Meinungsvielfalt? Fehlanzeige!
Autor: Michael Busch
Herzogenaurach, Donnerstag, 19. Oktober 2017
Christine Schieb ist verärgert. Der demokratische Initiator des Bürgerbegehrens mag Meinungsvielfalt nicht.
Austeilen, aber nicht einstecken wollen, das ist das Credo Christine Schiebs. "Ich bin echt sauer", sagt die in Herzogenaurach arbeitende Weisendorferin. Der Grund liegt in einer Person, die sich mit Meinungsvielfalt offensichtlich schwertue: Bernd Gillich.
Der Name macht in Herzogenaurach tatsächlich die Runde. Als einer der Initiator des Bürgerbegehrens gegen den Bau des Bürgerzentrums und einer Tiefgarage hat er sich in der Region eingebracht. Doch offensichtlich nicht nur im positiven Sinne.
Kommentare nicht erwünscht
Schieb hatte den 49-Jährigen auf Facebook kennengelernt. In den diversen Foren, die sich unter anderem mit dem Bürgerbegehren auseinandersetzen. "Social Media, wie in diesem Fall Facebook sind für öffentliche Diskussionen meines Erachtens nach eine gute Möglichkeit, um Meinungen einzuholen", sagt Schieb. Sie kommentierte drei der Beiträge Gillichs. "Sicherlich kritisch", wie sie zugibt. Doch: "Meine Kommentare wurden gelöscht und ich konnte Gillich auch nicht persönlich nach dem Grund dafür fragen, da ich auch für Nachrichten von Gillich gesperrt wurde." Schieb fragt sich, und nicht nur sie, ob diese Seiten dann tatsächlich ein neutrales Bild der Diskussion wiedergeben. Und tatsächlich bleiben viele Fragen unbeantwortet. Gillich taucht nicht nur im Impressum der Seite des Bürgerbegehrens auf, er ist auch der (Mit-)Betreiber der Seite "Mein Herzogenaurach". Eine Seite, die mit dem Hinweis "Nachrichten und Medien" wirbt. Ein Medienfeld, das Gillich als ein journalistisches Angebot an Herzogenaurach sieht. Die Eigenleistung auf dieser Seite ist allerdings übersichtlich. Immer wieder werden Online-Artikel des Fränkischen Tages (www.infranken.de), der Nordbayerischen Nachrichten oder anderen Medien geteilt.
Damit ist mit den Auftritten im Internet noch lange nicht Schluss. Sein Name taucht weiterhin bei dem Facebook-Portal Komplett-Digital auf. Hier ist die Ausrichtung nicht mehr journalistisch geprägt, sondern als Angebot an Kommunen zu sehen. Auf der Seite wird unter anderem die Digitalisierung von Kommunen und Städten, Facebook-, Online- und Stadtmarketing sowie eine Unternehmensberatung offeriert. Über allen Seiten schwebt die "Mutterseite" - die Agentur Socialmedia-München. "Unsere Agentur wurde 2010 von Bernd Gillich gegründet und berät mittelständische Unternehmen in diversen Bereichen des Marketings", heißt es in der Eigenbeschreibung.
Unfairer Ton
Social Media und die Frage einer ordentlichen Kommunikation, wird von Schieb allerdings bezweifelt. "Ich habe sachlich argumentiert, ohne persönlich anzugreifen, so wie Gillich das tat. Ich frage mich ganz einfach, was er mit seinen Beiträgen bezwecken wollte, wenn nach Meinungen aber offensichtlich nicht nach Kritik gefragt wird." Damit nimmt sie Bezug auf einen Post gegenüber Bürgermeister German Hacker, dem Gillich den Tipp gegeben habe, lieber im Lehramt weiter zu arbeiten.Schieb erklärt, dass Sie selber, als eine der Organisatorinnen einer DKMS-Typisierungsaktion nur die besten Eindrücke beim Bürgermeister aber auch bei der Verwaltung gesammelt habe. "Da sollte man dann halt einfach fair bleiben", wirft sie Gillich vor. Und Gillich selber? Reagiert auf keinem der üblichen Kanäle. Er mag wohl nicht mit jedem sprechen.
Kommentar
Die vielen Begehren des B.G.
Es braucht wohl tatsächlich einen genaueren Blick auf den Mitinitiator des Bürgerbegehrens. Er sieht sich selber als "Held für den Bürger", doch unangenehme Fragen beantwortet er offensichtlich nicht gerne. Das, was die Weisendorferin schildert, ist kein Einzelfall. Auch ein Mitglied der Herzogenauracher Redaktion ist bei dem "Social-Media-Experten", wie Gillich sich selber gerne tituliert, auf diversen Facebook-Seiten gesperrt. Meinung, geschweige denn Meinungsvielfalt, ist nicht gewünscht.
Der Redakteur, dem Gillich gerne vorwirft, dass er ein Auslaufmodell sei, bekommt Bauchschmerzen, wenn man auf das Wirken schaut. Natürlich steht es jedem Bürger zu, sich politisch zu engagieren. Aber Journalisten sollten da aus guten Grunde zurückhaltend sein. Der "Kollege" betreibt ein journalistisches Portal, hängt sich aber massiv in die Politik vor Ort rein, ohne dies klar nach außen zu kommunizieren. Das ist unsauber.
Genauso unsauber, wie so manches Geschriebene. So schreibt Gillich auf einer Homepage: "Allein Social Media Netzwerke wie Twitter und Facebook haben im Jahr 2016 in Deutschland Zeitungen als wichtigste Nachrichtenquelle überholt." Wer genauer hinschaut und richtig recherchiert, wird zum Beispiel auf die Untersuchung des Hans-Bredow-Instituts stoßen.
Dort heißt es, dass das Fernsehen die wichtigste Nachrichtenquelle ist; beim Internet wird nicht einmal unterschieden, ob die erfolgreichen Kanäle von Medienhäusern sind - und ganz und gar nicht wird beschrieben, welche Medien die höchste Glaubwürdigkeit besitzen. Da steht das Internet nämlich ganz schlecht da. Und das liegt auch an solchen Praktiken, wie sie zurzeit in Herzogenaurach stattfinden. Denn eines machen echte Journalisten: Mit offenen Karten spielen!