnen lockten ihre Kunden mit Niedrigpreisen. Eine Strategie ohne Zukunft. Denn: die Zeiten, in denen Damen sich für 25 Euro mal eben die Haare machen lassen konnten und Männer einen schnellen Maschinenschnitt ab fünf Euro bekamen, sind vorbei.

Zentralverband begrüßt Entwicklung

Für den Zentralverband des Deutschen

Friseurhandwerks eine gute Entwicklung. Die Organisation forderte schon länger höhere Tarife und bessere Bezahlung. Der "ruinöse Preiswettbewerb" unter den Salons müsse ein Ende haben, so Andreas Popp, früherer Präsident des Zentralverbandes. Treibsatz für den Preis der Schönheit ist der Mindestlohn, den die Friseure als Branchentarif bereits vor vielen anderen Berufsgruppen eingeführt haben. Sie nehmen damit die Vorreiterrolle im großen Experiment Mindestlohn ein.

Ab 2015 gilt die gesetzliche Lohnuntergrenze von 8,50 Euro für die gesamte Wirtschaft. Was nun passiert, ist heiß umstritten. Skeptiker beharren auf Nachbesserungen des Gesetzentwurfs von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD). Andernfalls würden Langzeitarbeitslose, Jugendliche und ältere Arbeitslose nur noch schwer Jobs finden, es drohten ein Anstieg der Schwarzarbeit und höhere Verbraucherpreise. Befürworter hoffen dagegen, dass die besser bezahlten Arbeitskräfte ihr Geld großenteils für den eigenen Konsum ausgeben, so die Wirtschaft ankurbeln und damit wiederum zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in anderen Betrieben beitragen.

Bürokratischer Aufwand wächst

Bei den Friseuren haben die Sozialpartner den Streit über die Lohnuntergrenze frühzeitig abgefedert. Der Druck der Geiz-Ära auf die Betriebe war einfach zu groß geworden. Andreas Popp vom Friseur-Zentralverband wertete den Abschluss des Tarifvertrags denn auch als "großen Erfolg". Darin ist er sich einig etwa mit Gerd Denzel von der Gewerkschaft Verdi. "Die Situation ohne Mindestlohn war untragbar geworden", erklärt Denzel. Bundesweit geht Verdi derzeit von 180.000 angestellten Friseurinnen und Friseuren aus.

"Es hat Erhöhungen gegeben. Vor allem hat das die Billigfriseure und Filialisten getroffen. Waschen und Schneiden unter 20 Euro ist daher fast nicht mehr möglich", sagt Essler. Der erfahrene Friseur-Meister, der in Höchstadt und Adelsdorf zwei Filialen mit über 20 Mitarbeitern hat, möchte aber das Preisniveau beibehalten. Für ihn selbst steigt mit dem neuen Mindestlohn der bürokratische Aufwand: "Ich muss die Arbeitszeiten noch akribischer dokumentieren, was für mich noch mehr Arbeit bedeutet." Schon heute sind Zwölf-Stunden-Tage keine Seltenheit für den Unternehmer.

Werden Frisöre in die Schwarzarbeit gedrängt?

Wo aber sieht er Probleme wegen des Mindestlohnes? "In kleineren Salons mit vier bis fünf Angestellten wird es künftig schwieriger sein, nicht so leistungsfähige Mitarbeiter zu behalten", so Essler. Das könnte genau diese Friseure dann aber in die Schwarzarbeit drängen. Und Kunden, denen die anhaltenden Preiserhöhungen zu haarig sind, hätten so noch mehr Ausweichmöglichkeiten.

Etwa 40 Prozent der Deutschen gehen nach Umfragen nicht in Friseursalons - gut möglich, dass der Anteil weiter steigt. Zudem ist Frisieren in Schwarzarbeit immer schon ein verbreitetes Phänomen gewesen - der Aufwand ist minimal, Kontrolle nahezu unmöglich. Je größer der Preisabstand zwischen den offiziellen Salons und einem Schnitt im heimischen Wohnzimmer an Steuer und Sozialversicherung vorbei wird, umso mehr wächst auch die Versuchung.